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Was machen mit den Arbeitslosen?

Mit großer Verspätung haben nun Arbeitsminister Kocher und damit hoffentlich auch die ganze Regierung erkannt, dass die großzügige österreichische Kurzarbeitslösung nicht sonderlich klug ist – oder zumindest nicht mehr. Worauf das Tagebuch schon lange hingewiesen hat, hat nun auch Kocher ausgesprochen: Die Corona-Kurzarbeit bremst die Flexibilität, reduziert die Dynamik am Arbeitsmarkt, und behindert daher den Aufschwung. Sie sollte daher nicht mehr auf Dauer in dieser großzügigen Form bestehen. Lobenswert – nur zieht Kocher nicht ganz die richtigen Schlüsse aus dieser Erkenntnis.

Denn zum einen will er über diese eigentlich dringende Reformnotwendigkeit mit den Sozialpartnern verhandeln. Das ist zwar sehr österreichisch. Aber das sorgt höchstwahrscheinlich noch viele weitere Monate dafür, dass es zu keiner Lösung kommt. Denn Kocher wird natürlich nie, für welchen Vorschlag immer, der weniger großzügig ist als die seit Corona geltende Lösung, ein "Ja" der Gewerkschaft bekommen. Deren Protestrufe "Sozialabbau! Unsozial!" kann man jetzt schon als herzergreifend abhaken.

Zum anderen will Kocher bei Beendigung der Kurzarbeit branchenspezifisch vorgehen. Das klingt sehr sozial – aber genau das verhindert ja die dringend notwendige Flexibilität am Arbeitsmarkt. Denn gerade das Wechseln der Branchen wäre notwendig, da in einer Branche seit Wochen Hochkonjunktur herrscht, in anderen jedoch noch auf lange keine Rückkehr zu vergangenen Zeiten zu erwarten ist. Daher müsste man gerade dort die Menschen motivieren, die komfortable Kurzarbeit zu verlassen.

In der gegenwärtigen Konstruktion verdient jemand in Kurzarbeit zum Unterschied von der Arbeitslosigkeit fast das Gleiche wie vorher und hat außerdem weder die Pflicht noch den Anreiz, sich auf dem Arbeitsmarkt um einen neuen Job umzusehen. Es wäre jedoch absolut sinnvoll, wenn beispielsweise Haustechniker eines Hotels – von denen ja wohl etliche nicht so bald wieder aufsperren können – in die boomende und verzweifelt Mitarbeiter suchende Bauwirtschaft wechseln würden. Oder wenn eine Servierkraft sich einen Pflegeberuf sucht. Wo übrigens im Gegensatz zur Gräuelpropaganda der Gewerkschaft durchaus gute Gehälter bezahlt werden.

Aber genau die von Kocher vorgeschlagenen branchenspezifischen Regelungen bei der Kurzarbeit verhindern den Wechsel von einer Krisen- in eine Boombranche. Gleichzeitig zeigen die demographischen Daten, dass der Fachkräftemangel steigen wird. Umso wichtiger wäre es, die Menschen dorthin zu lotsen, wo die Gesellschaft sie braucht.

Dabei geht es nicht um Knausrigkeit armen beschäftigungslosen Menschen gegenüber, auch wenn die großen Kosten für die Kurzarbeit angesichts der beängstigend angewachsenen Defizite durchaus ein Thema sein sollten. Es geht vielmehr darum, dass wir nur dann gut und rasch aus der Krise kommen, wenn wirklich überall, wo die Konjunktur zurückkehrt, voll gearbeitet werden kann, damit dann auch wieder die dringend benötigten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge fließen.

Es wäre naiv zu glauben, dass Gesellschaft, Jobs und Wirtschaft nach der Krise genauso ausschauen werden wie vor der Krise. Aber Menschen suchen halt meist erst dann nach neuen Möglichkeiten – die ja nicht nur in Jobs bestehen könnten, sondern auch in unternehmerischen Start-Ups –, wenn sie durch ihre Einkommenssituation dazu ermuntert werden.

Das rasche Auslaufen der Kurzarbeit ist jedenfalls viel dringender als das, was der ÖVP-Wirtschaftsbund jetzt vorgeschlagen hat, nämlich eine Reduktion des Arbeitslosengeldes bei längerer Beschäftigungslosigkeit. Zwar steckt auch da ein richtiger Gedanke drinnen – aber er führt auch zu vielen Problemen: Zwar findet man in der Langzeitarbeitslosigkeit tatsächlich gar nicht so wenige, die keine sonderliche Lust haben, wieder arbeiten zu gehen. Sei es, dass sie aus welchen Quellen immer ein Vermögen besitzen, von dem sie leben können; sei es, dass sie einen gut verdienenden Partner haben; sei es, dass sie sich längst auf dem Schwarzmarkt sehr gut eingerichtet haben, also tagaus, tagein an allen Steuer- und Sozialversicherungspflichten vorbei pfuschen gehen. Es gibt aber auch andere, denen es aus welchen Gründen immer (falsche Erwartungen, falsche Ausbildung, falscher Wohnort, Kontaktscheue, Sprachprobleme, Krankheit, unsympathisches Auftreten …) schwerfällt, sich wieder ins Arbeitsleben zu integrieren.

Daher ist es eine schwierige, aber notwendige Aufgabe, diese beiden Gruppen zunehmend zu trennen. Dann kann man den einen jeweils gezielt helfen; die anderen aber sollte man durchaus durch zunehmende Reduktion der Arbeitslosenunterstützung zurück in den Arbeitsmarkt bringen. Und wenn sie nicht zurückkehren wollen, wäre jedenfalls die Belastung der arbeitenden Menschen durch die Arbeitslosenunterstützung für diese Mitmenschen zu reduzieren.

Aber da diese Unterscheidung zwischen den beiden Arten von Langzeitarbeitslosen ebenso wie der bessere Aufbau von Hilfen schwierig ist, muss darüber zweifellos sorgfältig und daher etwas länger nachgedacht werden. Dringend ist jedoch ein rasches Auslaufen der Corona-Kurzarbeit. Und zwar für alle Branchen, wenn das Ganze irgendeinen Sinn haben soll. Ohne allzuviel sinnlose Zeit mit der Gewerkschaft  zu vertun.

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