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Hebt nur die Patente auf …

In den USA ist die gleiche Logik eingekehrt wie in Russland 1917 und in Osteuropa 1945: Wenn man den Reichen ihr Eigentum nimmt, dann haben alle mehr. Einige bittere Jahrzehnte später haben diese Nationen gelernt: Das Gegenteil stimmt – dann haben alle weniger. Aber offenbar muss jedes Volk diese Erfahrung am eigenen Leib machen.

Anders ist es nicht erklärlich, dass ausgerechnet die Amerikaner, die seit den 50er Jahren allergisch auf alles waren, was nach Kommunismus und Sozialismus riecht, jetzt im Eiltempo in diese Richtung marschieren. Am spektakulärsten ist die Forderung nach globaler Aufhebung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe. Und er ist auch einer der katastrophalsten.

Er zeigt, dass Washington nicht einmal mehr zwei Schritte vorausdenkt. Der erste klingt ja noch nobel: Die Dritte Welt soll rascher mit Impfstoff versorgt werden. Ein klassisches Entwicklungsziel, das man eigentlich dadurch erreichen könnte, dass man große Anlagen finanziert, die ausreichend Impfstoff erzeugen.

Geht man jedoch den Weg einer Freigabe der Patente, sodass jeder die Impfstoffe erzeugen kann, so sind alle weiteren Schritte klar: Zuerst wird die Qualität dramatisch absinken, wenn Impfstoffe überall in Hinterhof-Labors gemixt werden.

Noch dramatischer der nächste Schritt: Niemand wird noch einen Dollar in weitere Entwicklungen der Pharma-Industrie investieren, sobald klar ist, dass einem alles legal gestohlen werden kann. Dabei sind Pharma-Entwicklungen ungeheuer kostspielig, weil Tausenderlei versucht werden muss, bis etwas gefunden wird.

Das wird sich schon bei Corona ganz übel auswirken. Ist doch völlig klar, dass die Impfstoffe intensiv weiterentwickelt werden müssen, um auch die sich entwickelnden Varianten und Mutationen in den Griff zu bekommen. Vom großen Rest der Pharma-Forschung ganz zu schweigen. Braucht es doch gigantische Mittel, um etwa in Sachen der Massenmörder Krebs, Malaria, Diabetes oder Demenz voranzukommen.

Damit könnte jetzt Schluss sein, wenn es nicht – ausgerechnet – der EU noch gelingt, den USA wirtschaftliche Vernunft als Ersatz für blanken Populismus beizubringen. Denn wenn eine Regel einmal gebrochen wird, glaubt niemand, dass man sie künftig wieder einhalten wird.

Der US-Vorstoß ist umso absurder, als wir eigentlich gerade den größten Erfolg der ja überwiegend privatwirtschaftlich erfolgenden pharmazeutischen Entwicklungen erleben. Freilich: Auch Big Pharma hat noch kein Mittel gegen die Dummheit gefunden.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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