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Aus Madrid kann man sehr viel lernen

Der lächerliche Schlachtruf der europäischen Linksparteien "Faschismus oder Demokratie" löst nur noch Gähnreize bei den Wählern aus. Seit Jahrzehnten etwa versuchen dennoch auch hierzulande alle Linken – also Medien, Rot, Grün und die gegenwärtige Mehrheit bei Pink – mit dieser Behauptung zu punkten. Immer weniger gelingt es. In der spanischen Hauptstadt hat die Linke damit jetzt eine krachende Niederlage erlitten, obwohl sie den Wahlkampf um die Hauptstadt, der eigentlich ja nur einer Regionalwahl galt, zur Mutter aller Schlachten erhoben hat. Die Madrider Konservativen hingegen konnten sich sogar verdoppeln. Aber auch die angeblich faschistischen Rechtspopulisten, mit denen die Konservativen koalieren wollen, konnten, wenn auch gering, zulegen. Das ist ein in vielerlei Hinsicht aussagekräftiges Wahlergebnis mit vielen Lektionen auch für Österreich.

Wie bei sämtlichen derzeitigen Wahlgängen weltweit war auch dieser von der Corona-Pandemie überschattet. Die Bürger haben dazu ein erstaunlich klares Wort gesprochen: Sie haben massiv die mutige Strategie der Madrider Regionspräsidentin  Isabel Diaz Ayuso bejubelt, Madrid weitestgehend offen zu halten, insbesondere auch die für Spanier so besonders wichtigen Restaurants. Ayuso hatte sich damit ganz als Gegenpol zur strengen Lockdown-Politik der spanischen Zentralregierung profiliert. Diese hat in Spanien zwar zu höheren Opferzahlen, aber keineswegs zu einer Katastrophe geführt.

Aus österreichischer Perspektive ist Madrid gleichsam – wenn auch ein paar Schuhnummern  größer – eine Bestätigung des Vorarlberger, aber auch des burgenländischen Sonderweges. Auch Sebastian Kurz scheint den europaweit stattfindenden Stimmungsumschwung zu spüren und hat sich deshalb zusehends auf die Seite der Aufmacher geschoben. Das hat ja auch zu den Klagen des letzten Gesundheitsministers geführt, wie sehr er mit seinem Einsatz für strenge Maßnahmen alleine gelassen worden ist. Aber nicht nur der Koalitionspartner, auch der eigene Parteichef zog beim Kurs des Gesundheitsministers nicht mehr mit.

Auch beim neuen Gesundheitsminister ist eine ähnliche Entwicklung erkennbar: Er hat schon binnen weniger Wochen seine Position vom Kämpfer für einen noch härteren Lockdown hin zum Mitmacher bei den relativ kühnen Öffnungsschritten verschoben.

Hingegen dürfte Pamela Rendi-Wagner bald wieder recht alleine dastehen mit ihren Warnungen, dass die von der Regierung beschlossenen Öffnungsmaßnahmen gefährlich und daher abzulehnen seien. Hingegen dürfte sich der bisher eher auf ihrer Seite stehende Wiener Bürgermeister wohl ebenfalls bald in die Richtung möglichst großer Liberalisierung bewegen. Der nun doch sehr rasch gewordene Impffortschritt, die täglichen Jubelmeldungen aus den Impfkönig-Ländern Großbritannien und Israel über wieder stattfindende (bisweilen freilich in tödlicher Massenpanik endende) Großveranstaltungen und über Pubs, die von den Biertrinkern gestürmt werden, sowie jetzt das Madrider Wahlergebnis vermitteln alle die gleiche Botschaft. Die Wähler sagen ganz eindeutig: Liebe Provinzen, liebe Bürgermeister, liebe Bundesländer wehrt euch gegen allzu zentralistisches Diktat. Auch in Zeiten einer Pandemie.

Lediglich aus Indien gibt es noch Katastrophenberichte. Aber selbst von dort berichten seriöse Korrespondenten, dass der nationalen Rechtsregierung der von allen Fernsehstationen der Welt breit gemeldete Teilzusammenbruch des Gesundheitswesens bei den bevorstehenden Regionalwahlen nicht sonderlich schaden würde.

Das Virus ist zwar noch in der Welt, es wird noch viele Menschen töten, aber es hat dennoch die Welt nicht mehr im Würgegriff.

Das Madrider Wahlergebnis bringt auch in weiterer Hinsicht Hoffnung. Nämlich darauf, dass die Linksparteien endlich europaweit erkennen, dass ihre ständige Panikmache mit der Faschismus-Keule nur noch lächerlich ist. Dass den Bürgern Sachpolitik zehnmal wichtiger ist.

Die rechtspopulistische spanische Vox-Partei ist genausowenig eine Bedrohung der Demokratie, wie es die AfD in Deutschland, Salvini in Italien, Orbán in Ungarn oder die FPÖ in Österreich sind, derentwegen aber ununterbrochen die große Faschismus-Panik geschürt wird. Hingegen wollte Mussolini – der Urvater des Faschismus – einst in Italien ganz klar die Demokratie aushebeln, freie Wahlen verhindern, politische Gegner verfolgen (und nebstbei ein paar spätkolonialistische Eroberungskriege führen). Die genannten Parteien von heute wollen das jedoch alle nicht.

Daher sollten all die "Faschismus!"-Panikmacher endlich vorsichtiger werden. Wer zu oft "Wolf!" schreit, auf den hört auch dann niemand, wenn einmal wirklich ein Wolf kommen sollte. Ganz abgesehen davon, wie sich schon im Jahr 2000 im Falle Österreich das "Faschismus!"-Rufen als absurd und völlig unberechtigt erwiesen hat – obwohl damals die SPÖ mit diesen Rufen noch die ganze restliche EU zu einem "antifaschistischen Karneval" gegen Österreich mobilisieren hat können (Das Copyright für diesen phänomenalen Ausdruck hat der jetzt verstorbene große österreichische Philosoph Rudolf Burger).

Noch mehrere andere Dinge kann man aus Madrid lernen: Wenn die Chefin der großen konservativen Partei des Landes nicht dem "Faschismus!"-Geschrei nachgibt und sich auf eine Koalition mit der kleineren rechtspopulistischen Partei einlässt, schadet ihr das nicht, sondern hilft ihr bei den Wählern sogar ganz enorm. Sie zeigt sich damit als standfest gegen mediale Druckausübung, als führungsstark, und erwirbt sich viel Respekt. Sie hat damit in Madrid fast die absolute Mehrheit erreicht. Und auch die Rechtspopulisten sind keineswegs untergegangen.

Diese – nicht nur aus Madrid zu gewinnende – Lektion sollte endlich auch der deutschen CDU/CSU eine Lehre sein, die sich (und Deutschland) durch die Koalition mit einer Linkspartei und die doktrinäre Absage an die AfD immer mehr selbst beschädigt. Die Annahme ist groß, dass Friedrich Merz vor allem deshalb bei der CDU-Basis so beliebt ist, weil diese es ihm als einzigem zutraut, aus dieser Selbstfesselung auszubrechen und endlich die rechte Mehrheit unter den Wählern auch politisch zum Wirken zu bringen.

Vielleicht lernt aber auch Sebastian Kurz – wieder – diese Lektion. Er könnte sie lernen von den spanischen Konservativen, aber auch von den einstigen Erfahrungen Wolfgang Schüssels und seinen eigenen. "Faschismus!"-Geschrei, Liederbücher und Rattengedichte beschäftigen die Medien, aber nicht die Wähler. Oder glaubt er noch immer, eine Koalition mit diesen Grünen könnte für ihn und seine ÖVP noch etwas Positives bringen? Glaubt er gar noch immer, dass sie gut wäre für Österreich?

Warum haben aber dann in Spanien die Linksparteien dennoch national eine Mehrheit? Nun, die haben sie eigentlich gar nicht. Sie können nur mit Hilfe der katalonischen Separatisten regieren, die alles tun, damit nur ja nicht die spanisch-national und daher anti-sezessionistisch orientierte Volkspartei PP wieder an die Macht kommt.

Dieser Partido Popular steht damit in einer skurrilen Situation: Er schadet sich selbst dadurch am meisten, dass er die Unabhängigkeit der Katalanen so vehement, ja geradezu militant ablehnt. Deshalb wird er nie von der großen ostspanischen Region unterstützt werden. Hätten die Konservativen hingegen die Größe, eines Tages zu sagen: "Wenn sie unbedingt wegwollen, dann sollen sie halt gehen", dann wären sie mit Sicherheit auf lange Zeiten unangefochtene Regierungspartei.

Freilich gibt es nicht das geringste Anzeichen, dass die Partei jemals zu dieser Größe imstande sein wird. Daher kann sich die Linke auch weiterhin halten.

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