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So ein netter Mensch. Und so überfordert. So kann man das erste Vierteljahr von US-Präsident Joe Biden auf den Punkt bringen. Das gilt vor allem für die internationale Politik. Dort passiert ihm das Schlimmste, was dem Chef der (noch) Nummer-Eins-Weltmacht passieren kann: Es nimmt ihn niemand mehr sonderlich ernst. Nach der Reihe wird er von anderen Mächten vorgeführt, ohne dass er sich zu helfen weiß. Es genügt halt nicht, den Anti-Trump zu machen. Auch wenn das für die linken Mainstreammedien in ihrem Tunnelblick noch immer das einzig Wichtige zu sein scheint. Diese übersehen daher sogar großzügig, dass der 78-Jährige schon deutlich altersbedingte Ausfälle zeigt.
Innenpolitisch scheint Biden allerdings gleich mehrfach punkten zu können:
Diese drei Faktoren geben Biden ganz eindeutig Oberwasser – auch wenn sie eigentlich kaum sein Verdienst gewesen sind. Der einzige Punkt, wo Biden wirklich selbst neue Akzente gesetzt hat, ist das gigantische Investitionsprogramm von rund zwei Billionen zugunsten der amerikanischen Infrastruktur.
Denn Amerikas Straßen & Co sind überaltert, weshalb ein großes Renovierungsprogramm durchaus populär ist. Die dadurch ausgelöste große Verschuldung wird zumindest im Verhältnis zu Europa und Japan nicht auffallen, wo ja die Staaten von der Gelddruckpolitik der Zentralbank schon vor mehr als zehn Jahren in massive neue Schulden gestürzt worden sind. Dass sich dadurch die gefährliche Abhängigkeit gegenüber dem globalen Großgläubiger der Welt, also China, noch weiter zugespitzt hat, ist für die meisten europäischen und amerikanischen Wähler vorerst noch nicht direkt als Megaproblem sichtbar geworden. Und die amerikanischen Medien sind ja – so wie die europäischen – in ihrer großen Mehrheit so Biden-freundlich gesinnt, dass sie vorerst versuchen, die Folgen der Ausgabenexplosion herunterzuspielen.
Allerdings könnten diese Folgen doch bald zum großen Thema werden. Denn Finanzministerin Yellen hat schon angekündigt, dass das zu "einigen Einnahmenerhöhungen" führen werde. Dieses Wort ist ein eher hilfloser Versuch, Steuererhöhungen zu umschreiben. Damit attackiert die Biden-Regierung ausgerechnet den größten Erfolg Trumps, dessen Steuersenkungen ihn ohne Ausbruch der Pandemie wahrscheinlich die Wahlen gewinnen hätten lassen. Damit wird Biden auch auf den geschlossenen Widerstand der Republikaner im Kongress stoßen. Das Steuerthema könnte daher auch zum ersten wirklichen innenpolitischen Problem für Biden werden. Trotz der massiven Medien-Unterstützung.
Wie einseitig die Medien sind, hat man auch jetzt wieder nach der Tat eines Amokfahrers vor den Absperrungen beim US-Kongressgebäude in Washington gesehen. Denn die meisten Medien haben in ihren Berichten einfach verschwiegen, dass der Täter, der mit seinem Auto einen Polizisten absichtlich niedergefahren und getötet hat, und der dann von einem anderen Polizisten erschossen worden ist, Mitglied einer radikalislamischen Organisation ("Nation of Islam") gewesen war. Stattdessen nutzten fast alle amerikanischen wie auch europäischen Medien den Bericht über den Anschlag vor allem dazu, um neuerlich an den Sturm radikaler Anhänger Trumps auf das Kongress-Gebäude zu erinnern.
In einer Frage können aber auch die Medien Biden nicht helfen: In Hinblick auf den Ansturm illegaler Migrantenmassen vor allem aus Honduras und Guatemala auf die amerikanische Südgrenze. Dieser Ansturm hat sich binnen kurzer Zeit verdoppelt. Dabei kommen jetzt insbesondere Minderjährige, die seit Biden von den US-Behörden im Gegensatz zur Trump-Zeit umgehend an "Sponsoren" weitergegeben werden. Das sind meist nähere oder entfernte Verwandte, die schon in den USA leben.
Der Migrantenansturm ist klare Folge der früheren Kritik Bidens und der US-Demokraten an den Aktionen Trumps, um die illegale Migration zu beenden. Das haben die Menschen außerhalb der USA natürlich mitbekommen, dass jetzt ein Kritiker der Grenzsperren an der Macht ist, und sich daher sofort auf die Reise gemacht. Auch Mexiko unternimmt jetzt kaum noch Anstrengungen, ihren Durchmarsch zu stoppen, wie es das früher auf Verlangen Trumps getan hatte.
Biden hat bisher auf diesen Ansturm völlig hilflos reagiert. "Die Grenze ist nicht offen", ließ er seine Sprecherin in Hinblick auf die Pandemie sagen. "Jetzt ist nicht die Zeit zu kommen." Ein netter Versuch, nicht mehr. Denn zugleich hält die Biden-Administration an ihrem Entschluss fest, dass Minderjährige nicht abgewiesen werden. Dies hat logischerweise zum jetzigen Ansturm geführt, den man im Weißen Haus euphemistisch als "enorme Herausforderung" bezeichnet. Diese kann höchstens den Präsidenten selber überraschen. War es doch gerade Bidens Unsicherheit, die zu diesem Ansturm geführt hat.
Noch mehr ist Bidens Hilflosigkeit sichtbar geworden, als er schließlich seine Vizepräsidentin Kamala Harris mit der Einwanderungsfrage betraut hat. Das klang ganz nach: "Mir ist‘s zu schwer, übernimm du die Verantwortung, damit meine Imagewerte nicht sinken." Harris ist aber auch nichts eingefallen, da ja auch für sie eine Rückkehr zur Antimigrationspolitik Trumps ausgeschlossen ist. Das einzige, was sie bisher sagen konnte, ist der auch in Europa ständig von Politikern verwendete Stehsatz, der Ratlosigkeit in der Migrationsfrage übertünchen soll: Man werde verstärkt gegen die Auslöser der Fluchtbewegung wie Armut und Kriminalität in den Herkunftsländern vorgehen.
Wie lächerlich müssen sich Politiker wohl vorkommen, wenn sie ständig nur noch solche Phrasen der Hilflosigkeit absetzen?
Hilflosigkeit ist auch das zentrale Wort, um die Politik Bidens an den anderen außenpolitischen Fronten zu kennzeichnen.
So etwa gegenüber Europa: In den ersten Wochen war die Begeisterung in Deutschland und der EU über Bidens Wahl geradezu erotisch. Inzwischen ist Ernüchterung eingetreten. Denn die Amerikaner haben erkannt, dass die Europäer trotz des Wechsels von den harschen Trump-Tönen zu den lieblichen Biden-Smileys in keiner Weise der US-Politik entgegenkommen wollen. Und die Europäer haben erkannt, dass die Amerikaner unter Biden genau das Gleiche von ihnen wollen, was Trump verlangt hat.
Zu diesen Wünschen Bidens zählen:
Hat Trumps ruppiger und unberechenbarer Ton die Europäer noch besorgt gemacht und daher ein wenig beeindruckt, so tut dies Biden großväterliche Freundlichkeit natürlich überhaupt nicht. Jetzt ist für den Präsidenten guter Rat teuer, da er ja auf keinen Fall Trump ähnlich werden und doch die gleichen Ziele wie dieser erreichen will.
Noch hilfloser wirkt Biden in Sachen Ostasien. China und Nordkorea nehmen ihn im Gegensatz zu Trump nicht ernst. Dieser hatte sich durch seine Unberechenbarkeit im Gegensatz zu Biden noch gewissen Respekt erworben.
China setzt seine militärisch aggressive Politik ungehindert fort. Keine Rede mehr davon, dass Peking die Nordkoreaner fallen lassen könnte. China scheint vielmehr ganze Ozeane mit vielen anderen südostasiatischen Nationen als Anrainer geradezu zu Binnenmeeren machen zu wollen; China setzt Taiwan – das von Trump noch demonstrativ unterstützt worden ist – die Hände immer mehr an die Gurgel; und China nutzt seine wirtschaftliche Stärke, um zunehmend politisch zur Nummer eins der Welt zu werden (von dem imperialistisch angehauchten Seidenstraßenprojekt quer durch Asien nach Südosteuropa, über die Schaffung von Abhängigkeiten in Afrika – fast so wie es dort einst die Kolonialmächte getan haben – bis hin zur Einsetzung der Billionen Dollar-Bestände in Chinas Zentralbank als Druckmittel gegen die USA).
Es gibt dennoch nicht einmal Anzeichen einer nachvollziehbaren Politik der USA in Sachen China, und auch keine erkennbaren Versuche, gemeinsam mit den neualten europäischen Bussi-Bussi-Freunden in Europa eine solche zu entwickeln.
Lediglich in Sachen Iran treten die USA und Europa gemeinsam auf; sie wollen den alten (in Wien unterzeichneten) Atomdeal mit Iran wiederbeleben. Das versetzt die gesamte linke Medienlandschaft in Orgasmen, nachdem Trump ja die Teilnahme am Deal zurückgezogen und statt dessen Sanktionen gegen Iran verhängt hat. Trump tat dies aber nicht aus Jux und Tollerei, wie viele Medien suggerieren, sondern aus der keineswegs unbegründeten Sorge, dass dieser Deal das Gegenteil des Beabsichtigten erreicht, nämlich den Iranern die Möglichkeit zu geben, in aller Ruhe ihre Atombombe zu bauen. Das wäre genau das Gegenteil des offiziellen Zwecks des Atomdeals.
Und wiederum haben wir einen Fall, wo Biden viel sanfter spricht als Trump, aber im Grund dasselbe will wie dieser, es aber mit seinem knieweich wirkenden Auftreten noch viel weniger erreicht: Biden verlangt vor einer Aufhebung der Sanktionen konkrete Beweise, dass Iran friedlicher wird, dass es seine Truppen aus anderen Ländern zurückzieht, und vor allem dass es bessere Kontrollen seiner Atomanlagen erlaubt, also auch jener, wo überhaupt keine Zutrittsmöglichkeit besteht. Iran scheint zu nichts davon bereit, sondern verlangt stereotyp das Ende der Sanktionen.
Dafür, dass der einstige Deal alles andere als Sicherheit verspricht, spricht insbesondere die Haltung jenes Landes, das sich – neben Saudi-Arabien – weitaus am meisten vor der atomaren Rüstung der Iraner fürchten muss: Israel. Dort aber hat man den Deal immer strikt abgelehnt und Trumps Sanktionen begrüßt.
Noch ist völlig unklar, wie Biden da jetzt herauskommt: einerseits will er Israels Sicherheit nicht gefährden, andererseits die Europäer nicht vor den Kopf stoßen, die unbedingt den Deal wiederbeleben wollen (weil sie Geschäfte mit Iran machen wollen). Die Lösung läge einzig in Konzessionen Irans. Aber auf diese gäbe es nur dann Aussichten, wenn sich Iran vor den USA und einem Weitergehen ihrer Sanktionen fürchten müsste. Aber wiederum: Ein solches Weitergehen wäre ja eine Fortsetzung der Trumpschen Politik.
Und das will Biden eben auf keinen Fall. Statt den – dort schon eindeutig sehr spürbaren – Druck auf Iran bis zum Erreichen echter Konzessionen fortzusetzen, macht Biden das Gegenteil: Er hat die Houthi-Rebellen im Jemen, die mit iranischer Hilfe gegen Saudi-Arabien kämpfen, von der Terrorliste gestrichen. Das ist eine ganz wesentliche und einseitige Konzession der USA, ohne dass bisher eine Gegenleistung der Iraner erkennbar wäre. Das entfremdet überdies die Saudis von den USA.
Wer soll sich da noch vor diesem Joe Biden fürchten?
Noch katastrophaler ist seine Politik gegen Russland. Zuerst schickt er versöhnliche Signale aus, wie es insbesondere die Verlängerung des Atomraketenvertrages gewesen ist (den Trump gekündigt hatte, weil inzwischen China zur großen Bedrohung angewachsen ist, aber nicht Partner des Raketenvertrags ist). Dann jedoch droht Biden plötzlich in einem Fernsehinterview, dass Russland dafür "bezahlen" werde, weil es im Wahlkampf für Trump gewesen ist.
Das ist eine absolut ungeheuerliche Bemerkung. Denn es gibt keinerlei Beweise für direkte rechtswidrige Aktionen Russlands zur Beeinflussung der amerikanischen Wahl. Denn solche Drohungen provozieren, selbst wenn sie – höchstwahrscheinlich – ganz leere Drohungen sind. Aber nicht genug damit, auf die Frage, ob er Putin für einen Mörder halte, sagte Biden in die Kamera: "Ja, das tue ich."
Man stelle sich nur vor, was in den amerikanischen wie europäischen Medien wie auch Politik los wäre, hätte Trump den Führer einer anderen Weltmacht als Mörder bezeichnet! Die Forderung nach einem weiteren Impeachment-Verfahren zu seiner Absetzung wegen verantwortungsloser und kriegstreiberischer Umtriebe wäre noch das Mindeste, bis hin zur Forderung nach Psychiatrisierung.
An sich hat Biden ja recht; Putin ist tatsächlich für Mordanschläge verantwortlich. Aber ein Präsident spricht über einen anderen eigentlich nur dann so, wenn die beiden Länder in Krieg zueinander sind, oder knapp davor stehen. Das lässt einen ans Jahr 1914 denken: Österreich hat damals davor zurückgeschreckt, die serbische Führung als "Mörder" des Thronfolgers zu bezeichnen. Obwohl die Verantwortung für jenen so folgenschweren Mord durchaus bei der serbischen Führung gelegen ist, wie wir heute wissen.
Die linken Medien in ihrer Dummheit haben ständig Angst vor dem häufigen Zähnefletschen Trumps geschürt. Dabei hat dieser nachweislich weit weniger Kriege geführt als all seine Vorgänger.
Ich fürchte mich eher davor, dass in der Noch-Nummer-Eins der Welt ein hilf- und strategieloser Mann an der Macht ist, der seinem Amt in keiner Weise gewachsen ist.