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Keine Frage: Fehler machen wir alle. Schlimm ist es nur, wenn eindeutige Fehler nicht zugegeben oder korrigiert werden. Noch schlimmer ist es, wenn ein Minister, eine ganze Regierung oder ein Medienbetrieb mit schrumpfender Zuschauerzahl, aber gesetzlicher Gebührengarantie diese Fehler decken oder sogar zynisch totzuschweigen versuchen, obwohl es dabei um Verletzung ganz grundsätzlicher Werte geht. Und am schlimmsten ist es, wenn es offenbar niemanden interessiert, dass hochrangige Rechtsexperten in Österreich Anzeichen eines Putsches sehen. Das alles sei heute an den Beispielen Martin Kocher, Alma Zadic und Armin Wolf dargelegt.
Gewiss, die meisten Fehler des letzten Jahres sind rund um die Pandemie passiert. Aber beim Bemühen um objektive Bewertung sind die meisten davon wohl in guter Absicht begangen worden, auch wenn sie eine schlimme Überforderung von Beamten, Regierung und insbesondere Gesundheitsminister bloßlegen. Denn:
Aber ähnliche Kritik muss man auch an fast allen anderen Ländern der Welt außer Großbritannien und Israel üben, und daher ehrlich zugeben: Die Probleme und Widersprüche in der Corona-Krise sind so gewaltig, dass man sie niemandem wirklich schuldhaft anlasten kann. Niemand hatte Vorerfahrungen, wie mit einer solchen Krise umzugehen ist, wie zu reagieren ist (im Unterschied zu anderen Katastrophen wie Lawinen oder Hochwässer, wo jeder aus früheren Fällen ungefähr weiß, was zu tun ist).
Wirklich schuldhaftes Verhalten ist eigentlich nur auf EU-Ebene zu sehen, wo die grob fahrlässige Ignoranz einfach alle Grenzen hinnehmbarer Fahrlässigkeit überstiegen hat, mit der die Beschaffung von Impfstoff von der Kommission auf ein im Geheimnisdunkel agierendes Beamtengremium abgeschoben worden ist, während man sich von der Kommission bis zum Parlament lieber mit linken Absurditäten wie der angeblichen Gefährdung des Rechtsstaats in Ungarn und Polen befasst hat.
Freilich ist auch der österreichische Bundeskanzler und der zuständige Gesundheitsminister im ganzen Jahr 2020 kein einziges Mal erkennbar aktiv geworden in Sachen Impfstoffbeschaffung, um in der EU Druck zu machen. Um zumindest jede einzelne Dosis zu erwerben, die beim EU-internen Basar zu haben war. Oder um trotz der bei den Grünen dogmatisch gewordenen EU-Anbetung zumindest zum gleichen Zeitpunkt wie Nachbar Ungarn nachzudenken, ob nicht Österreich selbst anderswo initiativ werden soll, um Impfstoff zu kaufen. Wobei Herrn Anschober wieder mildernd zugute zu halten ist, dass auch sonst kein einziger österreichischer Politiker bis hinunter zum letzten Oppositionspolitiker 2020 jemals in diese Richtung aktiv geworden ist.
Im Schatten des alle Aufmerksamkeit auf sich ziehenden Corona-Themas sind aber drei viel dramatischere Fehler, wo eindeutig echtes Verschulden zu diagnostizieren ist, völlig untergegangen.
Der erste begann mit einem besonders krassen Exzess des ja regelmäßig alle Objektivitätsgebote einseitig verletzenden ORF-Redakteurs Armin Wolf: Er hat Mitte Jänner den Feldkircher Bürgermeister in einem Live-Interview wie ein wild gewordener Staatsanwalt einer Diktatur vorgeführt. Er hat ihn öffentlich zur Sau gemacht, weil sich der Bürgermeister mit einer bei der Impfung im örtlichen Altersheim übriggebliebenen Restdosis impfen hat lassen. Das hat Wolf als skandalöse Ausnutzung einer privilegierten Situation in inquisitorischem Ton angeprangert.
Das ist nicht nur deshalb ein Skandal gewesen, weil der ORF-Mann das legitime Argument vom Tisch gewischt hat, dass der Feldkircher Bürgermeister mit der Impfung der im Jänner noch sehr heftigen und vielen Verantwortlichen große Sorge bereitenden Anti-Impf-Angstpropaganda ein persönliches Gegenbeispiel entgegensetzen wollte.
Noch viel skandalöser war aber, dass Wolf und der ORF nur diesen einen (natürlich schwarzen) Bürgermeister in dieser unglaublich auffälligen und aggressiven Form vorgeführt haben, nicht aber die zahlreichen anderen Bürgermeister, die genau dasselbe getan haben, und schon gar nicht die vielen roten darunter. Wolf und der ORF haben auch praktisch überhaupt nicht darüber berichtet, dass schon damals in Wiener Spitälern auch das Verwaltungspersonal bis zum Buchhalter geimpft worden ist, obwohl diese Beamten Patienten nur vom Hörensagen kennen, also noch weniger als ein Bürgermeister die Insassen des Altersheims, die er zumindest angeblich regelmäßig besucht.
Wolf und der ORF haben auch nie ordentlich darüber berichtet, dass inzwischen alle strafrechtlichen und disziplinären Verfahren gegen Bürgermeister eingestellt worden sind, die durch die damalige Anti-Feldkirch-Aktion des ORF ausgelöst worden waren.
So wie Wolf bei diesem Bürgermeister-Interview agiert hat (das hier ja nur beispielhaft für viele andere Hetzauftritte des Mannes steht, denen nirgendwo im ORF ein anderer nicht-linker Journalist gegenübersteht, so dass man wenigstens sagen könnte, die agitatorische Aggressivität würde auch in die andere Richtung stattfinden), sollte höchstens der Scharfmacher einer politischen Partei agieren. Das ist aber ein unerträglicher Skandal bei einem Exponenten einer gesetzlich eigentlich zur Objektivität und Ausgewogenheit verpflichteten Anstalt, die von uns allen Zwangsgebühren kassieren darf.
Wechsel zu einem ganz anderen schweren Patzer. Das ist der erste arge Fehler des neuen Arbeitsministers Martin Kocher. Dieser Fehler enthüllt hinter dem professoralen Gehabe ein schockierendes Menschen- und Wertebild. Das ist bei einem Politiker besonders schockierend, der von einer Partei in die Regierung entsandt worden ist, die sich den Wählern gegenüber auf ein christliches, konservatives und wertorientiertes Familienbild beruft.
Kocher kritisierte nämlich in einem Interview die "enorm hohe" Teilzeitquote von Frauen von 47 Prozent, vor allem von Frauen, die sich der Kindererziehung widmen. Und Kocher fügte wörtlich den unglaublichen und dennoch nie dementierten Satz hinzu: "Man müsste Teilzeit weniger attraktiv machen."
Man muss auch am klaren Denken Kochers zweifeln, solche Vorschläge ausgerechnet in Zeiten der höchsten Arbeitslosigkeit seit vielen Jahrzehnten zu machen, obwohl er eigentlich für deren Reduktion hauptverantwortlich wäre. Denn es ist eindeutig besser, wenn zwei Menschen – auf eigenen Wunsch! – Teilzeitjobs ausüben, als wenn nur einer diesen gleichsam zusammengelegten Job hätte und der andere arbeitslos würde.
Keine Frage, es gibt in der Tat in gar nicht so wenigen Fällen eine Altersarmut, die vor allem Frauen trifft. Es gibt aber weit bessere Vorschläge, um diese zu bekämpfen, als es ein Abdrehen der Teilzeitmöglichkeiten wäre. Einige habe ich etwa hier detailliert aufgelistet. Kocher sollte über ein automatisches Splitting aller Pensionsbeiträge nachdenken, über eine rasche Angleichung des Pensionsantrittsalters, über bessere Hilfen für die Frauen bei einer Rückkehr ins Berufsleben NACH der Kinderpause, und über deutlich bessere Anrechnungen von Kindererziehungszeiten auf den Pensionsanspruch.
Kocher sollte aber keinesfalls die Familien attackieren, die ganz eindeutig die zentrale Kraftzelle einer funktionierenden Gesellschaft sind. Es bleibt daher zu hoffen, dass zumindest Sebastian Kurz begriffen hat, wie gefährlich die Dummheiten sind, die da im Kopf seines neuen Ministers herumgeistern. Und dass er Kocher in einem vertraulichen Gespräch (schreiben darf man einander ja nichts mehr, seit linke Staatsanwälte die Dialoge aller ÖVP-Politiker abzukassieren und an die Öffentlichkeit zu tragen begonnen haben) klargemacht hat, dass die ÖVP als Partei angetreten ist, die mehr für die Familien tun will und die nicht ihre Rechte beschneiden will. Und dass er den Frauen mehr und nicht weniger Wahlfreiheit versprochen hat.
Der Hinweis auf die Aktionen der Staatsanwaltschaft gegen zahllose Handys ihrer politischen Feinde – die sie nur rechts der Mitte ortet – führt uns nahtlos ins Justizministerium und zum schuldhaften Versagen von Alma Zadic. Die linksradikale Ministerin hat die zwei einzigen Männer, die in der Vergangenheit die Umtriebe vor allem der Korruptionsstaatsanwaltschaft wenigstens etwas einzudämmen versucht haben, wegen eines nur durch extreme Verschwörungstheorien untermauerten Vorwurfs weitestgehend außer Dienst gestellt. Das war zwar rechtswidrig, wie zumindest die Disziplinarbehörde im Fall des Sektionschefs Pilnacek geurteilt hat.
Das hindert die Ministerin aber nicht daran, weiterhin als total einseitige Pflichtverteidigerin dieser Korruptionsstaatsanwaltschaft zu agieren. Trotz der zahlreichen – auch immer wieder von unabhängigen Gerichten so beurteilten – rechtlichen Fehler dieser Staatsanwälte. Trotz der skandalöserweise sich über viele Jahre hinziehenden Verfahren dieser Korruptionsstaatsanwaltschaft, mit denen zynisch Menschen zertrümmert werden, obwohl sie unschuldig sind. Trotz der totalen Untätigkeit der Korruptionsstaatsanwaltschaft dort, wo die SPÖ die Haupttäterin ist (nämlich vor allem durch die Zahlung hunderter Millionen an Bestechungsinseraten aus Steuergeldern, die vor allem von der Gemeinde Wien vergeben werden). Trotz der ununterbrochenen einseitigen Aktionen der Staatsanwaltschaft, die aus – in zum Teil zu Unrecht beschlagnahmten Telefonen gefundenen – SMS-Dialogbruchstücken wilde Verschwörungstheorien zimmert, mit denen sie einen ÖVP-Minister nach dem anderen ins Zwielicht zu rücken versucht. Was mit Hilfe der ORF-Hetzer auch leicht gelingt.
Das wurde in den letzten Stunden besonders deutlich, als ein Mail der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck an die Korruptionsstaatsanwaltschaft postwendend beim ORF gelandet ist (das die Anfrage enthält, ob ein auf dem Handy des suspendierten Sektionschefs Pilnacek gefundener Aktenbestandteil ein Amtsgeheimnis darstellt). Selten ist der Verdacht so eindeutig und massiv klargeworden, dass das eigentlich nur von der Korruptionsstaatsanwaltschaft hinausgespielt worden sein konnte. Da war kein Anwalt involviert, der das angeblich getan haben konnte, wie sonst immer behauptet wird.
Allein dieser Vorgang schreit nach Suspendierungen in der Korruptionsstaatsanwaltschaft und einem strengen Verfahren. Denn diese Weitergabe an die Medien ist haargenauso eine Amtsgeheimnisverletzung, wie es die Weitergabe eines Aktenbestandteils an Pilnacek (möglicherweise durch den Oberstaatsanwalt Fuchs, der ebenfalls teilsuspendiert worden ist) gewesen ist. Das ist in Wahrheit noch viel schlimmer, denn wenn Fuchs an Pilnacek etwas weitergegeben hat, dann ist dieser ja trotz der zu Unrecht erfolgten Suspendierung jedenfalls weiterhin ein Beamter und weiterhin an die Pflicht zur Geheimniswahrung gebunden.
Und noch schlimmer: Spätestens seit der von ihr suspendierte Sektionschef Pilnacek die beweisfreien Aktionen der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Minister als "Putsch" bezeichnet hat, ist es völlig untragbar, dass Zadic weiterhin so einseitig untätig bleibt. Immerhin ist Pilnacek seit Jahrzehnten ein von Ministern aus vier Parteien gerühmter Experte in Sachen Strafrecht und zweifellos loyaler Staatsdiener.
Wenn ein Mann wie er gegen eine so mächtige Behörde den Putschvorwurf erhebt, dann muss das unbedingt zu einer eingehenden Untersuchung führen. Und diese kann sicher nicht durch eine Ministerin erfolgen, die sich in ihrem ersten Jahr schon total disqualifiziert hat oder durch ihre Vertrauensleute, sondern nur durch eine unabhängige Gruppe der besten Juristen, Verfassungsdienst- und Geheimdienst-Experten dieses Landes. Und diese Gruppe muss auch ebenso die zahllosen und insbesondere das jüngste Leak aus der Korruptionsstaatsanwaltschaft eingehend untersuchen und vor Gericht bringen.
Wenn Zadic weiterhin untätig bleibt, wird der Verdacht zwangsläufig immer massiver, ob sie nicht selbst in den behaupteten Putschversuch involviert ist.
Das Insistieren auf Einsetzung einer solchen Untersuchung wäre zweifellos auch unbedingt Aufgabe eines Regierungschefs, selbst wenn Sebastian Kurz jetzt rund um die Uhr in Sachen Impfstoffbeschaffung unterwegs ist (wo er einen kleinen Teilerfolg mit der Zuteilung von 199.000 statt der ursprünglich angebotenen 139.000 Impfdosen an Österreich erzielt hat, von denen er 30.000 in einer Solidaritätsaktion an die noch viel schlimmer getroffenen Tschechen weitergegeben hat).
Eigentlich hätte auch der Bundespräsident längst angesichts einer Putsch-Gefahr Alarm schlagen müssen. Oder findet auch er am Ende so wie offenbar die Ministerin, dass ein Putsch eh eine gute Sache ist, solange er von den Richtigen unternommen wird?
Es ist völlig unerträglich, dass in Österreich von einer höchstqualifizierten und keineswegs für Verschwörungstheorien bekannten Persönlichkeit der Verdacht eines Putsches ausgesprochen werden kann, dass das aber offenbar niemanden interessiert, dass die Ministerin vielmehr versucht, nur denjenigen zu bestrafen, der sich um die Integrität des österreichischen Rechtsstaats sorgt, und dass die mutmaßlichen Täter weiterhin unbehindert amtieren und den ganzen Staat gefährden können!
Sollte sich das wirklich in den nächsten Tagen bestätigen, dann kann man nur eines sagen: Dieses Land ist wirklich zur Bananenrepublik verkommen.
PS: Man könnte aus diesem Satz übrigens auch die "Bananenrepublik" streichen und Österreich statt dessen auch als Land der unverschämtesten Erbschleicher Europas bezeichnen. Nichts anderes als Erbschleicherei ist es jedenfalls, wie sich Alexander Wrabetz nach dem Tod von Hugo Portisch in mehreren flächendeckenden Sendungen als Erbe des einstigen, von Portisch mitbetriebenen Rundfunk-Volksbegehrens für die Unabhängigkeit des ORF auszugeben versucht hat. Dabei ist Wrabetz das absolute Gegenteil. Er ist ein Hauptschuldiger daran, dass das Fernsehen heute wieder zum reinen SPÖ-Programm geworden ist wie in den Zeiten vor Portisch und Gerd Bacher, dass das einstige Volksbegehren zu einer Farce verkommen ist, dass ein neues Volksbegehren dringend notwendig wäre.