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In früheren Epochen war der Zugang zu Rohstoffen, Wasser oder Erdöl eine der wichtigsten Anlässe für internationale Konflikte. Im Jahr 2021 ist es der Zugang zu Impfstoffen. Zu diesem Thema hat sich jetzt Sebastian Kurz erstaunlich weit vorgewagt. Mit gutem Grund. Aber auch mit hohem Risiko.
Kurz attackierte ziemlich scharf und unvermittelt die EU, weil dort Impfdosen unterschiedlich verteilt würden. Das ist zumindest auf den ersten Blick ein unglaublicher Skandal und wird auch durch die nach allen Statistiken massiv unterschiedlichen Prozentsätze des durchgeimpften Bevölkerungsanteils in den einzelnen EU-Ländern bestätigt (wobei Österreich im Mittelfeld liegt).
Da ist die EU glasklare Aufklärung schuldig, die deutlich über das hinausgeht, was sie bisher gesagt hat. Immerhin haben sich ja auch jene südosteuropäischen EU-Länder, die deutlich am wenigsten bekommen haben, sofort den Kurz-Beschwerden angeschlossen.
Tatsache ist, dass die EU im Vorjahr die Impfstoffbeschaffung an sich gerissen hat, wozu natürlich auch die Pflicht zu einer gerechten Verteilung gehören müsste. Während die einzelnen Pharma-Firmen als Privatunternehmen nicht verpflichtet sind, die Verteilung und Verkaufspreise ihrer Produkte offenzulegen, trifft die EU sehr wohl eine solche Pflicht in Hinblick auf die von ihr gekauften Impfdosen. Sie muss auf die Ampulle genau darlegen, wie sie diese unter den EU-Ländern verteilt. Die Union ist eine demokratische Struktur, die in den Beziehungen zu den Mitgliedsstaaten keinerlei Mauscheleien begehen darf. Insbesondere auch deshalb, weil sie sich ja auch selbst oberlehrerhaft in die angeblich bedrohte interne "Rechtsstaatlichkeit" in einzelnen Staaten massiv einmischt.
Insofern hat also Kurz mehr als guten Grund für seine Kritik. Jedoch hat er sich mit diesem Thema zugleich auch weit vorgewagt – es sei denn, er weiß noch mehr, als bisher bekannt ist.
Der erste, ja auch für ihn unangenehme und schon seit Wochen auf dem Tisch liegende Fragenkomplex ist zweifellos:
Wenn wirklich nur das Gesundheitsministerium involviert war, würde das Kurz zwar weitgehend, aber nicht ganz aus der Kritik nehmen – hätte er doch zumindest Druck auf den Gesundheitsminister ausüben können, diesbezüglich aktiver zu werden, statt nur ein Jahr lang ununterbrochen wie eine Gebetsmühle zu sagen: "Die nächsten zwei Wochen werden entscheidend sein."
Der zweite Fragenkomplex ist jetzt eben die Frage:
Wenn die von der EU – allerdings recht unpräzise – ausgestreute Antwort stimmen sollte, dass das irgendwie damit zusammenhängen dürfte, dass einzelne Länder bei einzelnen Impfstoffen auf die ihnen zustehenden Anteile verzichtet haben, weil sie ihnen zu teuer sind, dann gibt es natürlich die nächste Frage an die EU:
Hilft doch die EU in ganz unglaublichem Ausmaß auch den grob fahrlässigen Schuldenländern wie Italien, obwohl die weitgehend selber schuld sind an ihrem Zustand!
Für Österreich selbst aber spannend wird eine sich daraus ableitende weitere Frage:
Wenn das zutrifft – was ja nur eine weitere Fehlleistung einer schon mehrfach negativ aufgefallenen Beamtenschaft wäre – dann haben wir einen unglaublichen innerösterreichischen Skandal. Und dann wäre es auch voll verständlich, warum Anschober plötzlich Kreislaufprobleme bekommen hat.
Aber irgendwann wird er ja wohl doch wieder auftauchen und sich diesen Fragen stellen müssen.
Dazu zählt aber auch eine Klarstellung der ebenfalls in Europa ausgestreuten Version, dass sich einige Länder wie Malta halt an der EU vorbei um Impfstoff bemüht hätten. Was ja Ungarn sogar offiziell bekanntgegeben hat.
All diese Klarstellungen werden naturgemäß auch koalitionär extrem spannend, es sei denn, dass sich alle Fehler wirklich nur auf EU-Ebene abgespielt haben. Das aber müsste einen enormen EU-internen Krach zur Folge haben.
Es wäre jedenfalls recht überraschend, wenn Kurz nur aus Solidarität mit zu kurz kommenden EU-Partnern wie Slowenien und Bulgarien so massiv aktiv geworden ist, ohne all die damit verbundenen Fragen bedacht zu haben.
Viel weniger überraschend wäre es hingegen, wenn dahinter ein zweimal über die Bande gespieltes Revanchefoul des Bundeskanzlers für die vielen Gemeinheiten stecken würde, die ihm die Grünen in letzter Zeit angetan haben.
Diese haben mit der grünen Hysterie wegen fast jeder einzelnen Migranten-Abschiebung angefangen, setzten sich mit dem nicht gerade koalitionär-solidarischen Verhalten der Grünen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss fort und erreichten vor allem mit den Sauereien des Justizministeriums einen absoluten Höhe- oder eigentlich Tiefpunkt. Tatsache ist – um nur das Ärgste zu nennen – dass das Justizministerium (Letztverantwortlicher derzeit ein gewisser Werner Kogler!) sämtliche SMS-Konversationen zwischen Bundes- und Vizekanzler aus der schwarz-blauen Zeit an das Parlament zur ungehemmten Belustigung der dortigen Hooligans weitergeleitet hat, obwohl sie eigentlich zu vernichten wären, da sie ja keinen strafbaren Tatbestand enthalten. Das Ministerium hat das getan, obwohl zuvor sowohl Korruptionsstaatsanwaltschaft wie auch Oberstaatsanwaltschaft (die sonst das ganze Jahr über zutiefst zerstritten sind!) einhellig für extreme Geheimhaltung dieser SMS-Konversationen eingetreten sind. Kogler hat sich jedoch über die Staatsanwälte hinweggesetzt.
Das ist ein so schweres Foul gewesen, dass mich seit Tagen wundert, warum Kurz nicht darauf reagiert hat.
Vielleicht hat er das aber jetzt sehr wohl …
PS: Amüsant bis bitter ist noch ein ganz anderer Aspekt des globalen Impf-Krieges: Das ist die erstaunliche Beobachtung, wie schmähstad die EU trotz der Tatsache geblieben ist, dass der so geliebte Joe Biden offensichtlich den Export von AstraZeneca-Impfstoff nach Europa verhindert. Er will das so lange fortsetzen, als die USA alles bekommen haben, was sie mit AstraZeneca vereinbart haben. Deswegen bekommt Europa eben nicht alles, was es vereinbart hat …