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Wir haben es alle satt

Wir fühlen uns hilflos. Wir sind zornig. Nur: In was wird der Zorn übergehen? In Apathie? In revolutionäres Aufbegehren? Oder geht die Hoffnung der Regierung auf, dass das – fast verzweifelt anmutende – Hereinholen von Bundesländern, bei SPÖ und Neos noch einmal so etwas wie eine nationale Aufbruchsstimmung auslöst? Zwei einander widersprechende Tatsachen scheinen jedenfalls festzustehen: einerseits die weitgehende Alternativlosigkeit des nun auch über Österreich verhängten Dauerlockdowns wie aber auch die schweren Fehler, die dabei von Österreich und EU ständig begangen werden. Und geradezu fassungslos macht, dass - zumindest in Wien - beim Anmelden für das Impfen schon wieder nichts funktioniert. 

Wenn man in der Verzweiflung verzweifelt nach Positivem sucht, dann findet man dieses wohl ausnahmsweise in der Politik:

  • im erstmaligen gemeinsamen Auftreten von Bundeskanzler und Gesundheitsminister mit einem schwarzen und einem roten Landeshauptmann;
  • darin, dass auch die Bundes-SPÖ, wie auch die Neos auf Konsenskurs eingeschwenkt sind (nach dem reichlich peinlichen parlamentarischen Zwischenspiel, das kaum mehr als das Umtaufen von "Freitesten" zu "Reintesten" und die Verwandlung eines Neins in eine plötzliche Zustimmung der SPÖ gebracht hat);
  • darin, dass sowohl auf schwarzer wie auf roter Seite bei den jüngsten Auftritten die Scharfmacher verräumt worden sind, die einen sicheren Griff für die völlig falschen Töne haben – also Innenminister Nehammer und der Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker;
  • aber auch darin, dass FPÖ-Obmann Hofer zwar kritisch, aber dennoch viel konstruktiver agiert als zuletzt sein Klubobmann Kickl.

Hofer ist zwar noch nicht bereit, auch nur irgendetwas gut zu finden, was die Regierung tut, aber er vermeidet alle absurden und pauschalen "Apartheid"-Attacken im Kickl-Stil. Er konzentriert vielmehr seine Kritik auf die – ja eindeutigen – Fehler des Gesundheitsministers und auf die – ebenso eindeutigen – katastrophalen wirtschaftlichen Auswirkungen.

Wie auch immer: Nüchtern betrachtet kann Österreich nicht anders, als ebenso wie ganz Europa, wie fast jedes Land der Welt angesichts der Zahlen (Infektionen, Todesfälle, Intensivstationen) und angesichts der Entwicklung ansteckender gewordener Varianten die diversen Lockdown-Maßnahmen noch zu verlängern und intensivieren. Auch wenn die Wirtschaft, insbesondere in den Bereichen Handel, Gastronomie und Tourismus, inzwischen massiv verzweifelt ist. Auch wenn die Regierung eigentlich für die nächsten Tage ganz anderes angekündigt hat.

Aber längst sind wir ob des Karussells der sich ständig ändernden Regeln in solchen Zynismus verfallen, dass wir nur noch jene auslachen können, die noch glauben können, irgendeine Ankündigung oder Regelung würde nicht sowieso 14 Tage später über den Haufen geworfen. Auch wenn man viel Verständnis hat, dass man halt auf sich ständig ändernde Rahmenbedingungen reagieren muss, so bleibt  die ständige Änderungswut völlig unverständlich. Aber auch viele andere Punkte:

  1. Warum gibt es schon wieder einen zusätzlichen Kanal für Umsatz- und Kostenersatz der Betriebe?
  2. Waren die bisherigen zu großzügig oder zu kleinlich?
  3. Oder geht es nur um Änderungen der Änderung wegen?
  4. Zwar wird vom Finanzminister behauptet, dass man mit vier Klicks im Internet an die Unterstützung herankommt; aber ist nicht in Wahrheit die Vielfalt der Unterstützungsmechanismen mit Ausfallbonus, mit Fixkostenzuschuss und Verlustersatz längst so unübersichtlich geworden, dass ein Großteil des Geldes erst recht wieder für professionelle Helfer ausgegeben werden muss, die beim Erlangen der Hilfe helfen, damit man sich nicht durch Falschangaben strafbar macht?
  5. Bedeutet nicht die Deckelung mit 60.000 Euro monatlich (für den neuen Ausfallbonus) durch Österreich und von 800.000 (für den Fixkostenzuschuss) durch die EU, dass zwar Kleinbetrieben ausreichend geholfen wird, dass aber größere – und daher eigentlich besonders vielen Menschen Arbeit gebende – Unternehmen ins Schleudern kommen müssen (Siehe den Glasschleifer Swarovski, der jetzt reihenweise Läden dauerhaft zusperrt, während die kleinen Händler hinter ihren heruntergelassenen Rollläden noch zu leben scheinen, auch wenn man nichts Genaueres weiß …)?
  6. Kann es wirklich wahr sein, dass die EU noch immer Hilfszahlungen bürokratisch deckelt, während sie uns gleichzeitig zwingt, für die gigantische Schuldenaufnahme, noch dazu zugunsten reformunwilliger Länder, mitzuhaften?
  7. Warum wird noch immer nicht längst ernsthaft diskutiert, dass die Schulen in zwei Wochen im – hoffentlich schon pandemiemäßig problemlosen Sommer – all das an Direktunterricht nachholen können, was da an Schulunterricht ausfällt?
  8. Oder sind die Interessen von Lehrergewerkschaft beziehungsweise Tourismusindustrie wichtiger als die ordentliche Ausbildung unserer Kinder?
  9. Oder meint die Regierung ernsthaft, wir würden den Schmäh glauben, dass sich Schüler nicht auch in sieben statt neun Wochen regenerieren könnten – obwohl sie sich längst auf nichts anderes mehr freuen, als wieder in einer Klasse sitzen zu können (was ja eigentlich die positivste Nachricht in der ganzen Lockdown-Tristesse ist)?
  10. Warum sind noch immer nicht die seit mehr als einem Monat versprochenen FFP-2-Masken bei allen Über-65-Jährigen eingetroffen?
  11. Warum enthält uns die EU noch immer den schon in vielen anderen Ländern genehmigten AstraZeneca-Impfstoff vor, mit dem die quantitativen Engpässe dramatisch erleichtert werden könnten, der schon in mehreren Ländern wie dem Nicht-mehr-EU-Mitglied Großbritannien eine Notfallszulassung bekommen hat? Werden doch von den EU-Behörden nicht etwa neue Studien angestellt, sondern nur die vorhandenen und von der Pharma-Firma vorgelegten geprüft?
  12. Warum sagt Österreich nicht endlich laut und deutlich (sondern immer nur hinter vorgehaltener Hand) zur EU: Es ist ein Riesenskandal, wie sehr da bei der ganzen Impfstoff-Beschaffung geschlampt worden ist, wodurch die Schäden für die Wirtschaft noch vergrößert worden sind, statt dass man dem israelischen Beispiel gefolgt wäre, sich durch erhöhte Ausgaben für Impfstoff noch viel größere Ausgaben für noch längere Wirtschaftsschließung zu ersparen?
  13. Oder gibt es etwa auch schon einen Paragraphen, der jede Kritik an der EU verbietet?
  14. Warum wird von der Regierung und der EU noch immer geschwiegen zu den Entwicklungen beim Biontech/Pfizer-Impfstoff, der zwar bei den allermeisten problemlos funktioniert, der aber bei schwer gebrechlichen Hochbetagten im Nicht-EU-Land Norwegen schon zu 23 Todesfällen geführt hat, was dort schon die Behörden veranlasst hat, vom Einsatz bei dieser Gruppe abzuraten?
  15. Warum wird von Politik und Mainstreammedien noch immer total geschwiegen zum weit überdurchschnittlichen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund und schlechten Sprachkenntnissen an den Patienten in Intensivstationen (während gleichzeitig aber etwa von der Gemeinde Wien die Anmeldung für das Impfen nur auf Englisch, Türkisch oder Deutsch möglich ist – dieses noch dazu mit Einsprengseln im breitesten Wiener Dialekt - nicht aber auf Serbisch, Polnisch oder Rumänisch).
  16. Und last not least: Geradezu abenteuerlich ist schließlich das, was sich bei diesem "impfservice.wien" abspielt. Zuerst versucht man es elektronisch, wo man nach einiger Zeit auch durchkommt; da aber entdeckt man, dass man gemäß den Möglichkeiten des Computers nur eine Vorerkrankung haben darf. Daher wechselt man auf 1450, um das abzuklären. Das gibt man nach einer Stunde Anhören eines politisch korrekt gegenderten Tonbandes entnervt auf. Dann geht man wieder ins Internet und entscheidet sich halt für eine der Vorerkrankungen (und gibt dort unter anderem seine e-Card-Nummer wie auch sein Geburtsdatum ein, obwohl das eigentlich ohnedies in der e-card-Nummer steht). Dann bekommt man für einen einzigen von drei angemeldeten Namen ein Mail mit einem Link zum Bestätigen. Als man den anklickt, bekommt man ständig die Antwort: "Ungültiger Request". Und seither hat man keine Ahnung, ob die drei Menschen nun angemeldet sind oder nicht. So spielt es halt, wenn Bürokraten eine ganz einfache Sache zu programmieren versuchen ...

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