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Der kollektive Anschlag auf die Rechtsstaatlichkeit

Mit Spannung und Beklemmung müssen wir einem grauslichen Wettbewerb zusehen: Wird in der EU oder wird in Österreich derzeit schneller die Rechtsstaatlichkeit zertrümmert? Da wie dort sind diesbezüglich jedenfalls bedrückend viele eifrig am Werk.

In Österreich hat Innenminister Nehammer 15 von 17 fürs Wochenende geplante Demonstrationen verbieten und nur zwei Mini-Veranstaltungen genehmigen lassen. Er tut dies trotz des seit eineinhalb Jahrhunderten (mit ominösen Unterbrechungen) geltenden Grundrechts der Versammlungsfreiheit.

Nehammer und jene, die von ihm ein solches Verbot verlangt haben (Sebastian Kurz? Rudolf Anschober?),

  • begreifen einfach nicht, dass die läppischen Begründungen (bei den meisten früheren Kundgebungen ist die Maskenpflicht nicht eingehalten worden) verfassungsrechtlich niemals eine totale Aushebelung der Grund- und Freiheitsrechte rechtfertigen können.
  • Sie begreifen nicht, dass sie sich damit zum Mitschuldigen machen, wenn der Aggressionslevel in gefährliche, etwa gar niederländische Regionen steigt.
  • Sie begreifen nicht, dass die Menschen einfach zunehmend ein Ventil brauchen, um den aufgestauten Frust über elf Monate massiver Corona-Einschränkungen bisweilen ablassen zu können, auch wenn das oft der einzige wirkliche Sinn solcher Demonstrationen ist.
  • Sie begreifen nicht, dass wir weder in China noch in einem Kasernenhof leben.
  • Sie begreifen nicht, dass wir auch künftig nicht unter einer solchen Diktatur leben wollen.
  • Sie begreifen nicht, dass das Demoverbot unter dem Vorwand der Corona-Bekämpfung eigentlich ungeheuerlich ist, wenn gleichzeitig Skifahren und Eislaufen (samt dem damit verbundenen Anstellen) voll erlaubt sind, wo sich bisweilen halt auch Menschen unter freiem Himmel drängen.
  • Sie begreifen nicht, dass ausnahmsweise Nehammers Vorgänger Kickl voll Recht hat, wenn er darauf hinweist, dass nach früheren Demonstrationen keinerlei wahrnehmbarer Infektions-Cluster passiert ist, weshalb es unberechtigt ist, wenn Nehammer die neuen Kundgebungen wegen der Ansteckungsmöglichkeiten verbieten will.
  • Sie begreifen nicht, dass der Berater des Gesundheitsministers namens Heinz Mayer Unsinn redet, wenn er sagt, der Staat sei "verpflichtet, die Gesundheit zu schützen", und damit so tut, als sei diese gar nicht in der Verfassung stehende Behauptung ein höheres Rechtsgut als die verfassungsmäßigen Grund- und Freiheitsrechte.

Zugegeben: Im letzten Punkt muss man die Regierung fast in Schutz nehmen, denn man braucht etlichen Mut, laut zu sagen, dass diese Mayer-Behauptung unsinnig ist, tritt der Mann doch mit dem Nimbus auf, einst ein mächtiger Verfassungsrechtler gewesen zu sein.

Dennoch ist eindeutig: Dieser Mayer-Sager ist rechtsstaatlich wahnsinnig gefährlich. Würde sie stimmen, könnten die Grünen damit endgültig jede Rechtsstaatlichkeit aushebeln. Sie könnten auf diesen Satz aufbauend ein totalitäres Regime sondergleichen errichten: Sie könnten uns das Autofahren ebenso verbieten wie das Bergsteigen, das Alkoholtrinken ebenso wie das Wurstessen und tausend andere Dinge, die bei den zu spießigen Matronen gewordenen Grünen als nicht gesund und daher böse gelten.

Natürlich wird auch bei diesen Quer-"denker"-Demos inhaltlich unglaublich viel Schwachsinn verbreitet. Na und? Fast keine Demonstration der letzten Jahre war viel anderes als eine Schwachsinnsverbreitungs-Aktion. Die Menschen in einem freien Land haben aber ein Recht auf Schwachsinn, ob man diesen nun bei einer Demonstration findet, in bedrucktem Papier, in Radio oder Fernsehen, ob er von einem Universitätsprofessor kommt oder einem Politiker. Der größte Schwachsinn entsteht aber mit Sicherheit immer dann, wenn sich eine Regierung anmaßt, darüber zu entscheiden, welche Inhalte verbreitet werden dürfen.

Umso bedauerlicher ist, wenn ein pensionierter, aber anmietbarer Verfassungsprofessor dabei hilft, grün-totalitären Schwachsinnsanmutungen einen rechtsstaatlichen Tarnmantel zu geben. Eine weitere Attacke auf die Rechtsstaatlichkeit.

Am ungeheuerlichsten ist, dass der Innenminister das Verbot der Demonstrationen überdies auch mit der politischen Einstellung der Demonstranten begründet, unter denen sich angeblich irgendwelche "Altneonazis" verbergen. Was auch immer das eigentlich sein soll: Der Innenminister begreift nicht, dass alle Bürger volle Grund- und Freiheitsrechte haben, solange sie auf freiem Fuß sind, egal wie sie politisch eingestellt sind. Und auch eine noch so unerquickliche politische Meinung mancher Teilnehmer früherer Demonstrationen kann kein Grund sein, a priori künftige Demonstrationen zu verbieten.

Ähnlich ärgerlich ist, dass ganz knapp vor diesem Verbot eine andere Demonstration eines linksradikalen Klüngels rund um eine Neos-Abgeordnete und einen "Falter"-Redakteur stattgefunden hat. Diese richtete sich gegen eine gesetzlich vollkommen ordnungsgemäße Abschiebung einer Familie, die seit zwölf Jahren fünf rechtskräftige Ausreiseanordnungen ignoriert hat.

Bei dieser linken Demonstration ist nicht einmal der Versuch einer Anmeldung unternommen worden. Bei dieser ist im Gegensatz zu den bisher friedlichen Querdenker-Demonstrationen aggressiv der Versuch einer Blockade und der Behinderung der Polizeiarbeit unternommen worden. Dennoch hat die Polizei nicht einmal nachher den Versuch unternommen, die Namen der Teilnehmer zu eruieren, um ihnen Verwaltungsstrafen für ihr Verhalten zu erteilen.

Gilt in diesem Land anstelle des Rechtsstaats wirklich schon das Prinzip, dass man nur linksradikal genug sein muss, dass man dann alles darf? Während die anderen gar nichts dürfen?

Nehammer reiht sich mit diesem Verhalten nahtlos in eine Gruppe mit dem Bundespräsidenten und dem Vizekanzler. Diese haben am Tag davor ziemlich direkt die Polizei dazu aufgerufen, die rechtskräftigen Entscheidungen eines Gerichtes einfach zu ignorieren. Damals hat sich Nehammer noch an die Seite des Rechtsstaats gestellt. Am nächsten Tag schon nicht mehr.

Es ist beklemmend, wenn man feststellen muss, dass der Rechtsstaat an der Staatsspitze zu implodieren beginnt. Und dass die Bürger dieses Landes immer mehr darunter zu leiden haben.

Ununterbrochen findet aber auch eine Erdrosselung des Rechtsstaats durch einen Wust von ständig neu produzierten Gesetzen, Verordnungen, Erlässen und sonstigen Regeln statt. Ein in seiner ganzen kafkaesken Absurdität fast schon wieder köstliches Beispiel dafür hat mir ein Österreicher berichtet, der schlicht wissen wollte, ob er trotz Corona mit dem Auto von Salzburg über Bayern nach Vorarlberg fahren könne. Der Mann wird via Mail zwischen österreichischen und deutschen Behörden hin und her geschickt, bekommt von allen Befragten lange Schreiben mit einer Unzahl von Internet-Links zu allen möglichen Vorschriften. Nur eines bekommt er nicht: eine klare Antwort auf eine eigentlich einfache Frage.

Die Nicht-mehr-Rechtsunion

Der Blick auf die EU ist zumindest genauso schreckenerregend wie der aufs eigene Land. Dies gilt auch dann, wenn man sich nur auf das durch die Produktionsschwierigkeiten bei gleich allen drei bisher zugelassenen Impfstoff-Produzenten entstandene Drama konzentriert.

Diese Schwierigkeiten wären mit großer Wahrscheinlichkeit nicht oder nicht so geballt eingetreten, wenn Europa in ausreichenden Mengen und vor allem frühzeitig bei mehreren Pharmafirmen Impfstoff eingekauft hätte, da man ja nicht wissen kann, wer als erster fertig wird. Diese Firmen hätten dann rechtzeitig in den Bau von noch größeren Anlagen investiert. Dann müsste nicht erst jetzt – wie bei Biontech-Pfizer – Anlagen eine Zeit stillgelegt werden, damit man sie auf größere Mengen umstellt.

Israel, die USA und Großbritannien haben hingegen nicht geschlafen (und können sich daher auch problemlos an die "Rule of Law" halten). Nur einige Schlaglichter zu den Unterschieden zwischen diesen drei von allen Linksjournalisten ständig verhöhnten Ländern und der täglich in den meisten Medien angebeteten EU:

  1. US-Präsident Trump hat bereits im April zehn Milliarden Dollar für ein Projekt zur Entwicklung von Impfstoff investiert. Schon ab Mai beginnen die USA, Verträge mit fünf großen Impfstoffproduzenten abzuschließen. Am 22. Juli wird mit Biontech-Pfizer der Kauf von 600 Millionen Dosen vereinbart.
  2. In Europa gibt es zu diesem Zeitpunkt gar nichts. Am 17. Juni ist lediglich eine "Impfstoffstrategie" vorgestellt worden, in der nur davon die Rede war, "die Wirksamkeit der nationalen Impfstrategien zu überwachen".
  3. Vier vorausschauende Gesundheitsminister (also nicht der österreichische) wollten daher im Juni gemeinsam Kaufverträge fixieren. Sie wurden aber von Angela Merkel zurückgepfiffen: Die EU will es nun doch gemeinsam machen.
  4. Erst am 27. August gibt es den ersten Kaufvertrag durch die EU. Mit Biontech-Pfizer, also jenem Unternehmen, das dann im Dezember als erstes in vielen Ländern zugelassen wird, wird gar erst am 11. November der Kauf von 300 Millionen Impfdosen vereinbart. Mit Moderna (dem als zweiter zugelassenen Impfstoff) und Curevac (noch nicht zugelassen) wird noch später abgeschlossen.
  5. Israel hat heute schon die halbe Bevölkerung geimpft und kann bereits einen signifikanten Rückgang der Spitalsaufnahmen melden.
  6. Großbritannien hat schon mehr als 11 Prozent geimpft.
  7. In der EU sind es über 2 Prozent.

Nichts in den nur sehr rudimentär veröffentlichten Verträgen zeigt, dass die EU Recht mit ihren Behauptungen hätte, dass die ebenfalls säumige Firma AstraZeneca die EU dafür schadlos zu halten hätte, dass ihre Produktionsanlagen in Belgien (einem EU-Land) technische Probleme haben. Oder dass AstraZeneca deswegen Impfdosen von anderen Käufern, die viel früher und zu höheren Preisen abgeschlossen haben, in die EU umlenken muss.

Dennoch hat die EU daraufhin versucht, das Problem mit rechtsstaatswidriger Machtausübung anzugehen, um die durch eigenes Verschulden entstandenen Probleme zu lösen oder aber die Schuld auf wen anderen abzuschieben. Deshalb wird verkündet, dass man AstraZeneca "vorgeladen" hätte. Das ist ein Vokabular, als ob die EU die Polizei oder Strafrichter wäre, die andere "vorladen" könne. Dabei kann die EU AstraZeneca bestenfalls zu einem Gespräch einladen. Die EU ist nichts als ein Vertragspartner, der mit einem Lieferanten Meinungsverschiedenheiten über die Folgen dieser Produktionsschwierigkeiten hat. Normalerweise haben in einem Rechtsstaat Lieferant und Käufer ihre Differenzen vor einem Zivil(!)-Richter oder – wenn im Vertrag so vereinbart – vor einem Schiedsgericht auszutragen, wenn sie sich nicht einigen können. Dort wird niemand "vorgeladen".

Das zeigt: Jetzt geht es für Brüssel nicht mehr um die Frage, wer Recht hat, sondern um den Versuch, sich durch brutale Machttricks vom Käufer eines Impfstoffs zum Richter über die Impfstofferzeuger hochzuschwindeln. Oder aber auch: vom Schläfer zum tatkräftigen Akteur ....

Noch schlimmer ist der Vorschlag des Ratspräsidenten Charles Michel, der mit nebulosen Formulierungen "EU-Notfallmaßnahmen" nach Artikel 122 vorschlägt, was eigentlich nur bedeuten kann, dass die EU die Rechtsstaatlichkeit gnadenlos aushebeln will. Das zeigt, dass vielen in Brüssel die Machtanmaßung endgültig zu Kopf gestiegen ist und dort vielerlei vernebelt hat.

Dabei ist das Motiv für dieses Verhalten ganz eindeutig: Weil die EU mit katastrophal schlechten Verträgen viel zu spät und viel zu wenig der eigentlich notwendigen Impfmengen für die EU-Bürger gekauft hat, versucht man nun mit einem brachialen Auftreten, die Pharma-Firmen unter Druck zu setzen und sie zu zwingen, anderen Ländern, die rechtzeitig eingekauft und die einen höheren Preis bezahlt haben, die ihnen zustehenden Impfdosen wegzunehmen.

Am deutlichsten hat der deutsche Grünabgeordnete Giegold die infamen Absichten enthüllt: Er verlangt einfach, den Patentschutz für die Impf-Zusammensetzung zu brechen. Er nennt das kafkaesk verlogen "das Patent freigeben", und behauptet: "Das geht über Artikel 122 des Vertrags". Auch Michel sehe das so.

Wenn die EU das wirklich tut – was angesichts der Mega-Pleite bei der Impfstoffbeschaffung offensichtlich manchen ernsthaft durch den Kopf geht –, dann verhält sie sich noch viel mieser als der von allen Linken verdammte Donald Trump, aber auch mieser als China. Dort werden zwar westlichen Firmen auch ständig ihre Patente gestohlen. Aber dort stellt sich wenigstens der Staatspräsident nicht offiziell hin und tut so, als ob das rechtens wäre.

Ähnlich niederträchtig – und vor allem ähnlich selbstbeschädigend für Europa – wären Exportbeschränkungen, die jetzt ebenfalls diskutiert und von den dortigen Korrespondenten kritiklos rapportiert werden. Der CDU-Abgeordnete Peter Liese hat als erster gedroht: Wenn AstraZeneca nicht liefere, würde die CDU die Biontech-Lieferungen an Großbritannien stoppen. Inzwischen haben immer mehr EU-Quellen diesen Vorschlag aufgegriffen.

Ein solches Vorgehen wäre aber niederträchtig, absurd, dumm und ein Hohn für das Rechtsstaatsprinzip.

  • Denn er wäre eine grobe Verletzung des europäisch-britischen EU-Austrittsvertrags, denn  zum Zweck einer Exportkontrolle müssten an der irisch-nordirischen Grenze Grenzkontrollen eingeführt werden: Das wollen aber weder Dublin noch London. Darauf, dass es dort keine Kontrollen gibt, hat bei den Verhandlungen immer vor allem die EU bestanden!
  • Denn natürlich würden Exportbeschränkungen der EU von anderen Staaten mit gleicher Münze beantwortet werden.
  • Denn längst gibt es keinen industriellen Vorgang mehr, der nicht viele Produkte aus mehreren Ländern umfassen würde.
  • Denn damit könnte sich die EU selber aus manchen Produktionsketten hinausschießen, wenn industrielle Partner jedes Risiko vermeiden wollen.
  • Denn dann würden sofort auch alle anderen Länder anfangen, sich über die Patentrechte europäischer Firmen hinwegsetzen.
  • Denn dann würde die ganze Welt sich gegenseitig erpressen und bestehlen.
  • Und sollten die anderen Länder das alles der EU doch nicht mit gleicher Münze zurückzahlen – würde jedenfalls kein Investor, kein Unternehmen mehr in der EU investieren, weil er ja gelernt hat, dass die EU hemmungslos stiehlt.

Das alles beweist: In Brüssel liegen die Nerven blank, weil man zu spät und zu wenig eingekauft hat. Jetzt will man den starken Mann mimen, weil die verantwortlichen Damen in der Frauen-Quoten-Kommission – die Präsidentin Von der Leyen und die aus Zypern stammende Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides – im vergangenen Sommer geschlafen und die dringenden Notwendigkeiten der Beschaffung von möglichst viel Impfstoff nicht begriffen haben.

Sie haben nicht begriffen, dass man froh sein müsste, wenn man überhaupt ausreichend und vor allem frühzeitig Impfstoff bekommt.

  • Die EU hat stattdessen um einen niedrigen Preis gekämpft.
  • Die EU hat stattdessen darauf bestanden, dass die Hersteller die Produkthaftung übernehmen (was natürlich ein zusätzlicher Grund ist, um die Lieferung an die EU nicht als erstes vorzunehmen).
  • Die EU war überdies nicht wie Israel bereit, der Lieferfirma alle gesundheitsspezifischen Daten der Geimpften zu überlassen (was für die weitere Forschung wichtig ist; was in Israel möglich ist, weil das Land mit den elektronischen Gesundheitsdaten hochentwickelt ist und weil nicht wie in Europa Datenschutzhysteriker fast jeden sinnvollen IT-Einsatz verhindern).

Jetzt wollen sich die Kommissarinnen zynisch und brutal, um die eigenen Fehler zu überdecken, über die noch vor wenigen Monaten von einer anderen Kommissarin, Frau Jourová, so lautstark verkündeten "Rechtsstaats"-Phrasen hinwegsetzen, mit dem diese an anderer Front Nationen demütigen wollen.

PS: Auch wenn ich bei NGOs immer extrem skeptisch bin, fällt zumindest auf, dass die Entwicklungsorganisation One" ausgerechnet AstraZeneca bescheinigt, bei der Verteilung des Impfstoffes besonders fair vorzugehen: "AstraZeneca hat versprochen, während der Pandemie keinen Profit mit seinem Impfstoff erzielen zu wollen."

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