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Mit Spannung und Beklemmung müssen wir einem grauslichen Wettbewerb zusehen: Wird in der EU oder wird in Österreich derzeit schneller die Rechtsstaatlichkeit zertrümmert? Da wie dort sind diesbezüglich jedenfalls bedrückend viele eifrig am Werk.
In Österreich hat Innenminister Nehammer 15 von 17 fürs Wochenende geplante Demonstrationen verbieten und nur zwei Mini-Veranstaltungen genehmigen lassen. Er tut dies trotz des seit eineinhalb Jahrhunderten (mit ominösen Unterbrechungen) geltenden Grundrechts der Versammlungsfreiheit.
Nehammer und jene, die von ihm ein solches Verbot verlangt haben (Sebastian Kurz? Rudolf Anschober?),
Zugegeben: Im letzten Punkt muss man die Regierung fast in Schutz nehmen, denn man braucht etlichen Mut, laut zu sagen, dass diese Mayer-Behauptung unsinnig ist, tritt der Mann doch mit dem Nimbus auf, einst ein mächtiger Verfassungsrechtler gewesen zu sein.
Dennoch ist eindeutig: Dieser Mayer-Sager ist rechtsstaatlich wahnsinnig gefährlich. Würde sie stimmen, könnten die Grünen damit endgültig jede Rechtsstaatlichkeit aushebeln. Sie könnten auf diesen Satz aufbauend ein totalitäres Regime sondergleichen errichten: Sie könnten uns das Autofahren ebenso verbieten wie das Bergsteigen, das Alkoholtrinken ebenso wie das Wurstessen und tausend andere Dinge, die bei den zu spießigen Matronen gewordenen Grünen als nicht gesund und daher böse gelten.
Natürlich wird auch bei diesen Quer-"denker"-Demos inhaltlich unglaublich viel Schwachsinn verbreitet. Na und? Fast keine Demonstration der letzten Jahre war viel anderes als eine Schwachsinnsverbreitungs-Aktion. Die Menschen in einem freien Land haben aber ein Recht auf Schwachsinn, ob man diesen nun bei einer Demonstration findet, in bedrucktem Papier, in Radio oder Fernsehen, ob er von einem Universitätsprofessor kommt oder einem Politiker. Der größte Schwachsinn entsteht aber mit Sicherheit immer dann, wenn sich eine Regierung anmaßt, darüber zu entscheiden, welche Inhalte verbreitet werden dürfen.
Umso bedauerlicher ist, wenn ein pensionierter, aber anmietbarer Verfassungsprofessor dabei hilft, grün-totalitären Schwachsinnsanmutungen einen rechtsstaatlichen Tarnmantel zu geben. Eine weitere Attacke auf die Rechtsstaatlichkeit.
Am ungeheuerlichsten ist, dass der Innenminister das Verbot der Demonstrationen überdies auch mit der politischen Einstellung der Demonstranten begründet, unter denen sich angeblich irgendwelche "Altneonazis" verbergen. Was auch immer das eigentlich sein soll: Der Innenminister begreift nicht, dass alle Bürger volle Grund- und Freiheitsrechte haben, solange sie auf freiem Fuß sind, egal wie sie politisch eingestellt sind. Und auch eine noch so unerquickliche politische Meinung mancher Teilnehmer früherer Demonstrationen kann kein Grund sein, a priori künftige Demonstrationen zu verbieten.
Ähnlich ärgerlich ist, dass ganz knapp vor diesem Verbot eine andere Demonstration eines linksradikalen Klüngels rund um eine Neos-Abgeordnete und einen "Falter"-Redakteur stattgefunden hat. Diese richtete sich gegen eine gesetzlich vollkommen ordnungsgemäße Abschiebung einer Familie, die seit zwölf Jahren fünf rechtskräftige Ausreiseanordnungen ignoriert hat.
Bei dieser linken Demonstration ist nicht einmal der Versuch einer Anmeldung unternommen worden. Bei dieser ist im Gegensatz zu den bisher friedlichen Querdenker-Demonstrationen aggressiv der Versuch einer Blockade und der Behinderung der Polizeiarbeit unternommen worden. Dennoch hat die Polizei nicht einmal nachher den Versuch unternommen, die Namen der Teilnehmer zu eruieren, um ihnen Verwaltungsstrafen für ihr Verhalten zu erteilen.
Gilt in diesem Land anstelle des Rechtsstaats wirklich schon das Prinzip, dass man nur linksradikal genug sein muss, dass man dann alles darf? Während die anderen gar nichts dürfen?
Nehammer reiht sich mit diesem Verhalten nahtlos in eine Gruppe mit dem Bundespräsidenten und dem Vizekanzler. Diese haben am Tag davor ziemlich direkt die Polizei dazu aufgerufen, die rechtskräftigen Entscheidungen eines Gerichtes einfach zu ignorieren. Damals hat sich Nehammer noch an die Seite des Rechtsstaats gestellt. Am nächsten Tag schon nicht mehr.
Es ist beklemmend, wenn man feststellen muss, dass der Rechtsstaat an der Staatsspitze zu implodieren beginnt. Und dass die Bürger dieses Landes immer mehr darunter zu leiden haben.
Ununterbrochen findet aber auch eine Erdrosselung des Rechtsstaats durch einen Wust von ständig neu produzierten Gesetzen, Verordnungen, Erlässen und sonstigen Regeln statt. Ein in seiner ganzen kafkaesken Absurdität fast schon wieder köstliches Beispiel dafür hat mir ein Österreicher berichtet, der schlicht wissen wollte, ob er trotz Corona mit dem Auto von Salzburg über Bayern nach Vorarlberg fahren könne. Der Mann wird via Mail zwischen österreichischen und deutschen Behörden hin und her geschickt, bekommt von allen Befragten lange Schreiben mit einer Unzahl von Internet-Links zu allen möglichen Vorschriften. Nur eines bekommt er nicht: eine klare Antwort auf eine eigentlich einfache Frage.
Der Blick auf die EU ist zumindest genauso schreckenerregend wie der aufs eigene Land. Dies gilt auch dann, wenn man sich nur auf das durch die Produktionsschwierigkeiten bei gleich allen drei bisher zugelassenen Impfstoff-Produzenten entstandene Drama konzentriert.
Diese Schwierigkeiten wären mit großer Wahrscheinlichkeit nicht oder nicht so geballt eingetreten, wenn Europa in ausreichenden Mengen und vor allem frühzeitig bei mehreren Pharmafirmen Impfstoff eingekauft hätte, da man ja nicht wissen kann, wer als erster fertig wird. Diese Firmen hätten dann rechtzeitig in den Bau von noch größeren Anlagen investiert. Dann müsste nicht erst jetzt – wie bei Biontech-Pfizer – Anlagen eine Zeit stillgelegt werden, damit man sie auf größere Mengen umstellt.
Israel, die USA und Großbritannien haben hingegen nicht geschlafen (und können sich daher auch problemlos an die "Rule of Law" halten). Nur einige Schlaglichter zu den Unterschieden zwischen diesen drei von allen Linksjournalisten ständig verhöhnten Ländern und der täglich in den meisten Medien angebeteten EU:
Nichts in den nur sehr rudimentär veröffentlichten Verträgen zeigt, dass die EU Recht mit ihren Behauptungen hätte, dass die ebenfalls säumige Firma AstraZeneca die EU dafür schadlos zu halten hätte, dass ihre Produktionsanlagen in Belgien (einem EU-Land) technische Probleme haben. Oder dass AstraZeneca deswegen Impfdosen von anderen Käufern, die viel früher und zu höheren Preisen abgeschlossen haben, in die EU umlenken muss.
Dennoch hat die EU daraufhin versucht, das Problem mit rechtsstaatswidriger Machtausübung anzugehen, um die durch eigenes Verschulden entstandenen Probleme zu lösen oder aber die Schuld auf wen anderen abzuschieben. Deshalb wird verkündet, dass man AstraZeneca "vorgeladen" hätte. Das ist ein Vokabular, als ob die EU die Polizei oder Strafrichter wäre, die andere "vorladen" könne. Dabei kann die EU AstraZeneca bestenfalls zu einem Gespräch einladen. Die EU ist nichts als ein Vertragspartner, der mit einem Lieferanten Meinungsverschiedenheiten über die Folgen dieser Produktionsschwierigkeiten hat. Normalerweise haben in einem Rechtsstaat Lieferant und Käufer ihre Differenzen vor einem Zivil(!)-Richter oder – wenn im Vertrag so vereinbart – vor einem Schiedsgericht auszutragen, wenn sie sich nicht einigen können. Dort wird niemand "vorgeladen".
Das zeigt: Jetzt geht es für Brüssel nicht mehr um die Frage, wer Recht hat, sondern um den Versuch, sich durch brutale Machttricks vom Käufer eines Impfstoffs zum Richter über die Impfstofferzeuger hochzuschwindeln. Oder aber auch: vom Schläfer zum tatkräftigen Akteur ....
Noch schlimmer ist der Vorschlag des Ratspräsidenten Charles Michel, der mit nebulosen Formulierungen "EU-Notfallmaßnahmen" nach Artikel 122 vorschlägt, was eigentlich nur bedeuten kann, dass die EU die Rechtsstaatlichkeit gnadenlos aushebeln will. Das zeigt, dass vielen in Brüssel die Machtanmaßung endgültig zu Kopf gestiegen ist und dort vielerlei vernebelt hat.
Dabei ist das Motiv für dieses Verhalten ganz eindeutig: Weil die EU mit katastrophal schlechten Verträgen viel zu spät und viel zu wenig der eigentlich notwendigen Impfmengen für die EU-Bürger gekauft hat, versucht man nun mit einem brachialen Auftreten, die Pharma-Firmen unter Druck zu setzen und sie zu zwingen, anderen Ländern, die rechtzeitig eingekauft und die einen höheren Preis bezahlt haben, die ihnen zustehenden Impfdosen wegzunehmen.
Am deutlichsten hat der deutsche Grünabgeordnete Giegold die infamen Absichten enthüllt: Er verlangt einfach, den Patentschutz für die Impf-Zusammensetzung zu brechen. Er nennt das kafkaesk verlogen "das Patent freigeben", und behauptet: "Das geht über Artikel 122 des Vertrags". Auch Michel sehe das so.
Wenn die EU das wirklich tut – was angesichts der Mega-Pleite bei der Impfstoffbeschaffung offensichtlich manchen ernsthaft durch den Kopf geht –, dann verhält sie sich noch viel mieser als der von allen Linken verdammte Donald Trump, aber auch mieser als China. Dort werden zwar westlichen Firmen auch ständig ihre Patente gestohlen. Aber dort stellt sich wenigstens der Staatspräsident nicht offiziell hin und tut so, als ob das rechtens wäre.
Ähnlich niederträchtig – und vor allem ähnlich selbstbeschädigend für Europa – wären Exportbeschränkungen, die jetzt ebenfalls diskutiert und von den dortigen Korrespondenten kritiklos rapportiert werden. Der CDU-Abgeordnete Peter Liese hat als erster gedroht: Wenn AstraZeneca nicht liefere, würde die CDU die Biontech-Lieferungen an Großbritannien stoppen. Inzwischen haben immer mehr EU-Quellen diesen Vorschlag aufgegriffen.
Ein solches Vorgehen wäre aber niederträchtig, absurd, dumm und ein Hohn für das Rechtsstaatsprinzip.
Das alles beweist: In Brüssel liegen die Nerven blank, weil man zu spät und zu wenig eingekauft hat. Jetzt will man den starken Mann mimen, weil die verantwortlichen Damen in der Frauen-Quoten-Kommission – die Präsidentin Von der Leyen und die aus Zypern stammende Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides – im vergangenen Sommer geschlafen und die dringenden Notwendigkeiten der Beschaffung von möglichst viel Impfstoff nicht begriffen haben.
Sie haben nicht begriffen, dass man froh sein müsste, wenn man überhaupt ausreichend und vor allem frühzeitig Impfstoff bekommt.
Jetzt wollen sich die Kommissarinnen zynisch und brutal, um die eigenen Fehler zu überdecken, über die noch vor wenigen Monaten von einer anderen Kommissarin, Frau Jourová, so lautstark verkündeten "Rechtsstaats"-Phrasen hinwegsetzen, mit dem diese an anderer Front Nationen demütigen wollen.
PS: Auch wenn ich bei NGOs immer extrem skeptisch bin, fällt zumindest auf, dass die Entwicklungsorganisation One" ausgerechnet AstraZeneca bescheinigt, bei der Verteilung des Impfstoffes besonders fair vorzugehen: "AstraZeneca hat versprochen, während der Pandemie keinen Profit mit seinem Impfstoff erzielen zu wollen."