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Wenn der amerikanische Präsident die letzten Stunden seiner Amtszeit extensiv ausnutzt, handelt er zwar noch im Rahmen der Verfassung, aber dennoch sehr problematisch. Das wird von den hiesigen Medien zu Recht breit berichtet (mit dem üblichen Hass-Zusatz). Wenn der österreichische Bundespräsident in den letzten Stunden vor Weihnachten an die Grenzen der österreichischen Verfassung zumindest schrammt und einen Schaden für die Republik auslöst, wird das in Österreich hingegen nirgendwo thematisiert.
Tatsache ist, dass im Artikel 67 der Bundesverfassung ausdrücklich steht: "Alle Akte des Bundespräsidenten erfolgen, soweit nicht verfassungsmäßig anders bestimmt, auf Vorschlag der Bundesregierung". Eine öffentliche Wortmeldung als Bundespräsident ist sicher ein Akt, der eigentlich unter diese Bestimmung fallen müsste. Daher hat auch noch nie ein Bundespräsident die Bundesregierung öffentlich kritisiert oder ihr öffentlich widersprochen. Er könnte die Regierung zwar hinausschmeißen. Aber solange er das nicht tut, hat er den Mund zu halten und auf ihre Vorschläge zu warten. Er kann die Regierung maximal intern kritisieren. Ohne dass sich diese daran zu halten hätte.
Es ist auch nirgendwo anders "verfassungsmäßig bestimmt", dass Alexander Van der Bellen das Recht hätte, von der Regierung öffentlich die Aufnahme von Kindern, die auf Lesbos angeblich "im Dreck hausen", zu verlangen. Und zu fordern, dass man jetzt etwas tun müsse, damit Kinder von der griechischen Insel Lesbos nach Österreich weiterreisen könnten.
Dieser Auftritt des Altgrünen ist gleich auf drei Ebenen problematisch:
Auch wenn Van der Bellen nie Jus studiert hat, müsste er um die engen Grenzen wissen, die die österreichische Verfassung dem Präsidenten setzt, im Gegensatz etwa zur amerikanischen. So kann der Herr im Weißen Haus auch im letzten Augenblick seiner Amtszeit verurteilte Freunde begnadigen. Während der Österreicher selbst dafür immer auf einen entsprechenden Vorschlag der Regierung warten muss.
Wenn Van der Bellen dennoch öffentlich sagt, die Regierung müsse etwas tun (denn der "man" ist halt nur die Regierung), und wenn diese Regierung (die ja nur einstimmig etwas tun kann) längst klar gemacht hat, dass sie das nicht tun will, dann hat das einen klaren Effekt: Vor der Bevölkerung ist ein offener Zwist der beiden höchsten Exekutivorgane ausgebreitet worden.
Das erschüttert überflüssig das Vertrauen in die Institutionen der Republik. Das macht auch jenen vielen Österreichern, die die Verfassung nicht genau kennen, deutlich, was für ein Papiertiger der Bundespräsident eigentlich ist. Daher haben klügere Vorgänger Van der Bellens solche direkte Konfrontation auch immer vermieden.
Der Mann hat mit dieser Überschreitung seiner Grenzen nämlich nicht an Macht und Einfluss gewonnen, sondern eindeutig verloren. Die Österreicher haben nun sehr anschaulich seine Irrelevanz vor Augen geführt bekommen.
Höchstwahrscheinlich wird unklar bleiben, ob Van der Bellen die Verfassung auch formaljuristisch verletzt hat. Denn um das festzustellen, bräuchte es eine Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof. Und für diese bräuchte es wiederum eine Zweidrittelmehrheit in der Bundesversammlung (Nationalrat plus Bundesrat). Da eine solche angesichts der drei hinter Van der Bellen stehenden Linksparteien völlig illusorisch ist, unternimmt wohlweislich niemand Schritte gegen die Grenzüberschreitung. Die Selbstbeschädigung Van der Bellens würde ja in Vergessenheit geraten, wenn ein solcher Anklageversuch scheitert.
Die vielen sachlichen Gründe, warum eine parlamentarische und zweifellos auch Wähler-Mehrheit dieses Verlangen Van der Bellens für schlecht hält, sind hier schon mehrmals aufgelistet worden. Daher nur noch schlagwortartig:
Als alter Parteipolitiker hätte Van der Bellen eigentlich auch die parteipolitischen Konsequenzen seines Agierens besser überlegen müssen. Denn die vom ORF und den üblichen linken und linkskatholischen NGOs gestartete und nun von ihm unterstützte Aktion, die Weihnachtberichterstattung ganz ins Zeichen des "Wir holen weitere Moslems aus Lesbos nach Österreich" zu stellen, schadet vor allem einer Partei: den Grünen.
So gut wie jeder linke Journalist im Lande – und das ist ja die große Mehrheit – hat in den letzten Tagen heftige Kritik an den Grünen formuliert, weil sie sich in Sachen Lesbos in der Regierung nicht durchsetzen können. Dabei war vom ersten Tag dieser Koalition klar, dass die ÖVP den Grünen zwar die Verbrennung von Milliarden im Zuge der Klimapanik-Politik zugestanden hat, aber im Gegenzug von den Grünen die Zusage bekommen hat, dass sich an der restriktiven Politik Österreichs in Sachen Migration nichts ändern wird.
Wenn der linke Mainstream dennoch in den letzten Tagen ständig die Grünen als Versager und Hampelmann der ÖVP vorgeführt hat, dann hat er ihnen dadurch zweifellos massiv geschadet, und Rot und Pink genutzt. Während die SPÖ in dieser Frage gespalten ist, können vor allem die Neos davon profitieren. Das kommt diesen derzeit besonders willkommen. Haben sie doch durch den eher peinlich wirkenden Wiener Koalitionseinzug eigentlich bei etlichen ihrer Wähler Probleme bekommen. Aber dank Lesbos und Van der Bellen können sich die Neos jetzt als die linkeren Grünen profilieren und solcherart abströmende Wähler kompensieren.
Diese Politik eines "die Neos sind die besseren Grünen" war schon seit einem Jahr überall bemerkbar, nachdem die Grünen in die Regierung eingetreten sind. So sind die Neos beispielsweise in fast allen Wiener Bezirken seit einiger Zeit führend mit Vorschlägen dabei, wie man noch mehr Parkplätze für Radspuren und Baumpflanzungen opfern kann; und wie man noch mehr Schwulenförderung betreiben kann.
Ob sich Van der Bellen bewusst für eine Aktion einspannen hat lassen, die seinen Grünen ziemlich schadet? Ich zweifle. So weit denkt er in der Regel nicht.
Er wird sich auch nicht bewusst geworden sein, dass er der ÖVP ziemlich geholfen hat. Denn Sebastian Kurz steht nun als einer da, an dem sogar der Bundespräsident scheitert. Kurz ist wieder der einzige Fels in der Brandung bei der Abwehr neuer Migrationsströme. Das nimmt jedem freiheitlichen Versuch den Spielraum, sich selbst als die wahre Antimigrationspartei zu profilieren und mit diesem für viele Wähler nach wie vor dominanten Thema wieder Wähler von der ÖVP zurückzuholen.
Damit wird übrigens auch die Tatsache übertüncht, dass jene Minister, die Kurz in den letzten Tagen zu Interviews vorgeschickt hat, um auf den Vorstoß der Migrationslobby von ORF und NGOs zu replizieren, einen recht schwachen Eindruck gemacht haben.
PS: Van der Bellen hat diesen Vorstoß bei einem Auftritt zugunsten der ORF-Aktion "Licht ins Dunkel" gemacht. Aber auch diese Aktion selbst zeigt die Wahrheitsmanipulationsmaschine des ORF in voller Verlogenheit: Hat der ORF doch jetzt am 25. Dezember triumphiert, dass "Licht ins Dunkel" die Summe von zehn Millionen eingebracht habe. Der Gebührensender sagt aber nicht dazu, dass die katholischen Sternsinger jedes Jahr weit mehr für einen guten Zweck gesammelt haben als der ORF (zumindest als sie noch singend von Haus zu Haus gehen durften). Und er erwähnt schon gar nicht, dass zehn Millionen auch sonst kein Erfolg, sondern eine ziemliche Blamage sind, zeigt doch das Archiv aus den letzten Jahren "Erfolgs"-Meldungen über 13,8 sowie 15,5 und 16,8 Millionen.