Elf Bücher, die Freude machen, die Sorge machen
11. Dezember 2020 00:42
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 7:00
Heute darf ich eine bunte Sammlung von Büchern vorstellen, die ich für interessant, lesenswert und auch schenkenswert halte. Wie immer mit der ausdrücklichen Empfehlung, beim stationären Buchhandel einzukaufen. Aber als Hilfe für jene, die in diesen Tagen nicht außer Haus gehen wollen, und für jene, die vor dem Kauf gern ein paar Seiten gleichsam zum Test lesen wollen, habe ich jeweils – soweit vorhanden – auch den Amazon-Link hinzugefügt.
Es mag Zufall sein, dass mir heuer als erstes gleich viermal ein Buch einer – jede auf eine andere Art – eindrucksvollen Frau in die Tastatur kommt. Aber vielleicht ist es bezeichnend dafür, dass heute in mancherlei Hinsicht Frauen mutiger und prägnanter sind als viele Männer. Bedauerlich ist nur, dass alle vier aus Deutschland kommen, während ich in Österreich schon lange nicht mehr auf eine eindrucksvolle Autorin gestoßen bin …
- Gabriele Kuby fällt schon seit Jahren durch ihren tapferen und mutigen Kampf für konservative Werte auf. Die Soziologin engagiert sich insbesondere für Kinder, an denen unsere Gesellschaft jede Menge Verbrechen begeht: durch Abtreibung, durch die staatliche Kollektivbetreuung vom Kleinstkinderalter an, durch die Sexualisierung in Kindergarten und Schule, durch die Smartphone-Epidemie mit Zugang zur Pornografie und durch die oft traumatischen Folgen einer Scheidung. Ihre harte Anklage: "Wir plündern nicht nur unseren Planeten, sondern zerlegen die Grundzellen unseres menschlichen Zusammenlebens." Gabriele Kuby: "Die Verlassene Generation".
- Birgit Kelle ist seit Jahren die brillanteste und zugleich am besten schreibende Kämpferin wider die Irrwege des Feminismus. Auch in ihrem neuesten Band setzt sie sich mit neuen Absurditäten der linken Gender- und Identitätspolitik auseinander. Sie macht das zwar sehr witzig und voller Pointen, aber zugleich ist ihre Empörung unüberhörbar, wie völlig normale Menschen über Nacht mit irgendeinem Schlagwort wie "transphob" oder "homophob" als Schmuddelkind in eine rechte Ecke gestellt werden. Birgit Kelle: "Noch Normal? Das lässt sich gendern! – Genderpolitik ist das Problem, nicht die Lösung".
- Eine weitere eindrucksvolle deutsche Autorin, die sich ebenfalls mit einem Männer-Frauen-Themenkreis befasst: Monika Maron. Sie war schon in der DDR als "politisch unberechenbar" unterwegs. In einem neuen Roman befasst sie sich mit der Krise des Mannes, der von der heutigen Gesellschaft weitgehend entmannt worden ist. Ihr Wunsch lässt sich in dem – völlig unzeitgemäß klingenden – Satz zusammenfassen: Unsere Welt braucht dringender denn je "Helden". Der Held, so zeigt Maron, ist völlig zu Unrecht in Verruf geraten. Diese Überzeugung macht die Autorin in den Dialogen ihrer Romanfiguren überaus anschaulich deutlich. Voller Verachtung für die heutigen verweichlichten Männer ist Maron überzeugt, dass Dienst und Opfer der wahre Sinn des Lebens sind. Monika Maron: "Artur Lanz".
- Wenn man ein Buch von Monika Gruber, der vierten Frau in unserer Reihe, zur Hand nimmt, kann man oft lachen, zumindest schmunzeln – auch wenn das Objekt der Heiterkeit eigentlich meist etwas ist, worüber man sich eigentlich ärgern muss. Die bayrische Kabarettistin setzt ihre Pointen aber so herrlich politisch inkorrekt und bodenständig, dass die Lektüre in Zeiten, da Politik und Political Correctness den geistigen Horizont rund um uns und unsere eigene Meinungsfreiheit immer enger zurren, ein befreiendes Durchatmen auslöst. Monika Gruber und Andreas Hock: "Und erlöse uns von den Blöden: Vom Menschenverstand in hysterischen Zeiten".
- Nicht mit kabarettistischen Pointen, sondern mit dem Gewicht des ernsten Wissenschaftlers befasst sich David Engels mit sehr ähnlichen Fragen. Der belgisch-deutsche Wissenschaftler, der derzeit in Polen lehrt, ist heute einer der interessantesten und wichtigsten zeitgenössischen Historiker Europas. Er ist von einer sehr pessimistischen Weltsicht geprägt, wobei er sich diesmal nicht mehr wie in einem früheren Werk mit den großen historischen Zusammenhängen rund um den Untergang der altrömischen Republik befasst und dem, was wir daraus lernen können, sondern mit der individuellen Haltung und dem konkreten Handeln des Einzelnen angesichts des heute unvermeidlich scheinenden Untergangs des christlichen Abendlandes. Mit dem, was man trotz allem tun kann. Er verkörpert eine Art heroischer Existenzialismus (Oops, in "heroisch" steckt ja schon wieder das Wort "Held" drinnen ...). David Engels: "Was tun? Leben mit dem Niedergang Europas".
- Fast als Gegenstück zu Engels kann Markus Spieker gesehen werden. Spieker ist zwar ebenfalls Historiker und zutiefst geistig fest in diesem christlichen Abendland verankert – aber er ist im Unterschied zu Engels von einem überwältigend großen Grundoptimismus getragen, auch wenn er viele Entwicklungen ungeschminkt kritisiert. Das hat man schon an seinem Buch "Übermorgenland" gemerkt, das der damalige ARD-Korrespondent mit faszinierenden Beobachtungen in und über Südasien geschrieben hat (wobei ein bekennend christlicher Korrespondent bei einem Gebührensender ja wie ein weißer Elefant anmutet …). Spieker hat in den letzten sieben Jahren sein Opus magnum verfasst, ein monumentales Buch über Jesus, den er als die weitaus wichtigste Person der Weltgeschichte erlebt. In einem dicken Wälzer erzählt er nicht nur das Leben von Jesus Christus sondern befasst sich in christlich geprägter Reflexion auch mit der gesamten Weltgeschichte von den Anfängen der Zivilisation bis in die unmittelbare Gegenwart. In all seinen Schilderungen und Interpretationsansätzen ist er unverkennbar nicht nur Christ, sondern auch Optimist. Markus Spieker: "Jesus. Eine Weltgeschichte".
- Thorsten Polleit befasst sich im Grund mit einer ähnlichen Fragestellung wie Engels oder Spieker. Nämlich mit der Frage, wie menschliches Leben gelingen kann, wie die Menschen am besten friedlich zusammenleben können, wie sie dabei ihre Freiheit bewahren können. Er findet seine Antworten vor allem auf wirtschaftlich-politischer Ebene. Thorsten Polleit zeigt, wie der Kapitalismus hilft, eine bessere Welt zu schaffen, wobei er sehr bewusst dieses von Linken auf die Todesliste gesetzte Reizwort verwendet. Im besonderen Zentrum seines Denkens steht dabei die zentrale Rolle des Währungs- und Geldsystems. Thorsten Polleit: "Der Antikapitalist – Ein Weltverbesserer, der keiner ist."
- Mit einem ganz anderen großen Weltproblem befasst sich Thilo Sarrazin in seinem neuen großen Buch, das diesmal vom linken Mainstream nicht mehr wütend bekämpft, sondern gezielt totgeschwiegen wird, weil man ihm ja noch nie einen Fehler nachweisen hat können. Darin befasst sich Sarrazin eingehend mit dem Thema Migration. Er tut dies nicht nur in Hinblick auf die letzten fünf Jahre, als durch Verschulden Deutschlands die große Völkerwanderung eingesetzt hat. Er befasst sich vielmehr auch mit vielen historischen Migrationswellen. Wobei es ihm gelingt, viele – bedrohliche – Gemeinsamkeiten dieser Wellen herauszuarbeiten. Besonders schockierend für den Mainstream muss es sein, wie Sarrazin beweist, dass die Auswanderung so vieler ihrer Bürger den Nationen Afrikas und Asiens keineswegs hilft, sondern schadet; wie er zeigt, dass die ausgeprägteste Form der Sklaverei im islamischen und nicht im europäisch-amerikanischen Kulturkreis stattgefunden hat; und wie er klarmacht, dass nur eine klare Durchsetzung der eigenen Leitkultur das Überleben Deutschlands sichern könnte. Thilo Sarrazin: "Der Staat an seinen Grenzen. Über Wirkung von Einwanderung in Geschichte und Gegenwart."
- Zum Schluss doch noch drei österreichische Titel. Der erste ist ein großes Sammelwerk österreichischer und internationaler Wissenschaftler über den Anschluss 1938. Im Gegensatz zu vielen anderen Anschluss-Büchern steht dabei das Desinteresse vieler Drittländer am damaligen Österreich im Zentrum. Fast jedes Land hatte andere Gründe, warum es damals wegschaute. Fast überall war der Anschluss wie der Vollzug eines ohnedies schon lange erwarteten Ereignisses angesehen worden. Zugleich blitzen auch Phasen der innerösterreichischen Geschichte in der Zwischenkriegszeit auf, etwa der Konflikt zwischen Ignaz Seipel, der ein Zusammenrücken der mitteleuropäischen Nachfolgestaaten der Monarchie anstrebte, um Österreich international zu verankern, und dem Anschluss-orientierten Sozialdemokraten Otto Bauer, der in Seipels Ideen eine "imperialistische" Strategie ausländischer Mächte erkannt hat, die Österreich unter slawische Vorherrschaft bringen möchten, nur um eine österreichisch-deutsche Annäherung zu verhindern. Stefan Karner – Peter Ruggenthaler (Hg): "1938 – Der Anschluss im internationalen Kontext" (leykam).
- Markus Hengstschläger ist längst als Autor populärwissenschaftlicher Bücher landesweit bekannt. Auch in diesem Buch zeigt er, wie er Wissenschaftliches gut verständlich darstellen kann. Er ist aber diesmal weit in die Gesellschaftspolitik gerutscht. Wie fast immer befasst er sich mit den Genen und damit, wie weit diese unser Leben bestimmen können. Er fasst seine Antwort in einem schönen Satz zusammen: "Der Mensch ist nicht auf seine Gene reduzierbar, Gene sind nur Bleistift und Papier, die Geschichte schreibt jeder selbst." Er leugnet aber auch keine Sekunde die Wichtigkeit von Talent – aber dieses kann eben gefördert oder vernachlässigt werden. Markus Hengstschläger: "Die Lösungbegabung. Gene sind nur unser Werkzeug. Die Nuss knacken wir selbst!"
- Zu guter Letzt etwas Entspannendes zum Schmökern: der neue Georg Markus. Wie schon so oft in seinen Zeitungskolumnen widmet sich der Wiener Journalist amüsanten wie auch tragischen Episoden rund um bekannte Persönlichkeiten des alten Österreich. Georg Markus: "Spurensuche – Neue Geschichten aus Österreich".
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