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Es war die gewaltigste Verschwörungstheorie seit der Jahrtausendwende. Jetzt aber ist sie endgültig geplatzt. Sie war vergleichbar mit der aktuellen Verschwörungstheorie Donald Trumps, dass die amerikanischen Wahlen breitflächig manipuliert worden seien. Nur: In Österreich hat diese Theorie mehr als anderthalb Jahrzehnte gewütet, nicht nur eineinhalb Wochen wie (zumindest bisher) in den USA. Absolut erstaunlich ist jedoch, wie viele österreichische Politiker und Medien ihr Platzen einfach weiterhin zu ignorieren versuchen. Bei den Politikern ist das erwartbar gewesen. Das Verhalten der Medien macht aber absolut sprachlos – und lässt fast die Frage aufkommen, ob da nicht eine andere Verschwörung stattfindet. Aber es ist wohl nur die Unfähigkeit, die eigene Falschberichterstattung zu korrigieren, und der Unwille, das Fehlschlagen einer Kampagne einzugestehen. Was gleich an zahlreiche weitere Verschwörungstheorien erinnert.
Aktuell geht es um den einstigen Ankauf der Eurofighter. Nun hat auch die zweite Gerichts-Instanz, und damit rechtskräftig, entschieden: Es gibt keinerlei Beweise, dass dabei betrügerisch jemand bestochen worden wäre. Das ist bitter für alle Linksparteien, Kronenzeitung, Korruptionsstaatsanwaltschaft, Falter und in deren Gefolge nachtrottend fast alle anderen Medien, die ununterbrochen an der Geschichte vom großen Korruptionsskandal geflochten haben. Die damit mehrere Wahlkämpfe bestritten haben. Die gehofft haben, dadurch ihre Auflagen steigern zu können. Die damit vor allem die schwarz-blaue Koalition denunzieren wollten.
Gerichtsurteile haben jetzt eindeutig diese jahrelangen Vorwürfe als völlig unbewiesen entlarvt und festgestellt, dass es keine Beweise für Korruption beim damaligen Ankauf gibt. Dennoch behauptet fast die gesamte Politik und fast alle Medien weiterhin ungerührt und beweisfrei (denn eine Nebenbemerkung über Österreich in einem US-Prozess ist halt alles andere als ein Beweis), dass es beim Eurofighterkauf massive Bestechung gegeben hätte.
Dabei sind das die gleichen Medien, die seit Tagen – also schon VOR auch nur einem einzigen Gerichtsurteil – als Faktum behaupten, es gebe keine Beweise für die Wahlfälschungs-Vorwürfe der US-Republikaner. Das mag zwar am Ende vielleicht stimmen. Aber das so felsenfest wie etwa der ORF in den letzten Tagen Dutzende Male schon jetzt völlig unrelativiert als Faktum zu behaupten – und sogar von der Möglichkeit eines "Staatsstreichs" des noch amtierenden Präsidenten zu schwadronieren, ist eben glatte Lüge.
Denn es gibt noch kein einziges Urteil. Und kein einziger Journalist kennt noch die diversen Klagen, Anträge und sonstigen Schriftsätze der Trump-Anwälte (weil die oft erst geschrieben werden).
Daher sollte ein rechtsstaatlich orientierter Journalist maximal sagen, eine Partei in den USA beklagt großflächige Wahlfälschungen, die andere Partei dementiert – aber es gibt noch keine Entscheidung. Und erst nach einem dementsprechenden Urteil sollte ein rechtsstaatlich orientierter Journalist dessen Inhalt als Faktum berichten. Genauso hätte ein rechtsstaatlich orientierter Journalist in Österreich eigentlich eineinhalb Jahrzehnte höchstens behaupten dürfen, beim Eurofighter-Kauf wird von der Opposition und deren Medien beklagt, dass es großflächige Bestechung gegeben habe. Nach dem Urteil dürfte jedoch kein rechtsstaatlich orientierter Journalist das eigentlich weiterhin so behaupten.
Aber freilich: Wir reden von österreichischen Journalisten. Und für die wird der Rechtsstaat ja immer nur in Ungarn und Polen beschädigt – gemäß einer weiteren populären Verschwörungstheorie der Medien und der Linksparteien –, doch niemals durch österreichische Journalisten und Politiker.
Noch stärker als alle anderen Medien setzt insbesondere der ORF weiter die Verschwörungstheorie fort. Er tut dies unter anderen durch eine in zwei aufeinanderfolgenden ZiB-Sendungen wiederholte De-Facto-Verleumdung, indem er dem Justizsektionschef Pilnacek namentlich die Schuld daran zuschiebt, dass die Staatsanwaltschaft keine Beweise finden konnte. Dabei hat Pilnacek – und das völlig zu Recht – lediglich Österreichs unfähigste Staatsanwaltschaft gedrängt, dass die Erhebungen der Staatsanwaltschaft nach weit mehr als einem Jahrzehnt endlich zu einem Ende kommen.
Zur Unterstützung ihrer auch nach der Rechtskraft fortgesetzten Behauptungen verweisen die Verschwörungstheoretiker auf drei Institutionen:
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft, Peschorn, der ihn ins Rennen schickende SPÖ-Verteidigungsminister Doskozil und seine extrem schlecht beratene Nachfolgerin Tanner hatten in Wahrheit nur eine – rechtswidrige – Hoffnung: Wenn trotz jahrzehntelanger Denunziation und Suche keine Beweise für den angeblichen Betrug gefunden worden sind, dann könnte ja vielleicht ein Strafprozess selber solche bringen. Nur haben die Beteiligten ein Grundprinzip des Rechtsstaats nicht begriffen: Es kann erst dann überhaupt zu einem Prozess kommen, wenn die Ankläger VORHER genügend Beweise gefunden haben. Sonst darf gar nicht angeklagt werden (deshalb hat die WKStA ja auch viele Teile ihrer Anklagepläne gegen Karl-Heinz Grasser fallen lassen müssen).
Das besonders Tragische ist, dass zuletzt auch ÖVP und FPÖ an die Verschwörungstheorie in Sachen Eurofighter geglaubt haben. Die FPÖ geht derzeit krankerweise auf alles auf Distanz, wo sie selbst mit der ÖVP in Regierungsverantwortung gewesen ist, obwohl sogar der Verteidigungsminister beim Eurofighter-Kauf ein Blauer gewesen ist. Und die ÖVP andererseits ist vor allem seit der unglückseligen Verteidigungsministerin Tanner zur Gegnerin der von ihr früher bejahten Abfangjäger geworden, was sie wohl auf Anweisung ihres Parteichefs getan hat, dessen innere Nahebeziehung zur Landesverteidigung ja eine sehr endenwollende ist.
Das ist alles nun nicht nur ein Trauerspiel für die Intelligenz und Rechtsstaats-Orientierung von Politik und Medien. Das ist überdies auch ein einziges Trauerspiel für Österreich selbst. Denn ohne ein echtes Bekenntnis zu einer halbwegs relevanten Landesverteidigung sind alle sonstigen Bekenntnisse zu Österreich wirklich nur noch überflüssig verströmte heiße Luft. Denn zu einer Landesverteidigung gehört nun einmal auch eine zumindest minimale Luftraumverteidigung. Und nicht Vergeudung von Millionen für ein rein politisches Tribunal jenseits aller Gesetze.
Mit der Anschaffung der Eurofighter hatte das Bundesheer zum ersten und zum letzten Mal in seiner Geschichte wenigstens in einem Bereich erstmals wirklich modernes Gerät bekommen. Damals hat man fast glauben können, man erlebt den Beginn einer neuen Politik, die dem Heer künftig auch in anderen Bereichen geben wird, was es braucht. Welch Irrtum!
Denn von Jörg Haider bis Rotgrün setzte statt Stolz auf eine zukunftsweisende Entscheidung für das Heer sofort ein ununterbrochenes Trommelfeuer gegen die Flugzeuge ein. Dieses Trommelfeuer wurde insbesondere von der Kronenzeitung kommandiert. In dessen Zug kam der besonders jammervolle SPÖ-Minister Darabos ins Amt: Er setzte den geschlossenen Hass auf Österreichs Landesverteidigung in die Tat um. Er kastrierte die Eurofighterflotte so sehr in Bewaffnung, Ausrüstung und Zahl (und fast nicht im Anschaffungspreis), dass sehr bald jeder Stolz auf die mutige Anschaffung vergangen war.
Ich persönlich habe ursprünglich übrigens eher für die Anschaffung generalüberholter amerikanischer Abfangjäger plädiert. Die wären billiger gekommen, sie hätten freilich auch viel weniger lang gehalten. Aber ich respektierte damals auch die Argumente für den Eurofighter: erstens, weil etwas wirklich Hochklassiges fürs Heer angeschafft worden ist; und zweitens, weil der Ankauf auch einen konstruktiven Einstieg in den wichtigsten europäischen Rüstungsverbund ermöglichen hätte können.
Freilich ist diese Einstiegsperspektive durch eineinhalb Jahrzehnte ministerieller Dauerbeschimpfung der Eurofighter total zunichte gemacht worden. Und die schon beim Kauf unter dem Druck der Ankaufs-Gegner entwickelte Idee "Der Eurofighterankauf finanziert sich eh komplett durch die Gegengeschäfte" war von Anfang an hanebüchen. Denn natürlich haben wir uns die Gegengeschäfte letztlich über den Kaufpreis selbst finanziert, auch wenn das keine Korruption gewesen ist, wie Peschorn & Co geglaubt haben.
Dass das Jammerspiel um die Landesverteidigung weitergeht, konnte man schon in den letzten Monaten auch rund um die altersbedingte Spätpension der Saab-Maschinen sehen, des zweiten Flügels unserer kleinen Luftwaffe. Denn bis heute ist kein Nachfolgemodell für die nicht mehr flugtauglichen Saab 105 im Anflug.
Offenbar hat Frau Tanner in ihrer Schlichtheit wirklich dem Schwadronieren von Peschorn geglaubt, dass wir den Krieg gegen die Eurofighter-Hersteller gewinnen und dass wir damit irgendwie (wie genau wusste sie wohl selber nicht) auch gleich das Saab-Nachfolge-Problem lösen können. Das einzige, was die zackig-schlichte Ministerin "zusammengebracht" hat, sind jetzt skurrile Verhandlungen mit Indonesien, das gerne bereit wäre, sich die Eurofighter de facto wohl schenken zu lassen. Was Tanner dann auch noch als Erfolg darstellen wird, auch wenn wir dann gar nichts mehr haben.
Aber nicht nur rund um die US-Wahl, rund um den Eurofighterkauf, sowie rund um die angebliche Verwandlung Ungarns und Polens in Diktaturen, sind in letzter Zeit politmediale Verschwörungstheorien besonders heftig aufgeblüht, sondern auch bei vielen anderen Vorgängen. Fast ununterbrochen wird die politische Öffentlichkeit von mehr oder weniger beweisfrei vorgebrachten Behauptungen dominiert, die so abstrus sind, dass man sie nach dem Motto "Vielleicht stimmen sie doch, möglich wär es ja" auch nur schwer mit konkreten Fakten widerlegen kann. Eine kleine Auswahl: