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Es ist erschütternd, wie wenig bei uns zur Kenntnis genommen wird, was am anderen Ende der Welt passiert: Im asiatisch-pazifischen Raum ist jetzt der weitaus größte Wirtschaftsblock der Welt entstanden. 15 Staaten mit 2,2 Milliarden Einwohnern und 30 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung bilden eine gemeinsame Freihandelszone, in der auf fast alle Waren die Zölle abgeschafft werden, und in der auch zwei Drittel des Dienstleistungssektors geöffnet werden.
Im EU-Europa mit seinen knapp 450 Millionen Einwohnern werden manche sagen: Aber dafür haben wir eine viel dichtere Integration, die etwa auch die Außenpolitik, die Währung, gemeinsame Wahlen, den Sozialbereich, die Bildung und die Abschaffung der Binnengrenzen erfasst.
Gewiss. Aber zunehmend scheint genau das der Grund zu sein, warum es so massive Erosionserscheinungen in der EU gibt. Siehe Brexit; siehe den Konflikt mit Ungarn und Polen (mit denen sich inzwischen auch Slowenien ausdrücklich und Tschechien wie die Slowakei insgeheim solidarisieren); siehe das Auseinanderklaffen der Sozialstandards; siehe die für Italien & Co, aber nicht für Österreich & Co passende Gelddruckpolitik der EZB; siehe die gefährliche Schuldenentwicklung; siehe die Ablehnung der Schweiz oder Norwegen, bei etwas über eine Freihandelszone Hinausgehendes mitzumachen. Um nur die schlimmsten Symptome zu nennen.
Die Sorge wächst, dass die EU in ihrem Zentralisierungs- und Vereinheitlichungsdrang zu weit gegangen ist. Overstretching nennt man das auf Denglisch, wenn ein "Zu viel" zu einem "Viel weniger" als Ergebnis führt.
Die Asiaten hingegen konzentrieren sich auf das, was allen hilft: auf die Dynamik des Wirtschaftsraumes, auf das rasche Wachstum des Wohlstandes in allen Ländern, auf die Förderung des Wettbewerbs. Auf dieser Basis können eindeutig demokratische Rechtsstaaten wie Japan, Südkorea und Australien mit Diktaturen wie China und Vietnam dort zusammenarbeiten, wo sich alle einen Nutzen versprechen. Und wo sich nicht ein Teil entmündigt oder von anderen ausgebeutet fühlt.
Jetzt ignorieren wir das noch. Aber dennoch spricht viel dafür, dass man dort einen klügeren Weg geht. Uns hingegen wird unser ständiges Brüsten mit den "europäischen Werten" wenig nutzen – vor allem, wenn es nicht einmal einen Konsens darüber gibt, was das eigentlich sein soll.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".