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Die vielen Zufälle rund um die Impfung und Donald Trump

Die laute Ankündigung eines Durchbruchs bei der Suche nach einer Corona-Impfung hat weltweit Milliarden Menschen erfreut. Die Börsen haben weltweit wahre Luftsprünge gemacht. Manches an dieser Ankündigung erscheint freilich reichlich merkwürdig. Was sowohl mit der EU, mit Deutschland wie auch mit den USA zusammenhängt, aber auch mit der Welt von Big und Small Pharma.

Die Auswirkungen der Impfstoff-Ankündigung auf alle Börsen, also weit über die Pharma-Aktien hinaus, also auf eine Rückkehr des globalen Wirtschaftsoptimismus sind gewaltig. Sie stellen die Reaktion auf den – mutmaßlichen – Wahlsieg von Joe Biden weit in den Schatten. Sie bringen die Indizes plötzlich wieder in den Bereich jener Höchststände, die sie vor einem Jahr erreicht hatten, also vor Ausbruch der Corona-Krise. Zumindest die Kurse haben jetzt wirklich die berühmte V-Form bekommen – trotz der schweren Verluste der globalen Realwirtschaft, trotz der zusätzlichen gigantischen Staatschulden, und trotz der riesigen Zombie-Gefahr, also der Angst, dass viele jetzt nur künstlich am Leben gehaltene Unternehmen nach der Krise sterben müssen, was andere, eigentlich gesunde Unternehmen mitreißen wird, die plötzlich alle Forderungen an die Zombies auf Null abschreiben müssen.

Wer die Pharma-Branche im Lauf der Zeit ein bisschen beobachtet hat, der weiß: Da geht es nicht nur um die reine Forschung, sondern auch massiv um PR, um Politik, um Gesetze und vor allem um viel Geld. Denn Pharma-Forschung ist extrem teuer. Denn mit einer erfolgreichen Corona-Impfung ist auch viel Geld zu machen.

Große Konzerne sind durch eine Unmenge an Börsevorschriften verpflichtet, präzise zu informieren. Eigentlich sollten sie nie Fakten zurückzuhalten, weil ihnen sonst leicht das Delikt des Insiderhandels vorgeworfen werden kann. Zugleich macht eine solche Durchbruchs-Verkündigung bessere Werbung für einen Konzern als das gesamte Werbebudget eines Jahrzehnts. Und überdies winken dem Ersten, der einen Durchbruch für sich in Anspruch nehmen kann, dem "First Mover", die fettesten Aufträge.

Daher ist anzunehmen, dass Konzerne mit solchen Meldungen möglichst früh herausgehen – auch um nicht von der Konkurrenz medienmäßig geschlagen zu werden. Wer als zweiter eine Woche oder zwei Monate später herauskommt, hat das Rennen verloren, auch wenn er vielleicht einen besseren und sicheren Impfstoff hat. Freilich kann es einem First Mover auch passieren, dass ihn negative Meldungen einholen, wenn er zu früh herausgeht, wie es sowohl dem russischen wie auch dem chinesischen Impfstoff passiert ist, die außerhalb ihrer Heimatländer wohl nie mehr Akzeptanz finden werden.

Alle Welt hat jedenfalls positiv auf die Ankündigung der deutsch-amerikanischen Partnerschaft Biontech/Pfizer reagiert – und vergessen, dass es eigentlich schon etliche ähnliche Jubelmeldungen gegeben hat, wenn auch in den letzten beiden Monaten deutlich weniger. Österreicher haben speziell den Hype um den austro-kanadischen Forscher Josef Penninger in Erinnerung, dessen Ankündigung einer Corona-Therapie (also von etwas anderem als eine Impfung) hierzulande im Frühjahr schon ein paar Tage lang für Euphorie gesorgt hat. Inzwischen ist es um ihn ruhiger geworden. Sein Institut muss weiter testen.

Penninger kritisiert dafür jetzt recht unverhüllt den Publicity-Wettlauf, an dem er freilich früher selbst durchaus öffentlichkeitsbewusst teilgenommen hat. So sagte er (in einem Interview mit dem Rotary-Magazin knapp vor der jüngsten Durchbruchs-Verkündung): "Viele andere, auch große Firmen, haben uns da links und rechts überholt und haben das nicht mehr sauber gemacht. Das ist ein Riesenproblem." Denn: "Das Problem wird sein, die wirklich guten Projekte davon in Produktion zu bringen, und nicht nur die schnellsten."

Tatsache ist, dass jetzt praktisch gleichzeitig nicht nur eine Pharma-Gruppe, sondern auch eine zweite (Curevac) euphorisch einen Durchbruch kommuniziert hat. Man könnte fast glauben, da steckt eine Absprache dahinter. Aber wir wollen so etwas Böses natürlich nicht glauben.

Tatsache ist, dass die EU, die bis dahin lange gezögert hat, sofort einen großen Vertrag über den milliardenschweren Ankauf von Impfdosen abgeschlossen hat.

Ungeachtet der Tatsache, dass noch keine einzige rechtlich-medizinische Genehmigung in Tüchern ist.

Ungeachtet der Tatsache, dass in so kurzer Zeit keinesfalls die Möglichkeit unbeabsichtigter und gravierender Nebenwirkungen ausgeschlossen werden kann.

Ungeachtet der Tatsache, dass die offenbar notwendigen arktischen Kühltemperaturen zur Aufbewahrung des Impfstoffes vorerst ein völlig ungelöstes Problem darstellen.

Ungeachtet der Tatsache, dass die sich ringsum äußernden Mediziner und Wissenschaftsexperten eigentlich noch erstaunlich wenig Informationen haben über den neuen Impfstoff.

Tatsache ist, dass vor allem die Verkündigung eines angeblich zu 90 Prozent sicheren Impfstoffes durch Biontech die EU politisch massiv unter Druck gesetzt hat. Sodass plötzlich binnen Stunden ein Vertragsabschluss möglich gewesen ist. Zweifellos zu den Konditionen des Konzerns.

Man beobachtet das alles und denkt sich seinen Teil – auch wenn man zusammen mit der großen Mehrheit der Menschheit hofft, dass es wirklich binnen weniger Wochen einen brauchbaren Impfstoff geben wird, dass wirklich demnächst wieder ein halbwegs normales Leben möglich sein wird (sofern nicht die Grünen und ihre Verbündeten erfolgreich sind, die uns zur "Rettung des Planeten" gleich in den nächsten und diesmal dauernden Lockdown zwingen wollen).

Alle die bisher genannten Beobachtungen sollten also sehr genau prüfen lassen, ob die Durchbruchs-Ankündigungen nicht wieder vorzeitig erfolgt sind, ob sie nicht überschätzt werden. Es gibt jedoch erstaunlicherweise auch andere Indizien, die aufs Gegenteil hindeuten, also darauf, dass die Information möglicherweise absichtlich eine Zeitlang zurückgehalten worden ist.

Diese Indizien hängen mit den amerikanischen Wahlen zusammen, die ja auch in Europa und insbesondere Deutschland in einer etwas absurden Übertreibung als wichtiger angesehen worden sind als sämtliche europäische Wahlen.

Denn ganz nüchtern ist festzuhalten: Wäre die Impf-Durchbruchs-Nachricht nur acht Tage früher öffentlich bekannt geworden, dann hätte Donald Trump mit großer Wahrscheinlichkeit die Wahlen gewonnen. Er hat ja seit Monaten genau auf diesen Durchbruch an der medizinischen und wirtschaftlichen Front gebaut, er hat ihn immer wieder angekündigt (wohl auch um sein eigenes, wenig überzeugendes Verhalten während der Pandemie zu überspielen). Aber das viele Hoffnungen enttäuschende Schweigen aus der Pharma-Industrie während der letzten zwei Monate hat ihn unglaubwürdig gemacht (ähnlich haben übrigens linke Publizisten gegen Sebastian Kurz gehetzt, weil er von einem Licht am Ende des Corona-Tunnels gesprochen hatte).

Daher ist im Rückblick schon ziemlich auffällig, dass wenige Stunden vor der US-Wahl die EU-Kommission es aus scheinbar heiterem Himmel plötzlich als "dringend" bezeichnet hat, dass die Mitgliedstaaten die komplette Infrastruktur für eine Impfung vorbereiten. Warum empfand die EU-Kommission schon so große Dringlichkeit? Hat sie etwa schon mehr gewusst, als sie zu diesem Zeitpunkt sagen durfte? Als vor allem die amerikanische Öffentlichkeit erfahren sollte?

Wir können  vor allem nur rätseln, welche internen Entscheidungsmechanismen beim deutschen Pharmakonzern Biontech und beim US-Partner Pfizer abgelaufen sind, die dazu geführt haben, dass der 90-Prozent-Durchbruch genau sechs Tage nach der US-Wahl gemeldet wird. Der Zeitpunkt war perfekt richtig ausgewählt, um die EU-Kommission endgültig unter Druck zu setzen, einen Vertrag zu den Bedingungen von Biontech zu unterzeichnen. Und er war ebenso exakt gesetzt, damit Donald Trump absolut keine Positivmeldung verkünden kann.

Dieses Timing macht etwas unruhig. Da bleibt nur eine leicht verzweifelte Mischung aus Ironie und Zynismus übrig:

Wir bekennen, absolut sicher zu sein, dass die beiden Konzerne am 3. November, also am amerikanischen Wahltag, noch ahnungslos gewesen sind, dass es einen Durchbruch gibt.

Wir sind ebenso absolut sicher, dass sie am 9. November zu ihrer Überraschung plötzlich alle Fakten beieinander hatten, um jubelnd hinauszugehen.

Wir glauben auch natürlich, dass es reiner Zufall ist, dass praktisch zur gleichen Stunde auch die niederländisch-deutsche Firma Curevac (an ihr ist die deutsche Regierung beteiligt!) ebenfalls draufgekommen ist, dass sie einen Durchbruch bei der Entwicklung einer "robusten und hocheffizienten Immunantwort" erzielt hat, von dem auch sie in der Woche davor absolut nichts gewusst hat.

Wir halten es weiters für einen reinen Zufall, dass es bei Biontech-Pfizer um einen deutschen und einen amerikanischen Konzern und bei Curevac um einen deutsch-niederländischen Konzern geht, und dass Deutschland jenes Land ist, wo Trump am meisten gehasst wird, und die USA wiederum jenes Land sind, wo Joe Biden besonders große Spenden von großen Unternehmen bekommen hat.

Alles andere wäre ja eine verbotene kartellartige Absprache, wäre Ermöglichung von Insiderhandel, wäre Einmischung in eine demokratische Wahl …

Vor allem für die Deutschen, wo von der Bundeskanzlerin bis zu den Medien alle Donald Trump total gehasst haben, ist jetzt jedenfalls alles bestens: Jetzt jubeln die Kurse. Jetzt hat die EU unterschrieben. Und jetzt schaut Trump durch die Finger, der immer schon für die Zeit vor Weihnachten den Durchbruch bei der Impfung und die Rückkehr der hohen Börsekurse prophezeit hat.

Das ist alles ganz sicher reiner Zufall.

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