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Sehr oft muss man sich ärgern, weil sich die Stimmen der Vernunft und der Zukunftsorientierung, die nur auf einem funktionierenden Wertefundament von Tradition, Familie, Vaterland und Christentum funktionieren kann, nicht durchsetzen kann. Umso größer ist die Freude, wenn das gleich zweimal hintereinander anders ist. Gestern durfte das Tagebuch bejubeln, dass die EU-Kommission endlich die vom Tagebuch so lange schon getadelte heimische Inseratenkooperation kritisch aufgegriffen hat. Und heute sei bejublt, dass sogar mitten in Wien auf die mahnende Stimme des Tagebuchs gehört worden ist. (Ein bisschen Eitelkeit sei erlaubt). Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren habe ich nämlich hier (mit deutlich erkennbarem Zorn) Alarm über eine Kulturschande in dieser Stadt geschlagen, derer sich damals viele nicht einmal bewusst gewesen sind. Und nun, gut Ding braucht halt Weil, ist diese Kulturschande beseitigt. Freude. Jubel. Und ein bisschen Erstaunen über die Erzdiözese.
Es geht um die vor zehn Jahren knapp vor dem Abbruch stehende, damals völlig verrottete und schwer renovierungsbedürftige Riesenorgel zu St. Stephan. Am 26. September 2010 schrieb ich im Tagebuch unter dem Titel "Eine Kulturschande" über dieses seit 1991 nicht mehr bespielte, deshalb inzwischen dringend renovierungsbedürftige und 2010 knapp vor dem Abbruch und einer Verscherbelung ins Ausland stehende Großinstrument aus dem Jahr 1960.
Der Artikel des Tagebuchs hatte binnen weniger Wochen ein gewaltiges Echo ausgelöst. Eine erstaunlich rasch wachsende Gruppe von Wiener Bürgern hat den Kampf um diese Orgel aufgenommen. Besonders engagiert hat sich etwa der Musikprofessor Franz Falter eingesetzt, der auf dieser Orgel auch viel gespielt hatte.
Und siehe da – in der Folge ist ein Wunder geschehen: Die Orgel ist nicht verscherbelt, sondern generalrenoviert worden und wird an diesem Sonntag genau zehn Jahre nach dem Tagebuch-Artikel feierlich mit einer ganzen Reihe von Gottesdiensten und Konzerten wieder in Betrieb genommen! Ohne lange über die Bedeutung von Wundern in der Kirche zu reflektieren, sei einfach pauschal allen gratuliert und gedankt, die daran mitgewirkt haben (ohne dass ich in der Folge noch irgendeine Rolle gehabt hätte). Den vielen Spendern, die das finanziert haben, der Vorarlberger Orgelfirma, die das Wunderwerk restauriert hat, und last, not least Christoph Schönborn, der das alles mit einer erfreulich positiven Einstellung möglich gemacht hat.
In dieser Freude sei auch – wenngleich mit einigem Erstaunen – über eine massive Faktenmanipulation ausgerechnet im Pressedienst der Erzdiözese hinweggegangen. Dieser behauptet nämlich jetzt glatt: "Die neue Orgel vollendet den Wiederaufbau des Domes nach dem verheerenden Brand vor 75 Jahren" und verschweigt damit komplett, dass schon 1960 eine komplett neue Riesenorgel gebaut worden war, die bis 1991 Jahre auch ständig in Betrieb gewesen ist, wie ein damaliger Organist bestätigt.
Ganz offensichtlich will die Erzdiözese die schweren Fehler, die im Dom damals von den für die Kirchenmusik Verantwortlichen begangen worden sind (die als Ersatz noch dazu vorne im Dom eine andere kleine Orgel bauen ließen), mit einem manipulativen Mantel des christlichen Vergessens zudecken. So wurde mir damals mehrmals als ein Hauptgrund der Orgelstilllegung gesagt, dass halt die Orgel-Empore zu weit vom Hauptaltar entfernt sei, weshalb der Ton zu lange durch den riesigen Dom bräuchte. Wenn das wahr gewesen wäre, hätte ja auch die jetzige Renovierung, beziehungsweise der Neubau keinen Sinn gehabt. Dürfte der Dom doch seither nicht kürzer geworden sein.
Gewiss spielt an der Geschichtsklitterung auch ein wenig das Marketing-Interesse der jetzt am Werk gewesenen Vorarlberger Firma mit, nicht nur als Restaurierer, sondern auch als Erbauer der Orgel in die Geschichtsbücher einzugehen, während der 1960 aktive Wiener Orgelbauer Kauffmann total verschwiegen wird. Auch in der Kirche menschelt es halt oft.
Die weiteren Gründe, warum es so lange zur Stilllegung und dem damit automatisch verbundenen Verfall der Orgel gekommen war, kann man in den damaligen Texten nachlesen. Traurig ist jedenfalls, dass die beiden Söhne des Erbauers, die mich einst erstmals auf das Orgel-Drama hingewiesen hatten, den nunmehrigen Triumph nicht mehr miterleben. Das waren Markus Kauffmann (kreativer Geist einst bei der ÖVP und dann lange bei der Berliner CDU) und sein Bruder Gottfried (der als Götz Kauffmann in vielen Bühnen- und Fernsehrollen bekannt geworden ist).
Am Rande sei erwähnt, dass ein anderes Projekt rund um den Dom nicht verwirklicht worden ist, mit dem sich mein damaliger Artikel ebenfalls befasst hatte, wie ich beim Wiederlesen entdeckt habe. Dieses andere Projekt war der von dem damals sehr mächtigen Raiffeisenbanker Christian Konrad mit massiver Medienunterstützung verfochtene Bau eines unterirdischen Besucherzentrums für den Dom. Ich hatte mich damals mit dem Argument dagegen ausgesprochen, dass ein solches Zentrum lange nicht so wichtig sei wie die Rettung der Orgel.
Jetzt wage ich auch – mich geographisch vom Dom entfernend – wieder größere Hoffnung zu hegen, dass ebenso ein anderes von Konrad gepushtes Projekt nicht zustandekommt: Das ist das Megahochhaus neben dem Konzerthaus. Freilich: Dazu wird das letzte Wort nicht im Domkapitel, sondern im Wiener Rathaus gesprochen. Und dort dominieren heute andere – viel handfestere – "Werte" als die Pflege der Wiener Traditionen.
Dort ist seit den Herrn Zilk und Mauthe absolut niemand mehr zu finden (ich weiß schon, auch sie waren Freimaurer, aber das darf an einem ehrlichen Urteil nichts ändern), der irgendeinen inneren oder emotionalen Bezug zur ererbten Schönheit dieser Stadt hätte. Siehe die Megaverbauung auf dem Kahlenberg zusammen mit der WKO, siehe etwa die zahllosen zwei- und dreistöckigen Aufbauten auf dadurch übel verhässlichten Gründerzeithäusern, siehe dir Zerstörung des Jugendstil-Ensembles Steinhof.
PS: Apropos Christian Konrad: Am lautstärksten engagiert sich dieser einstige Drahtzieher (der auch den "Kurier" fast umgebracht hätte) ja jetzt im Vorfeld der Linksparteien dafür, dass noch mehr Asiaten und Afrikaner nach Österreich kommen. Was den Anteil der Muslime in der so lange christlichen Stadt noch weiter erhöhen und bald zu einer Mehrheit bringen wird. Aber Leute wie Konrad finden das bekanntlich nicht schlimm. Warum auch – wenn wir noch einmal kurz an den Dom denken: Schließlich haben die Türken das einst größte Gebäude der Christenheit, die Hagia Sophia in Istanbul, in ihrer Toleranz auch nicht abgerissen, sondern in eine Moschee umgewandelt ...