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Soll man weinen? Muss man lachen?

In der Politik passieren immer öfter so groteske Dinge, auf die man eigentlich nur noch mit zorniger Empörung – oder mit einem Lachen der Verachtung reagieren kann. Die folgenden Vorfälle haben wohl beides verdient: die Abwicklung der Wiener Wahl, die österreichischen Atomängste, das Verlangen, wegen des "Schwarzen Grubenlaufkäfers" 100 Millionen Euro auszugeben, die Selbstbeschädigung Österreichs durch die Corona-Ampel des Gesundheitsministers, die Denunzierung von Regierungskritik als Sekte, aber auch die Verkommenheit von Putins Russland.

Die Punkte des weinenden Lachens, das lachenden Weinens im Konkreten:

  1. Wiens Bürger, die von ihrem demokratischen Wahlrecht Gebrauch machen wollen, werden spätestens in der Wahlzelle entdecken, wie infam man ihnen dieses zu einem wesentlichen Teil wieder nehmen will: Denn die Listen mit den Kandidatennamen, die man etwa auch für das Vergeben von Vorzugstimmen braucht – also für die Wahrnehmung eines demokratischen Grundrechts –, sind für zwei Drittel der Wähler ohne Lupe absolut unleserlich, so klein geschrieben sind sie.
    Den Wienern wird damit klar bedeutet: Es genügt, dass sie ihr Kreuz machen. In die Reihung der Kandidaten sollen sie sich gefälligst nicht einmischen. Das können die Parteisekretariate besser. Soll man weinen? Muss man lachen?
  2. Dass diesem Land wohl wirklich nicht mehr zu helfen ist, merkte man dieser Tage, als der EuGH als oberste EU-Instanz endgültig die österreichische Klage gegen den Bau eines Atomkraftwerks in Großbritannien, beziehungsweise die Zahlung staatlicher Beihilfen dafür abgeschmettert hat. Nun hat auch der EuGH festgehalten, dass der Umweltschutz dem Bau eines Kernkraftwerks nicht im Wege steht.
    Das wissen zwar außerhalb Österreichs fast alle (nur Luxemburg hat den österreichischen Standpunkt gegenüber vielen anderen Mitgliedsländern und gegen die EU-Kommission geteilt). Gerade die aktuelle Klimapanik hat überall die Notwendigkeit von Atomkraftwerken noch weiter erhöht. Fast zur gleichen Stunde des EuGH-Urteils sind die Niederlande politisch dem Beschluss einen entscheidenden Schritt näher gekommen, gleich zehn Atomkraftwerke zu bauen. Denn nur so könne ein relevanter Beitrag zur CO2-Reduktion geleistet werden. Aber in Österreich traut sich das kein Politiker zu sagen, weil er sonst von der Kronenzeitung politisch gemeuchelt würde.
    Soll man weinen? Muss man lachen?
  3. Langsam nähert sich der Neubau der Hochleistungsstrecke der Westbahn der Stadt Salzburg. Im Seengebiet des Salzburger Flachgaus ist dafür ein 16,5 Kilometer langer Tunnel geplant. Jedoch stößt das vor Ort auf lebhaften politischen Widerstand. Dieser Widerstand argumentiert vor allem damit, dass beim geplanten Einfahrtsbereich des Tunnels "eine stattliche Population des Schwarzen Grubenlaufkäfers" gefunden worden sei! Damit die dortigen Käfer gerettet werden, drohen dem Steuerzahler jetzt 100 Millionen Zusatzkosten.
    Soll man weinen? Muss man lachen?
  4. Jetzt hat die von Rudolf Anschober mit monatelangem Brimborium eingeführte Corona-Ampel eine erste Konsequenz: Das Ausland hat ihr Blinken als relevant entdeckt, während diese ja innerösterreichisch durch Bundesmaßnahmen gleich bei der Einführung längst wieder bedeutungslos gemacht worden ist.
    Ein Land nach dem anderen erlässt jetzt eine Reisewarnung nach der anderen für bestimmte österreichische Bundesländer. Alle tun das unter Berufung darauf, dass die Ampel vom Gesundheitsministerium für viele Bezirke auf Orange gegangen sei. Österreich habe dadurch ja selber darauf hingewiesen, dass es dort ein "Hohes Risiko" gibt! Kann man sich noch ärger ins eigene Knie schießen als durch Anschobers eigentlich irrelevante Ampel?
    Soll man weinen? Muss man lachen?
  5. Sogenannte "Wissenschaftler" haben für das Familienministerium einen "Sektenbericht" erstellt. Obwohl sich dieser eigentlich dem Jahr 2019 widmen sollte, geht es über weite Strecken um die Corona-Krise des Jahres 2020.
    Was hat diese mit Sekten zu tun? Absolut nichts, außer dass es einige Cluster auch durch Sektenversammlungen gegeben hat. Aber darum geht es dem Bericht gar nicht. Vielmehr werden diverse Theorien und Erklärungsversuche rund um die Pandemie als Sekten denunziert.
    Das ist schlicht infam. Denn der Bericht wagt das mit dem Argument zu begründen, mit diesen Sekten-Theorien würde "Skepsis gegenüber dem Staat" geschürt. Was offenbar von der herrschenden Schicht schon als Verbrechen angesehen wird. Der Sektenbericht ist offenbar zu einer weiteren Waffe geworden, um alle nicht regierungsoffiziellen Corona-Erklärungstheorien zu denunzieren, wobei ja auch die Regierung da häufig die eigene Antwort variiert, was gerade als offizielle Wahrheit zu gelten hat! Gewiss, auch ich halte die allermeisten Erklärungen – wie "Bill Gates ist schuld" – für absoluten Humbug, für aus dem Finger gesogene Verschwörungstheorien. Nur: Humbug hat uns auch die Politik mehr als genug aufgetischt.
    Humbug waren viele Corona-Aussagen sogenannter Wissenschaftler, haben sich diese doch ununterbrochen diametral widersprochen – weshalb ja nur eine Seite Recht haben kann. Humbug sind die Astrologie ebenso wie die Homöopathie oder die kommunistisch-sozialistischen Vorstellungen von Wirtschaft. Es wird extrem gefährlich, wenn Regierungsberichte einzelne dieser Unsinnigkeiten mit so schweren Vorwürfen denunzieren (sie seien Sekten, sie seien Fake News, sie seien Hass, sie seien Produkte fremder Geheimdienste), statt dass eine sachliche Auseinandersetzung mit ihnen stattfindet.
    Noch dazu werden gleichzeitig die übelsten Dummheiten von Astrologie bis zum Marxismus ständig und völlig unkritisch vom staatlichen Gebührensender verbreitet.
    Soll man weinen? Muss man lachen?
  6. Schon einige Tage ist es her. Da ist in Österreich ein türkischer Spion aufgeflogen, der von Ankara durch Gefängnisdrohung erpresst worden war, gegen Austrotürken in Österreich zu spionieren. Das ist - wenn auch auffallend kurz - überall ordentlich berichtet worden.
    Kein Echo habe ich hingegen zu absolut ungeheuerlichen Aussagen des türkischen Botschafters in Wien gehört. Er sagte als Versuch, die Spionage zu dementieren, in einem Privatfernsehsender, dass die Türkei "wirklich keine alten PKK-Sympathisanten oder andere Personen" brauche, um "gewisse Informationen zu bekommen"; alleine über soziale Medien sehe man "alles, wer was macht".
    Die Türkei sieht alles, was wer in Österreich macht.
    Ein Staat, der etwas auf sich hält, hätte einem Botschafter, der so etwas von sich gibt,  gesagt: "48 Stunden und keine Sekunde mehr - dann bist du draußen und wir akzeptieren nur noch maximal drei türkische Diplomaten in Wien". Denn der Botschafter hat damit ja ganz eindeutig zugegeben, dass die Türkei nahtlos alle in Österreich lebenden ehemaligen Türken überwacht (wobei die Mittel der Spionage sekundär sind)! Und dass die türkische Botschaft in Wien dabei auch eine eindeutige Rolle spielt!
    Aber wir lernen: Österreich findet nichts dabei, dass die Türkei ihre KGB-artigen Methoden ganz offen gegen österreichische Staatsbürger richtet! Die Republik hätte jedoch eindeutig gegenüber allen Staatsbürgern eine Schutzpflicht, egal ob sie einmal Türken gewesen sind oder nicht.
    Soll man weinen? Muss man lachen?
  7. Die SPÖ hat allen Ernstes ein "feministisches Konjunkturpaket" verlangt. Frauensprecherin Heinisch-Hosek wörtlich über den Grund für diese Forderung: "Damit Frauen nicht zu den Verlierinnen der Coronakrise werden."
    Wir lernen: Wenn Männer die Verlierer der Krise werden, stört das die SPÖ offensichtlich nicht. Nur die Frauen dürfen nicht zum Opfer werden.
    Solche Infamien, die das ganze von der Krise schwer getroffene Land jetzt auch noch entlang der Geschlechterlinien zu spalten versuchen, kommen ausgerechnet von jener Partei, die sich hundete Male moralistisch empört hat, dass andere Parteien "spalten" würden, weil sie gegen Masseneinwanderung auftreten.
    Soll man weinen? Muss man lachen?
  8. Russlands Regierung erklärt sich seit Wochen für völlig schuldlos an dem schweren Giftanschlag gegen den mutigen Oppositionspolitiker Nawalny. Der Putin-Apparat hat sogar Nawalny selbst unterstellt, sich selbst vergiftet zu haben. Während Nawalny noch im Koma lag, passierte jedoch in Russland Unglaubliches: Sowohl seine Bankkonten wie auch seine Wohnung wurden von den russischen Behörden einfach beschlagnahmt. Da kann man sich nur fragen: Ist den russischen Machthabern der letzte Rest von Intelligenz verloren gegangen?
    Warum treiben sie auch den letzten zwei Promille der Europäer den Glauben aus, dass die Putin-Mannschaft am Schicksal Nawalnys unschuldig sein könnte?
    Wer kann noch annehmen, dass Putins Russland – im Gegensatz zu den Zeiten Gorbatschows und Jelzins! – noch irgendetwas mit Rechtsstaat oder Demokratie zu tun hat?
    Warum sollen Frankreich und Deutschland den Russen die genauen Laborergebnisse über all das geben, was sie in Nawalnys Körper gefunden haben (der ja nach der Vergiftung ohnedies lange im Zugriff russischer Labortests gewesen ist)?
    Nur damit die Russen erfahren, wie gut die westlichen Labore sind? Und damit der russische Geheimdienst sein Gift künftig noch besser mischen kann?
    Soll man weinen? Muss man lachen?

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