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Ihr absolutes "Meisterstück" hat jetzt Verteidigungsministerin Tanner geliefert, als sie laut und stolz die Bestellung von 18 Hubschraubern des italienischen Herstellers Leonardo verkündet hat. Ich habe zwar keine Ahnung von Hubschraubern (abgesehen davon, dass mich ein Heereshubschrauber einmal fast in Lebensgefahr gebracht hat); ich freue mich zwar, dass das Bundesheer wenigstens in einem wichtigen Bereich nach 15 Jahren wieder neues Gerät bekommt. Aber das kann über eine fundamentale Tatsache nicht hinwegtäuschen: So dumm darf man eine Beschaffung nicht vornehmen. Und für diese Dummheit ist niemand anderer als Frau Tanner verantwortlich.
Sie wollte damit ganz offensichtlich aus dem Megaschlamassel herauskommen, das sie in Sachen Eurofighter angerichtet hat. Aber sie ist damit gleich ins nächste geraten.
Die erste Dummheit bestand darin, dass sie fix verkündet, 18 italienische Hubschrauber um 300 Millionen zu kaufen. Aber gleichzeitig heißt es im Generalstab, dass man eigentlich noch nicht beziffern könne, was eine einzelne Flugstunde koste. Dazu müsse man erst die Verhandlungen abwarten.
Das ist wirklich super: Es ist also noch nicht alles ausverhandelt. Ganz offensichtlich muss man vieles noch klären, weil eine solche Beschaffung ja ein sehr umfassender Prozess ist, der auch noch viele Jahre nach Lieferung weitergeht. Da geht es um Ausbildung, Service, Ersatzteile, Training, Logistik, Geheimhaltungsklauseln, Gewährleistung. Frau Tanner verkündet trotzdem jetzt schon fix den Kauf.
Man kann sich ungefähr vorstellen, wie "gut" da jetzt die Verhandlungsposition der Österreicher bei den restlichen Detailverhandlungen sein wird. Selbst wenn Frau Tanner nur einmal ein Einfamilienhaus gebaut haben sollte, würde sie wissen, dass jede Baufirma erst nach dem Zuschlag versucht, über solche scheinbaren Details erst so richtig Gewinn herauszuschlagen.
Die zweite, noch größere Dummheit ist, dass es auch schon vor dem jetzt erteilten Zuschlag keinen echten Wettbewerb gegeben hat. Denn die einzigen beiden Hubschrauber, die nach Heeresangaben neben dem Leonardo noch in die finale Entscheidung genommen worden sind, waren aus rein politischen Gründen schon wieder vorzeitig aus dem Rennen. Unabhängig von Preis und Leistung. Das Rennen war also kein Rennen, sondern nur eine Schauveranstaltung, bei der nur einer gewinnen konnte.
Eines der beiden Konkurrenzprodukte war ein Helikopter der Eurofighter-Hersteller Airbus. Dazu sagte jetzt Tanner offen: "Meine Einstellung zu Airbus, insbesondere auch zu laufenden Gerichtsverhandlungen, ist bekannt."
Was auch immer Tanners wahrscheinliche Niederlage bei den diversen leichtfertig angestrengten Eurofighter-Prozessen mit der Frage zu tun haben soll, welches Hubschrauber-Gerät das beste und preisgünstigste für das Bundesheer ist. Wenn Tanner aber schon Rache an Airbus (für ihre eigenen Fehler und die ihrer Vorgänger) üben will, dann wäre es anständig gewesen, Airbus schon vorher zu sagen: Ihr kommt nicht dran.
Absolut jeder Beamte, der einer solchen Ministerin untersteht und der in einer sogenannten Auswahlkommission mitwirkt, weiß auf Grund eines solchen Satzes genau, wie er zu entscheiden hat. Zumindest wenn ihm seine Karriere lieb ist. Daher findet man dann halt irgendwelche formalistischen Details, die gegen Airbus sprechen. Diese können aber absolut nicht überzeugen, zumindest so wie sie kommuniziert worden sind: Die Zeitpläne hätten nämlich nicht gepasst und man habe in Sachen Wartung unterschiedliche Interessen.
Was soll dieser Schwampf heißen? Hat man zu spät bestellt, dass nicht mehr rechtzeitig geliefert werden kann? Wer in Österreich ist daran schuld? Um welchen Zeitrahmen geht es da? Und was waren genau die "unterschiedlichen Interessen"?
Je ungenauer solche "Begründungen" politischer Entscheidungen sind, umso misstrauischer wird man aus langjähriger Erfahrung.
Der zweite Konkurrent waren die amerikanischen Bell-Hubschrauber. Auch hier liefert Tanner wieder eine abenteuerliche Begründung, warum man auch die Bell nicht kauft: Die USA hätten die Anforderungen bei Ausbildung und Betrieb nicht erfüllen können, weil sie die Hubschrauber nicht selber betreiben.
Ich kann einfach nicht glauben, dass Bell die Hubschrauber verkaufen wollte, ohne für Ausbildung und Betrieb eine gute Lösung vorzuschlagen. Dahinter steckt vielmehr der seltsame Wunsch Tanners, dass man nur noch von Regierung zu Regierung kaufen will (im naiven Glauben, dass man so Vorwürfe vermeiden kann, weil Regierungen bei einer Kaufentscheidung nicht bestechen würden …). Die Regierung der USA, die sich zum Unterschied von der Tannerschen Denkwelt als privatwirtschaftlich versteht, handelt aber verständlicherweise nicht selbst mit Waffen. Solche Fragen könnte man daher nur in direkten Verhandlungen mit dem Produzenten klären. Aber mit denen verhandelt Tanner ja nicht. Weil offenbar für sie nur Beamte Menschen sind.
Durch diese skurrile Tanner-Formel "Nur Government-Government-Geschäfte kommen künftig in Frage" schließt man zum Schaden der Republik von vornherein die Möglichkeit aus, dass eine Beschaffung direkt beim Erzeuger billiger sein könnte als bei einer Regierung. Warum schadet sich Österreich solcherart selbst? Warum haben wir gleich zwei von drei Kandidaten mit rein politischen Argumenten wieder aus der Ausscheidung geworfen? Warum hat man dann nicht weitere Hubschrauber in die Endbewertung aufgenommen?
Tanner begreift offenbar nicht, dass es keine echte Ausschreibung, kein Wettbewerb sein kann, wenn man nur drei Hubschrauber in die engere Wahl nimmt, wenn man dann zum einen sagt: "Du kommst von Airbus und daher sind wir gegen dich" (warum bezieht man ihn dann überhaupt in einen Wettbewerb ein?), und wenn man zum anderen sagt: Du kommst nicht von einer Regierung, daher wollen wir dich nicht (warum bezieht man ihn dann überhaupt in einen Wettbewerb ein?) .
Wir kaufen also Hubschrauber, ohne dass überhaupt ein echter Preiskampf stattgefunden hätte, bei dem die Republik (wenigstens) bei drei Anbietern das jeweils angebotene Gesamtpaket in Relation zu den Kosten verglichen hätte.
Man sollte aber auch in dem – zugegeben von der Marktwirtschaft weit entfernten – Bauernbund, aus dem Tanner kommt, wissen, dass man einen umso besseren Preis erzielt beziehungsweise zahlt, je mehr Konkurrenz auf der Gegenseite besteht. Wenn dort nur noch einer im Rennen ist, bevor überhaupt die Gesamtleistung fixiert wird, dann ist es besonders dumm. Selbst wenn es keine Korruption gegeben haben sollte – was natürlich auch bei Government-Government-Geschäften nicht garantiert ist. Weil ja bekanntlich in jedem Ministerium Beamte sitzen.
PS: Ohne ein Experte zu sein: Es fällt auf, dass das italienische Modell außer in Italien bei keiner einzigen Armee im Einsatz ist, sondern nur beim Transport zu Ölplattformen, bei Polizei und Rettungsdiensten. Das lässt zusätzlich zumindest den Verdacht aufkommen, dass neuerlich nicht sonderlich an die Interessen der österreichischen Landesverteidigung gedacht worden ist, sondern eher an alle möglichen Umwegrentabilitäten.
PPS: Verdächtig ist auch, dass der Kauf zuerst von der freiheitlichen Opposition verkündet worden ist. Fühlt sich die etwa – im Gegensatz zum Eurofighter-Kauf – schon a priori ausreichend gut bedient, ohne wirklich das Preis-Leistungsverhältnis zu prüfen?
PPPS: Wen das mit meiner gefühlten Lebensgefahr interessiert: Das Bundesheer hat mir (und zwei anderen) einst sein geheimes Lagezentrum im Pongau gezeigt. Dazu hat uns ein Hubschrauber aus Wien gebracht. Und auch zurück – obwohl inzwischen ein schweres Gewitter ausgebrochen ist, sodass man kaum etwas gesehen hat. Obwohl von Wien aus die dringende Empfehlung an den Piloten ergangen war, nicht zu fliegen. Aber das erfuhren wir erst nachher …