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Um es modern auszudrücken: #redscandalsdonotmatter. Rote Skandale zählen nicht. Was sich in den letzten Tagen und Stunden rund um den burgenländischen Commerzialbank-Skandal abspielt, lässt schon beinahe daran zweifeln, dass man sich in der Wirklichkeit befindet. Vieles wirkt wie ein Alptraum, manches wie – pardon – ein Burgenländerwitz.
Unter Alptraum firmiert die Tatsache, dass der eigentliche Bankenskandal auf einem Betrugssystem aufbaut, das offensichtlich 25 Jahre lang reibungslos funktioniert hat. Aufsichtsräte? Wirtschaftsprüfer? Nationalbank? Finanzmarktaufsicht? Alle überrumpelt, getäuscht, ausgetrickst. Bankdirektor Martin Pucher hat das ein Vierteljahrhundert lang geschafft – ein burgenländischer Bernie Madoff (der als größter Finanzbetrüger aller Zeiten eingestufte US-Amerikaner hat immerhin 150 Jahre Haft ausgefasst) oder eher ein Viktor Lustig, der Mann, der den Eiffelturm verkaufte? Oder ist da die Gesetzeslage einfach nicht gut genug? Müssten nicht längst eine Justizministerin und ein Finanzminister wichtige Reformschritte in den einschlägigen, offensichtlich nicht ausreichenden Bestimmungen in Auftrag geben? Aber nein, da herrscht Schweigen, wo doch alle Alarmglocken schrillen müssten.
Natürlich: Kein Gesetz kann so gut sein, dass sich nicht doch kriminelle Energie findet, die es umgehen, ausreizen, biegen kann. Aber bitte: 25 Jahre lang? Da stimmt etwas an der Gesetzeslage nicht (und ihren vielen in diesem Vierteljahrhundert vorgenommenen, immer hochgepriesenen Änderungen).
Der nächste Alptraum: Die Information über die bevorstehende Schließung der insolventen Bank ist Stunden vorher nicht nur "als Gerücht" bekannt gewesen, sondern offensichtlich von einem der wenigen vorab Informierten geleakt worden. Was zu zahlreichen geglückten und manch nicht mehr geglückten Vermögensverschiebungen geführt hat.
Eine davon deckte am Sonntagabend der Kurier auf: Die dem Land gehörende RMB (Regionalmanagement Burgenland GesmbH) hätte noch rasch nächtens ein bisschen mehr als eine Million gerettet. "Lüge", empörte sich der SP-Star und Landeshauptmann Doskozil nach mehr als 12 Stunden und stieß Klagedrohungen aus. Nur um nach weiteren sieben Stunden zugeben zu müssen, dass die Behebung sehr wohl versucht worden, aber gescheitert ist. Aber der Zund, so versichert er weiterhin, sei sicher nicht von ihm oder einem der anderen vorab informierten SPler gekommen.
Und hier spielt die Realsatire hinein: Die geballte Mainstream-Medienlandschaft kauft ihm das willfährig ab, er ist ja der linke Star für sie. Er orakelt von 5 bis 10 tatsächlich noch rechtzeitig abgezogenen Millionen – und ist natürlich völlig über jeden Insider-Tipp-Verdacht erhaben. "Wir lassen uns doch unseren Hoffnungsträger nicht ruinieren", lautet die Medienparole. Nicht einmal von diesem selbst.
Obwohl: Ob diese Selbstdemontage aufzuhalten ist, steht in den Sternen. Selten hat sich jemand als derart nicht krisengeeignet erwiesen, wie Doskozil in dieser Situation. Mit Schimpfen, Wortklauben und "Haltet den Dieb"-Rufen alles übertönen zu wollen: das reicht nicht. Doskozil glaubt auch, durch viel Gerede souverän zu wirken – aber merkt gar nicht, in welchen Wirbel er sich hineinredet. Irgendwie geht da ein Nimbus verloren, dass er eine strahlende Personalreserve der Sozialdemokratie ist. Bei seinen Rendi-Wagner-Kritiken der letzten Wochen, die nunmehr auch eher wie eine Vorwärtsstrategie wirken, um dem Bankenskandal zu entgehen, wurde oft gefragt, ob Herrn Doskozil das Burgenland "too small" – zu klein – ist. Bei seinem Krisenmanagement muss man sich langsam fragen, ob Österreich nicht "too big" für seine Ambitionen ist.
Man traut ja seinen Ohren kaum, dass dieser Landeshauptmann dann auch noch die Medien(!!!) auffordert, die Leaks aufzudecken, anstatt endlich aktiv zu werden und die zuständige Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einzuschalten: Das kann ja nur ein Witz sein. Leider ein schlechter.
Dabei muss der Burgenländer sich vor dieser scharfen Behörde sicher nicht fürchten. Auf schwarz/türkis-blauer Seite ruiniert sie zwar Existenzen, auch wenn ihren Untersuchungen kaum je Verurteilungen folgen (außer der medialen – mit Hilfe sehr gezielter Aktenweitergaben). Aber am linken Auge ist sie blind. Ein gutes Beispiel dafür ist Christian Illedits.
Jener Herr burgenländische Landesrat also, der sich von dem von der Commerzialbank gesponserten Fußballverein SV Mattersburg Gold im Wert von 5500 Euro schenken ließ und angeblich deshalb zurückgetreten ist. Er taucht auch noch in ganz anderer mit dem Fußball verquickter Mission auf: 2013 hat die Novomatic (jener Glücksspielkonzern, der die Kräfte des so genannten Ibiza-Ausschusses des Parlaments vollkommen bindet) über Illedits als SP-Verhandler Lizenzen für das kleine Glücksspiel im Burgenland durchgesetzt. Daran ist die Novomatic mit ihren Admiral-Automatensalons interessiert. In dieser Zeit gibt’s dann (natürlich) ganz zufällig einen Sponsoringvertrag zwischen dem Fußballklub ASV Draßburg und Admiral - inklusive 100 Meter Bandenwerbung. Und wer war wohl Präsident dieses Vereins? Illedits, wer sonst!
2014 ging deshalb eine Anzeige wegen Bestechlichkeit bei der WKStA ein. Aber die wurde liegen gelassen. Wie ein Sprecher sagte: "Es fehlte der Anfangsverdacht."
Ob das zum Lachen ist oder zum Weinen, lässt sich nicht so leicht sagen. Wahrscheinlich am ehesten zum Schämen.