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Man kann die SPÖ mögen oder nicht. Man mag mit dem, wofür sie einmal gestanden ist, gar nicht, mäßig oder vollkommen übereinstimmen. Man kann bedauern, dass sie ihre Grundsätze verloren hat oder sich hämisch darüber freuen. Aber eines ist bittere Wahrheit: Wenn die größte Oppositionspartei weder eine programmatische noch eine personelle Alternative ist, dann ist das demokratiepolitisch mehr als bedenklich.
Durch die vielleicht wichtigsten Jahrzehnte unserer zweiten Republik war die SPÖ eine staatstragende Kraft. Auf dem Weg zur Freiheit, durch die Jahre des Wiederaufbaus und der notwendigen gesellschaftlichen Modernisierung bis hin zum Beitritt in die EU haben ihre führenden Exponenten das Wohl Österreichs verfolgt und dafür gearbeitet – da kann man mit ihrer ideologischen Ausrichtung übereinstimmen oder auch nicht. Immerhin hatten sie wenigstens eine, sie hatten Überzeugungen, mit denen man sich auseinandersetzen, über die man diskutieren, die man heiß bekämpfen oder sich von ihnen überzeugen lassen konnte.
Es folgten die Parteiführer Klima, Gusenbauer, Faymann: Da ging es nur mehr um Machterhalt, um die Aufteilung der "Macht"-Positionen der Republik unter den eigenen Parteigängern, aber inhaltlich und gestalterisch herrschte eine bedrückende Windstille.
In dieser Flaute surfte ein Christian Kern an die Spitze, der wirklich etwas wollte: nämlich einmal Popstar sein. Er hielt in Länge und Inhaltsleere mit dem chinesischen KP-Vorsitzenden konkurrierende Reden ("Plan A"), deren Inszenierung einen Rolling Stones-Auftritt hätte erwarten lassen; trotz Silbersteins Hilfe reichte es aber weder zum YouTube-Star (der Auftritt als Pizzabote wird uns noch lange als Paradebeispiel unfreiwilliger Komik in Erinnerung bleiben) noch zum Wahlsieger. Und so verdrückte sich der einstige Manager von Parteignaden rasch wieder – nicht ohne seinen überraschten Genossen seine "Entdeckung" Pamela Rendi-Wagner als Vorsitzende aufs Aug‘ gedrückt zu haben.
Die bis zur Unkenntlichkeit gecoachte Laiendarstellerin mit dem schlechtesten roten Ergebnis aller Zeiten hielt und hält sich nur mangels brauchbarer Alternativen. Es wollte sie keiner ablösen, aber jeder keppelte ihr drein. Der Rückenwind, den sie sich daraufhin bei der Mitgliederbefragung holen wollte, gleicht einer Schlussrechnung auf Volksschulniveau, die ungenügend gelöst wurde: Wenn 40 Prozent der Mitglieder abstimmen und sich drei Viertel von ihnen für den Verbleib von PRW an der Parteispitze aussprechen, dann ist das nämlich nicht einmal ein ganzes Drittel aller SP-Mitglieder. Also nicht mehr als ein flaues Rückenlüfterl.
Und PRW kann’s noch immer nicht. Weder Opposition noch Politik.
Derzeit übt sie sich als "Aber ich hab‘s als Erste gesagt"-Trotzköpfchen. Die Regierung hat Maskenpflicht verhängt? Aber ich hab’s als Erste gesagt! (Sie hat übrigens zu Beginn der Pandemie auch gesagt, dass Masken gar nichts bringen – aber das lässt sie dem seligen Vergessen anheimfallen.)
Die Forderungen nach immer mehr Geld für jeden, der nur die Hand aufhält – die Milliarden müssen fließen, "dass es fetzt" –, hat sie offensichtlich als nicht ausreichendes Alleinstellungsmerkmal erkannt. Jetzt vertraut sie eher dem Taschenspielertrick eines Wirtschaftswachstums, das darauf gründet, dass die Menschen für immer mehr Geld immer weniger arbeiten. Das ist aber sogar manchen Genossen zu viel und so kriegt sie wieder einmal Gegenwind aus den eigenen Reihen, dass es fetzt.
Es fühlt sich ohnehin schon beinahe jeder in der SPÖ berufen, die vakante Oppositionsrolle auszufüllen.
Der Kärntner Landes-Kaiser trägt das auf dem Rücken der Menschen aus, indem er die Reisenden an der Kärntner Grenze in zwölf Stunden Stau büßen lässt, dass es eine türkis-grüne Bundesregierung ist, die die Pandemie verordnungsmäßig sicher mehr schlecht als recht managt.
Nur: Weder an der steirischen noch an der Tiroler Grenze hat man dieselbe Verordnung durch Über-Erfüllung der Buchstaben umgesetzt und damit die Kroatien-Heimkehrer durchs Fegefeuer geschickt. Hätten das die Kärntner nicht auch zusammenbringen können, wenn sie nicht Oppositionspolitik auf dem Rücken der Menschen betrieben hätten?
Noch ärger freilich ist es, wenn sich sogar im Ausland zeigt, wie wenig Frau PRW ihren aufgescheuchten Haufen unter Kontrolle hat. Wenn ein niederösterreichischer SP-ler im russischen Fernsehen auftritt und dort lauthals weißrussische Regierungspropaganda wiederholt, dann muss man sich als Österreicher schämen. In Minsk kämpfen Menschen unter Einsatz ihres Lebens gegen einen Diktator. Und ein österreichischer Politiker, da mag er noch so unbedeutend sein, stellt sich hinter den Autokraten? Das ist eine Schande. Die noch größer ist, wenn PRW so jemanden nicht aus der Partei wirft.
Man sagt, sie habe hämisch gelacht, als sich jener Mann selbst demontiert hat, der allgemein zur Hoffnung der SPÖ hinaufgelobt wurde. Der Burgenländer Doskozil hat im Zuge der Commerzialbank-Krise sein Image-Kapital verspielt. Und so werden wir’s wohl nie wissen, ob er das Zeug zum roten Retter gehabt hätte.
Was bleibt, ist ein Vakuum im Staat. Und das ist nicht gut.