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Das rätselhafte Gesundheitssystem

Die Corona-Krise ist in Österreich und Deutschland mit ähnlicher Intensität verlaufen. Zumindest in einem Bereich hat sie aber – so stellen es zumindest die jeweils Verantwortlichen dar – total konträre Folgen ausgelöst. Das ist rätselhaft. Die Unterschiede können nicht einmal durch die angebliche Nationaleigenschaft der Österreicher erklärt werden, prinzipiell zu jammern, etwa das Wetter immer als "schlecht!" zu beklagen, egal ob es warm oder kalt, trocken oder verregnet ist …

Tatsache ist: Die behaupteten Folgen der Krise für die Finanzen des Gesundheitssystems sind völlig unterschiedlich. Aus Deutschland berichtete die "Frankfurter Allgemeine" am 18. August von einer "Nettoentlastung" der gesetzlichen Krankenversicherung "in Milliardenhöhe". In Österreich fordern die Krankenkassen hingegen vom Steuerzahler Entschädigungen in dreistelliger Millionenhöhe! Sie klagen über den – unbestreitbaren – Rückgang der lohnabhängigen Beiträge fürs Gesundheitssystem, ohne viel von den Entlastungen zu sprechen. Und finden beim Gesundheitsminister ein offenes Ohr.

Diese Unterschiede sind extrem seltsam. Dabei werden auch in Deutschland die Kosten der Pandemie aus Kassen gedeckt, die primär von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gefüllt werden. Also von den Tests bis zur Schutzausrüstung, von den Verdienstausfällen der Ärzte bis zu den Intensivstationen. Gleichzeitig aber weiß das deutsche System, dass es sich als Folge der Pandemie enorm viel erspart hat (völlig unabhängig von der Frage, ob das gesundheitspolitisch nicht sehr bedenklich ist). Weil die Menschen seltener zum Arzt gehen, weil zahllose Operationen verschoben worden sind.

Haargenau das Gleiche geschah in Österreich. Hier war als Folge des Lockdowns sogar ein 50-prozentiger Rückgang der Unfälle zu verzeichnen; es gab 20 Prozent weniger Krebstherapien; die Statistik meldet auch einen noch stärkeren Rückgang der Herzinfarkte (gab es im Stillstand wirklich weniger oder wurden die leichteren Fälle einfach übergangen?).

Das hätte so wie in Deutschland zu kräftigen Einsparungen führen müssen. Nicht aber in Österreich. Ist es da nicht sehr verständlich, wenn man den Krankenkassen-Funktionären gar nichts mehr glaubt, die offenbar ihre Hauptfunktion nur im ständigen Handaufhalten sehen? Es steigt jedenfalls die Sehnsucht nach Gesundheitspolitikern, die auch etwas von Zahlen verstehen, die sich nicht so leicht ein X für ein U vormachen lassen …

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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