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Tanner = Anschober (minus einer Eigenschaft)

Zwei Minister in Bedrängnis versuchen sich freizuschwimmen. Das ist zwar subjektiv verständlich und auch objektiv legitim, aber relativ bald werden sie – oder vielmehr ihre jeweiligen Parteichefs – dennoch die Frage nicht übertünchen können, ob sie nicht selber das Problem sind. Das gilt sowohl für den Gesundheitsminister wie auch die Verteidigungsministerin.

Diese warf in höchster Not jetzt ihre stellvertretende Kabinettschefin hinaus. Und der Gesundheitsminister hat nun angekündigt, dass er die juristische Abteilung in seinem Ministerium neu aufstellen wird. Er hat nur nicht gesagt, wann, wie und mit welchen Rechtsexperten er das tun will.

Aber immerhin hat Rudolf Anschober endlich erkannt, dass da einfach zuviel Pfusch produziert worden ist, für den er laut Verfassung als Minister allein- und letztverantwortlich ist. In diesem Tagebuch hätte er freilich schon seit Monaten lesen können, dass die Verordnungen mit seiner Unterschrift schwer mangelhaft sind. Spätestens seit Pfingsten hätte er das auch in einigen anderen Medien lesen können. Aber offenbar schaut man bei den Grünen nur auf die Weihrauchschwaden, die da ständig aus ORF und "Falter" für sie aufsteigen, und verliert damit jede Sicht auf die Realität.

Das ist nur scheinbar das Problem bloß der Grünen. Denn das Chaos, die Verwirrung, die Unklarheiten und das Zickzack rund um die Corona-Infektion sind letztlich unser aller Problem. Anschober ist nur verantwortlich dafür. Ständig wird neu, ständig wird anders, ständig wird widersprüchlich verordnet und reguliert. Statt dass man die sogenannten Maßnahmen ordentlich ausarbeitet, sie dann in Ruhe wirken lässt und nicht gleich in nationale Panik verfällt, weil ein paar Dutzend Hotelpraktikanten halt zu intensiv gefeiert und sich angesteckt haben.

Natürlich spielen die Medien im nachrichtenarmen Sommerloch ebenfalls eine üble Rolle und inszenieren wegen Sankt Wolfgang seit Tagen schon wieder alle Register der Panikmache und Hysterie. In Wahrheit ist die Situation extrem entspannt, nur traut sich niemand, es zuzugeben. Zwar steigt die Zahl der getesteten Infektionen,  aber sowohl in den Spitalsbetten wie auch in den Intensivstationen sind immer weniger Patienten zu finden. Es gibt kaum noch Todesfälle. Die Medizin ist ganz offensichtlich im Umgang mit der Infektion immer besser geworden, auch wenn es nicht den großen schlagzeilenträchtigen "Durchbruch" gegeben hat. Da sollte man den Ärzten ja vielleicht sogar ein kollektives Kompliment machen.

Ja, richtig: In Oberösterreich, das seit einer Woche im Fadenkreuz der medialen Panikmache steht, gibt es jetzt wirklich einen neuen, möglicherweise mit Corona zusammenhängenden Todesfall. Aber es handelt sich dabei um eine Hundertjährige, die nichts mit den in jugendlichem (und im Grund unvermeidlichem) Hormondrang feiernden Sankt-Wolfgang-Praktikanten zu tun hatte.

Also bitte, bitte, liebe Medien, endlich ein wenig Abkühlung! Das täte so gut wie ein nächtliches Gewitter nach einem ganzen Tag voller Aufheizung.

Und wenn ihr schon kritisch sein wollt: Dann überwindet wenigstens einmal eure ideologischen Scheuklappen, die euch bisher offensichtlich komplett gehindert haben, ein paar kritische Blicke auf die Gemeinde Wien zu werfen. Diese wird vielmehr von Medien wie Gesundheitsminister geradezu krampfhaft geschont. Wären sie an Fakten interessiert, dann könnten sie sich zum Beispiel endlich einmal die schockierend unterschiedlichen Mortalitätsraten in den einzelnen Bundesländern anschauen und darüber nachdenken. Dabei stoßen sie auf viel aussagekräftigere Zahlen als in Sankt Wolfgang, wo sich halt 62 (fast zur Gänze) jugendliche Lehrlinge, aber vorerst (fast zur Gänze) ohne Folgen angesteckt haben.

Bei der Mortalitätsrate liegen nämlich die Steiermark und Wien dramatisch weit voraus und nicht die westlichen Bundesländer, obwohl die Medien ständig von Ischgl bis Sankt Wolfgang nur von dort berichten! Am positiven  Ende der Statistik liegt ausgerechnet Oberösterreich, obwohl der Medien-Hype den Eindruck erweckt, Oberösterreich wäre ein Katastrophenland voller lebensgefähtlicher Cluster. Dort überlebt man mit höchster Wahrscheinlichkeit eine Infektion. Während man in der Steiermark und Wien als Infizierter eine weitaus höhere Wahrscheinlichkeit zu sterben hat!

Der Prozentsatz der Todesopfer an allen Infizierten:

  • Steiermark: 7,5
  • Wien: 4,2
  • Niederösterreich: 3,2
  • Tirol 3,0
  • Kärnten 2,9
  • Burgenland: 2,7
  • Salzburg: 2,7
  • Vorarlberg: 2,0
  • Oberösterreich: 1,7

Trotz dieser überaus signifikanten Unterschiede hat sich niemand dafür interessiert, warum das so ist. Denn auch das Durchschnittsalter als vermeintliche Erklärung kann es nicht sein: Dieses ist in Wien sogar am niedrigsten! Ich kann auch nicht glauben, dass Wies Spitäler so schlecht wären. Die einzige auf der Hand liegende Erklärung ist die größere Test-Intensität in den westlichen Bundesländern. Mehr Tests lassen automatisch die Prozentsätze der mit Corona in Zusammenhang gebrachten Todesfälle kleiner erscheinen, auch wenn die Zahl der Infizierten größer wird.

Nur, wenn das so ist: Warum wird dann eigentlich in der Steiermark und  in Wien so wenig getestet? Steckt da nicht ein viel größerer politischer Skandal drinnen als im jugendlichen Party-Leichtsinn von Kellner- und Koch-Lehrlingen?

Und vor allem: Warum geht der Gesundheitsminister dem nicht intensiver nach? Warum agiert er genauso einseitig wie die Mainstreammedien? Interessieren ihn so signifikante Unterschiede nicht? Hat er bei seinem landpfarrer-artigen Verhalten überhaupt noch etwas anderes im Kopf, als nur ja kein einziges schiefes Licht auf Wien fallen zu lassen, obwohl dieses neben der schlechten Mortalitätsrate seit Wochen auch praktisch täglich die größte Zahl an Neuinfizierten aufweist?

In Wien – zugegeben, es liegt mir geographisch näher – kenne ich jedenfalls eine Reihe von Fällen, wo nicht einmal jene Menschen, die sich wegen Beschwerden unbedingt auf das Virus testen lassen wollten, von den Behörden getestet worden sind. Und zumindest eine von den Wiener Gesundheitsbehörden abgeschasselte Frau hat nach vier Wochen einschlägiger Beschwerden dann einen Antikörpertest machen lassen – und siehe da, sie hat Antikörper.

Offenbar gilt auch in Wien die von manchen Medien ständig gegeißelte Trump-Doktrin: Nur ja nicht zu viel testen, denn dann steht in der Statistik eine noch größere Zahl an Infizierten und die Politik steht schlecht da. Das wollen Rotgrün nicht. Und das will der grüne Minister auch nicht. Obwohl er dringende Handlungsnotwendigkeiten hätte.

Wir sehen also, dass Anschober in viel mehr Hinsichten zum Problemfall geworden ist als nur durch sein monatelanges Wegschauen beim juristischen Pfusch in seinen eigenen Verordnungen.

Problemfall Tanner

Genauso zum nationalen Problemfall ist Frau Tanner geworden. Das Hauptproblem der Verteidigungsministerin ist allerdings nicht das Wegschauen, sondern das Denmundzuvollnehmen. Verbal löst sie alles wie Superman im Handumdrehen, richtet dabei aber nur immer noch mehr Mist an. Eine kleine Liste:

  • Sie demontiert die Luftverteidigung in Darabos-Manier durch ersatzloses Auslaufenlassen der Saab-Maschinen noch weiter, ohne eine Alternative außer großen Worten zu bieten.
  • Sie beschimpft die Airbus-Erzeuger, statt im Dialog mit ihnen wenigstens zu versuchen, den Darabos-Fehler auszubügeln, der die Eurofighter militärisch zu Eunuchen gemacht hat.
  • Sie hat den ganz automatisch Vertrauen zerstörenden Fehler begangen, sich die Ehefrau des Innenministers ins eigene Kabinett zu holen (obwohl zwischen den beiden Ministerien eine geradezu naturgegebene Rivalität herrscht) und muss diese nun nach ein paar Monaten mit fadenscheinigen Begründungen wieder verabschieden.
  • Sie hat es geschafft, auf Kriegsfuß mit fast der gesamten aktiven Truppe zu geraten.
  • Und sie muss es nun hinnehmen, dass sie von den beiden roten und blauen Vorgängerministern öffentlich vorgeführt und lächerlich gemacht wird und ist außerstande, sich selber zu wehren, sondern muss dafür schnell einen Hilfszug aus dem Parteisekretariat aktivieren.

Während Anschober trotz seines vielfältigen Versagens – wohl auch mit Hilfe des ihn ehern verteidigenden ORF und der vielen grünnahen Medien – noch gute Imagewerte hat, sind diese für Tanner total im Keller.

Sie ist nicht einmal imstande, ihren einzigen Erfolg irgendwie über die Bühne zu bringen: nämlich dass das Heeresbudget im Gegensatz zu den Zeiten der sich jetzt als Freunde des Bundesheeres brüstenden Herrn Doskozil und Kunasek immerhin eine signifikante Steigerung bekommen hat. Dass wenigstens einer der total vernachlässigten Teile des Heeres damit wiederbelebt werden kann, nämlich die Miliz.

Tanners Misserfolgsbilanz ist vor allem für die ÖVP eine vernichtende: Sämtliche anderen Parteien – sogar einschließlich der SPÖ – können sich plötzlich als begeisterte Anhänger der Landesverteidigung gerieren! Dabei war das eigentlich immer ein genetischer Imagebestandteil der ÖVP.

Ob Tanner noch zu retten ist? Ich glaube eher nicht. Selbst mit dem besten Medientraining (statt dem offenbar schlechtesten wie bisher) kann sie sich nicht binnen weniger Tage in einen Faßmann verwandeln, der in seiner klugen, sachfesten Bescheidenheit das absolute Gegenstück zur ahnungslosen Großsprecherin Tanner ist.

Das bringt uns auch zum einzigen Unterschied zwischen Anschober und Tanner: Der Volksschullehrer versteht es, etwa so wie der ins Ministerkleid geschlüpfte Professor Faßmann bescheiden und damit automatisch sympathisch zu wirken, wenngleich ihm alle restlichen Eigenschaften des Bildungsministers fehlen. Also Klugheit und Sachfestigkeit.

Tanner hingegen kann in ihrem Leben noch viel lernen. Aber Bescheidenheit mit Sicherheit nicht.

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