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Ist Deutschland noch ein Rechtsstaat?

Linke Medien und Politiker hetzen ununterbrochen gegen Staaten wie Ungarn oder Polen, weil dort der Rechtsstaat abgeschafft wäre. Allerdings fehlte es ihnen hinten und vorne an echten Beweisen für diese rein parteipolitisch motivierten Behauptungen. Daher wird von ihnen jetzt sogar die Absetzung eines ungarischen Chefredakteurs durch die Eigentümer des Mediums wegen wirtschaftlicher Misserfolge triumphierend als Beweis angesehen (also ob so etwas nicht in allen Rechtsstaaten jährlich unzählige Male passieren würde). Einen viel härteren Beweis der Aufhebung des Rechtsstaats würde es hingegen bedeuten, wenn sich eine Regierung frontal über rechtskräftige Urteile des höchsten Verfassungsgerichts hinwegsetzt. Genau das scheint aber jetzt in Deutschland bevorzustehen.

Denn das deutsche Bundesverfassungsgericht hat in seinen Urteilen mehrmals klar festgehalten, dass die EU kein Bundesstaat sei (sondern ein Staatenbund) und sich nicht aus eigener Macht Finanzmittel beschaffen dürfe. Solchen EU-Steuern könne die deutsche Regierung und das deutsche Parlament nur zustimmen, wenn auch das Grundgesetz (die deutsche Verfassung) diesbezüglich geändert und das in einer verfassunggebenden Volksabstimmung von der Bevölkerung angenommen werde.

Aber genau solche EU-eigenen Steuern wurden jetzt im Prinzip, wenn auch noch nicht im Detail vom EU-Gipfel beschlossen. Begonnen werden soll mit einer eigenen Plastiksteuer; sehr bald soll es auch eine eigene Digitalsteuer geben (mit der man die erfolgreichen US-Digitalunternehmen abkassieren will, wobei Europa aber heftige Vergeltungsmaßnahmen der USA fürchten muss, und überdies dadurch die Entwicklung der IT- und Internet-Branche in Europa nur noch weiter hemmen würde).

Freilich weiß man auch in der EU, dass die Einführung von EU-Steuern alles andere als einfach ist – nämlich auch gemäß dem EU-Recht. Zwar wird diffus nur davon gesprochen, dass man die Einführung solcher Steuern jetzt rechtlich prüft.

In Wahrheit aber haben EU-Juristen heftige Probleme, solche EU-eigenen Steuern zu kreieren, ohne dass der EU-Vertrag geändert wird. Machen sie das ohne Vertragsänderung, läuft das zumindest auf eine massive Rechtsbeugung hinaus. Versucht man hingegen eine Vertragsänderung, dann gibt es praktisch keine Chancen, diese auch durchzubringen. Denn einer solchen müssten unter anderem sämtliche nationalen Parlamente zustimmen. Überdies wäre dann in vielen Staaten ein nationales Referendum zu erwarten. Außer man missbraucht eine Hintertür des Vertrags von Lissabon, die niemals für so gravierende Änderungen gedacht gewesen ist, mit denen man erstmals in der Geschichte der Demokratien die nationalen Parlamente bei Abschluss eines internationalen Vertrags umgehen würde.

Das alles fürchten die EU-Gewaltigen wie der Teufel das Weihwasser. Und zwar absolut zu Recht. Eine EU-Vertragsänderung durchzubringen ist alles andere als realistisch. Europa würde in sehr ernsthafte Gefahr eines Zerbrechens geraten.

Völlig unabhängig von diesen EU-internen Problemen sind die deutschen Probleme durch die ständige Judikatur des deutschen Bundesverfassungsgerichtshofes. Er verbietet der deutschen Regierung auf Grund des deutschen Grundgesetzes, einer Einführung EU-eigener Steuern ohne eine per Referendum abgesegneten Änderung des Grundgesetzes zuzustimmen.

Wenn die Regierung aber dennoch zustimmt, dann wäre das eine gravierende Verletzung des Rechtsstaatsprinzips. Dann müssten eigentlich wiederum die EU gegen Deutschland aktiv werden, die schon in viel lächerlicheren Fällen gegen osteuropäische Länder wilde Drohungen wegen Verletzung der Rechtsstaatlichkeit ausgestoßen hat. Solche Drohungen hat die linke Mehrheit im Parlament mehrfach formuliert. Solche Drohungen hat auch die frühere Juncker-Kommission voller Emotionen erhoben – während sich die jetzige Kommission diesbezüglich klugerweise deutlich zurückhält.

Die Vorwürfe gegen Polen und Ungarn:

  • Polen verbietet seinen Richtern die Abgabe politischer Erklärungen und verlangt von ihnen die Offenlegung nebenberuflicher Tätigkeiten (soweit es keine sich auf die Formulierung von Urteilen beziehenden Einschränkungen gibt, ist das sogar eine eindeutig positive Maßnahme zur Förderung des Ansehens und der Unabhängigkeit der Justiz).
  • Polen hat ein Gesetz beschlossen, welches das Pensionierungsalter von Richtern generell heruntersetzt. Abgesehen davon, dass solche Gesetze eigentlich normalerweise den Jubel linker Gewerkschaften auslösen, ist die Intention klar: Polen will damit die Richter aus der kommunistischen Zeit und aus der postkommunistisch-sozialdemokratischen Epoche, wo kommunistische Richter weiter Karriere machen konnten, in Pension bringen. Wenn man Kommunisten für Demokraten halten sollte, dann wäre das in der Tat bedenklich – nur hat insbesondere Deutschland genau das noch viel direkter in der Zeit nach der Wende gemacht und alle DDR-Kommunisten aus der Justiz entfernt. Überdies gibt es in vielen Ländern politische Besetzungen von Richterposten – in Österreich etwa sogar auf Grund der Verfassung bei neuen VfGH-Richtern.
  • Als besonders lächerlich hat sich die Hysterie der linken politmedialen Blase über das ungarische Corona-Notstands-Recht erwiesen. Es gibt erstens keinerlei Hinweise, dass dieses Recht missbraucht worden wäre. Es ist zweitens sofort nach dem ersten Abklingen der Infektionszahlen wieder außer Kraft getreten. Es gab oder gibt drittens in 20 anderen EU-Ländern Corona-Notstandsgesetze. Und viertens sind erst vor wenigen Tagen die österreichischen Corona-Verordnungen des Gesundheitsministers in weiten Teilen vom Verfassungsgericht als rechtswidrig erklärt worden.
  • Ungarn verlangt von allen ausländischen Nichtregierungsorganisationen eine eigene Registrierung (in Anbetracht der Tatsache, wie auch andere Regierungen gerade in letzter Zeit zu Recht gegen russische und chinesische – leider noch nicht gegen türkische – NGOs vorgehen, ist es absurd, das Ungarn zum Vorwurf zu machen).
  • Das EU-Parlament hat mit seiner linken Mehrheit vor zwei Jahren eine ganze Reihe von weiteren Vorwürfen gegen Ungarn erhoben, die aber alle die Qualität solcher Anschuldigungen haben, wie sie auch in jedem anderen Land die Opposition gegen die jeweilige Regierung erhebt. Der ungarischen Regierung wurde von den eng mit der ungarischen Opposition kooperierenden EU-Parlamentariern vorgeworfen: Korruption und Einschränkungen der Meinungsfreiheit, der Justiz sowie der Rechte von Minderheiten und illegalen Migranten im Land. Auch hier kann man ähnliche Vorgänge in fast allen anderen EU-Ländern gleich schlimm oder schlimmer bewerten. Etwa Korruption ist europaweit alljährlich in hunderten Fällen ein sehr konkretes Thema. Zu den Rechten von Minderheiten können etwa die spanischen Katalanen und Basken zehnmal Schlimmeres berichten. Und die ungarischen Maßnahmen gegen illegale Migration sollten von allen anderen Europäern eigentlich mit Dankbarkeit statt mit Stänkereien beantwortet werden.

Es gibt aber auch zwei Aspekte in jenen zwei Ländern, die an sich wirklich bedenklich erscheinen:

  • Die neuen polnischen Disziplinargesetze für Richter könnten nach Ansicht der Brüsseler Kommission auch auf die Entscheidungen der Richter Einfluss haben, beziehungsweise auf ihr Recht, Vorabentscheidungen des EuGH einzuholen. Das wäre in der Tat unakzeptabel. Dieser Vorwurf wird aber von Warschau als falsch zurückgewiesen. Er kann wirklich nur bei Kenntnis der polnischen Sprache eingehend geprüft werden.
  • Ungarn fördert regierungsfreundliche Zeitungen, indem staatsnahe Betriebe konzentriert dort Inserate schalten. Das ist sogar sicher ein sehr bedenklicher Vorgang – der jedoch in Österreich und abgeschwächt auch in etlichen anderen Ländern seit langem Praxis ist. Vor allem die Gemeinde Wien, aber seit dem Wechsel von Werner Faymann in die Bundesregierung auch die einzelnen Ministerien und dem Bund gehörenden Institutionen wie die ÖBB sind aktiv an solchen Medienbestechungsaktionen beteiligt. Und zwar durch Minister aller vier Parteien, die in den letzten Jahren an der Regierung beteiligt gewesen sind.

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