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Der Kompromiss zwischen Gewerkschaft und Laudamotion ist doppelt erstaunlich, als Tage nach Abbruch aller Verhandlungen und Ultimaten plötzlich doch eine Lösung möglich geworden ist. Daraus lässt sich eine wichtige zweifache Lehre ziehen. Noch viel wichtiger ist aber auch eine dritte Lehre – die freilich nur dann wirksam würde, sollte irgendjemand in der österreichischen Regierung internationale Zeitungen lesen.
Zuerst zum plötzlichen Kompromiss bei den Wiener Kollektivvertragsverhandlungen.
Erstens zeigt dieser Konflikt, dass es der Gewerkschaft enorm unangenehm ist, wenn die angeblich von ihr vertretenen Arbeitnehmer gegen sie demonstrieren. Damit wurde klarer und öffentlicher denn je aufgezeigt, wie problematisch und steinzeitlich das Kollektivvertragsrecht ist, das einem Privatverein wie der Gewerkschaft mehr Macht gibt, als guttut. Es ist noch dazu überall übel angekommen, dass in einer Gewerkschaft Mitarbeiter einer Konkurrenzfirma über das Schicksal eines anderen Unternehmens entscheiden. Diese Aspekte überschatteten massiv das übliche Bluffen von Gewerkschaftern bei Tarifverhandlungen.
Die Lehre daraus ist klar: diese Gewerkschaftsprivilegien sind überholt und schrottreif.
Zweitens zeigt der Kompromiss gleichzeitig, dass ganz offensichtlich Ryanair doch mehr am Standort Wien interessiert ist, als es die Luftfahrtgesellschaft lange behauptet hat. Ganz offensichtlich ist Wien nicht nur als anzufliegende Destination wichtig – das könnte man auch von wo anders – sondern auch als Drehkreuz, das man gerne behalten möchte.
Damit ist Ryanair aber ganz eindeutig auch beim Bluffen erwischt worden. Das Unternehmen will Wien behalten, auch wenn die Mitarbeiter doch teurer kommen, als ursprünglich als unabdingbar bezeichnet worden ist.
Dieser Bluff sollte aber auch in einer ganz anderen Frage für Österreich enorm lehrreich sein, nämlich beim Verlangen der Lufthansa, für ihre rotweißrot bepinselte Österreich-Filiale namens AUA schon wieder Hunderte Millionen vom Steuerzahler zu bekommen. Wir lernen: Man hat durchaus Interesse an Wien. Es ist keinesfalls eine Gnade, wenn eine Luftlinie in Wien landet. Das heißt aber auch: Es gibt jetzt noch weniger Gründe als vor ein paar Tagen, der Lufthansa-Filiale Geld zuzuschieben.
Drittens: Das wird durch einen dritten Bluff massiv bestätigt, der jetzt mit lautem Knall geplatzt ist. Den zumindest all jene gehört haben, die die weltweit führende Finanzzeitung "Financial Times" lesen. Denn dort steht ein geradezu unglaubliches Interview mit dem Lufthansa-Chef Carsten Spohr zu lesen. Darin gibt er mit erstaunlicher Offenheit zu: Die neun Milliarden, die die Lufthansa jetzt erhalten soll, "haben nicht nur den Zweck gehabt, eine Insolvenz zu vermeiden". Vielmehr sei die deutsche Regierung auf die Position der Lufthansa als "globaler Champion" fokussiert gewesen.
Seit das offen zugegeben worden ist, ist es doppelt fragwürdig, dass der österreichische Steuerzahler es auch noch finanzieren soll, wenn ein deutsches Unternehmen (und die AUA ist nicht mehr als ein willenlos eingeordneter Teil der deutschen Lufthansa) eine "globale Führungsposition" hat. Österreich wird ja derzeit zu so massiven Zahlungen an den Lufthansa-Konzerns gedrängt, dass deren Höhe fast genau der Einwohner-Proportion zu Deutschland entspricht.
Das bestätigt auch zunehmend den Eindruck, dass in Europa derzeit kleine Länder ganz gezielt zu massiven Tributzahlungen an die Großen gezwungen werden. Siehe etwa auch das Verlangen nach Milliarden Spenden zugunsten Italiens und die damit verbundene Druckausübung gerade auf Österreich.
Wenn man schon nicht von Zwang reden will, so ist es zumindest ein Mega-Bluff, auf den wir hineinfallen, sollten wir wirklich viel Geld dafür zahlen, dass die Lufthansa-Maschinen mit der rot-weiß-roten Schwanzflosse in der Alpenrepublik landen. Im Grunde ist ja im Gegensatz zur heimischen Regierungsmeinung in Europa eine Schlacht im Gang, wer der Herrscher über Europas Lüfte wird. Und Wien ist dabei ein ganz besonderer Teil des Schlachtfelds, das jeder gerne hätte, hier die Lufthansa, dort Ryanair. Sie tun nur so, als ob sie desinteressiert wären.
Dazu passt auch ganz der wütende Kommentar von Ryanair: Die Lufthansa könne nur dank des deutschen "Regierungs-Kokains" ihre Position als globale Marke verteidigen. Die diversen Rettungspakete für die Lufthansa würden für eine massive Schieflage des Spielfelds sorgen. Neben Deutschland hat auch schon die Schweiz bezahlt (sogar doppelt so viel, wie von Österreich verlangt wird). Während sich Belgien, wo die Lufthansa ebenfalls einen Filialbetrieb unterhält, bisher geweigert hat.
Von Tag zu Tag schwindet die Hoffnung, dass die Wiener Regierung hart bleibt. Dort ist man offensichtlich wirklich der Überzeugung, es wäre eine Gnade, wenn Lufthansa-Maschinen in Wien landen.
Nicht viel größer ist die Hoffnung auf die EU. Diese muss ja jetzt die deutsche Staatshilfe erst noch genehmigen., die massiv wettbewerbsverzerrend ist, die ja eigentlich auch allen Binnenmarkt-Regeln widerspricht. Sie dürfte sich mit einem Verzicht der Lufthansa auf ein paar Lande-Slot in München und Berlin begnügen.
Nicht einmal diese Slots gibt die deutsche Luftlinie gerne her – was aber nur ein weiterer Beweis ist, dass es eben keine Gnade ist, wenn eine Gesellschaft irgendwohin fliegt.