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Menschen, die allzu rasch in Höhen über 3000 oder 4000 Meter aufsteigen, werden oft schwindlig und verlieren das Verantwortungsbewusstsein dafür, was sie tun. Wenn Politiker allzu rasch mit allzu großen Zahlen wie 50 Milliarden (in Österreich) oder 750 Milliarden (in der EU) zu hantieren beginnen, verlieren sie leicht das Verantwortungsbewusstsein und geraten in den Fatalismus eines "Ist auch schon wurscht." Das zeigt sich mit erschreckender Deutlichkeit bei den größten Geldpaketen der Geschichte, die in Europa wie in Österreich gerade verschnürt werden.
Warum es auf europäischer Ebene problematisch, ja schlecht ist, dem vielen europäischen Geld, das in den letzten Jahrzehnten spurlos an den Gestaden des Mittelmeers versickert ist, noch weiteres gutes Geld nachzuwerfen, warum es überdies ein Wahnsinn ist, Geschenke auf Kredit zu finanzieren, ist hier (und hier und hier) schon mehrfach dargelegt worden.
Sebastian Kurz und drei andere EU-Regierungschefs versuchen sich auf der Linie dieser Argumente tapfer gegen die allerschlimmsten Forderungen zu wehren. Sie stehen freilich mit dem Rücken zur Wand. Auf sie wird in Europa ein gewaltiger Psychoterror ausgeübt, die Geldbörsen noch weiter zu öffnen. Und in Österreich üben Rot, Grün und Pink mit Hilfe der gleichgeschalteten Linksmedien (mit dem ORF an der Spitze) auf Kurz fast noch mehr Druck aus, möglichst rasch möglichst viel Geld der Steuerzahler Richtung Süden fließen zu lassen. Auch Noch-immer-Parteifreunde des ÖVP-Obmannes wie ein Othmar Karas oder ein Christoph Leitl haben sich (wieder einmal) dem linken Druck angeschlossen.
Man braucht nicht allzu viel politische Erfahrung, um zu ahnen, dass das sparsame Quartett der vier mittelgroßen Staaten am Ende eingehen wird. Denn die Kämpfer für die hemmungslose Geldumverteilung sind gewaltig in der Überzahl, sowohl in Hinblick auf die Staatengröße wie auch die Staatenzahl. Kurz dürfte ahnen, dass Österreich bei einem allzu hartnäckigen Nein wieder an den Pranger des EU-Machtzentrums (das im Dreieck zwischen Berlin, Paris und Brüssel zu finden ist) kommen wird. So wie es dem zu wenig fügsamen Nachbarn Ungarn seit einiger Zeit geht. So wie es dem zu wenig fügsamen Österreich im Jahr 2000 gegangen ist.
Aber vor dem Einknicken der vier Staaten wird jetzt noch ein paar Wochen lang Krisendonner und Verhandlungszauber inszeniert werden. An deren Ende wird es auch einige minimale Abstriche vom bisherigen Diktat dieses Machzentrums geben, damit man nicht allzu deutlich erkennt, wie sehr die vier nachgeben mussten; damit verwischt werden kann, wie weit sie sich von ihren ursprünglich unabdingbaren Positionen entfernt haben. Die da waren:
Nichts davon wird es diesmal wohl geben. Schon nach dem jetzigen Gipfel klingen die Positionen, die Kurz nennt, warum er – noch – nicht zustimmen könne, viel weicher als diese fünf Punkte, die in den Monaten davor formuliert worden waren. Jetzt ist etwa vage von "Digitalisierung und Ökologisierung" oder "Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit" die Rede. Das sind Gummibegriffe, die man mehr oder weniger über fast jede Staatsausgabe drüberschreiben kann. Und dort, wo sie etwas Konkreteres bedeuten, würden sie zu einer weiteren Reduktion der ökonomischen Effizienz Italiens führen, wären also das genaue Gegenteil des Beabsichtigten und der einst an Griechenland gestellten Bedingungen.
Auch wenn Kurz davon spricht, dass er eine "klarere zeitliche Befristung" haben will, dass die Hilfsaktion nur eine "einmalige" sein dürfe, dann heißt das alles im Grund, dass auch für ihn diese prinzipiellen fünf Bedingungen schon gefallen sind. Befristet gefallen ist ja dennoch gefallen. Und wenn eine Frist, ein Tabu (etwa dass die EU keine Schulden machen dürfe) ein erstes Mal gefallen ist, dann wird es künftig viel leichter sein, sie neuerlich zu umgehen.
Dabei hat Kurz natürlich völlig recht, wenn er kritisiert, dass als Basis für die Verteilung der 750 EU-Milliarden die Arbeitslosigkeit in den einzelnen Ländern zwischen 2015 und 2019 genommen werden sollen. Denn deren damalige Größe kann ja in keiner Weise von Corona 2020 beeinflusst sein. Und Österreich würde bestraft dafür, dass es die Arbeitslosigkeit erfolgreich bekämpft hat. Diese bisher öffentlich unbekannte Grundlage des verlautbarten Verteilungsschlüssels ist aber im Grund nur eine neue, zusätzliche Sauerei im EU-Milliardenspiel, bei dem die Mittelmeerländer aber schon vorher als Gewinner feststehen sollen.
Und ebenso recht hat Kurz mit der Kritik daran, dass nach den Plänen der EU die Gelder gleich bis 2027 fließen sollen, also über die gesamte EU-Finanzperiode. Das macht es zur bloßen Farce, wenn die EU-Propaganda behauptet, es ginge um "schnelle Hilfe".
Am meisten aber zuckt man zusammen, wenn Kurz davon spricht: "Auch das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit ist von großer Bedeutung für uns." Das klingt oberflächlich zwar nach einer neuen Bedingung, die Italien, Spanien & Co gegenüber bisher noch nie öffentlich aufgestellt worden war. Jedoch: Diese Länder sind mit Sicherheit gar nicht als Adressaten dieser Bedingung gemeint. Das sind vielmehr die Osteuropäer, vor allem die vier Visegrad-Staaten.
Sollte dieser (nie definierte!) Gummibegriff "Rechtsstaatlichkeit" wirklich zur Bedingung des nächsten EU-Finanzpakets werden, dann wäre das jedenfalls ein gewaltiger Triumph der europäischen Linken. Denn sie fordert seit Jahren (mit ausgerechnet Luxemburg als Wortführer): kein Geld für Ungarn & Co, solange sie nicht willenlos gegenüber der westeuropäischen Linken zu Kreuze kriechen, solange sie nicht die Grenzen für Migrantenmassen öffnen, usw. Nichts anderes bedeutet der Tarnbegriff "Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit".
Die Forderung nach einer solchen Bedingung für das Finanzpaket dürfte aber die Lage gewaltig ändern. Während man bei den "sparsamen Vier" nur noch wenig Hoffnung haben darf, dass sie dem Druck des EU-Machtzentrums standhalten, scheinen insbesondere Ungarn und Polen aus einem anderen Holz zu sein. Die dortigen Führungen sind – auch durch vier Jahrzehnte sowjetischer Sklaverei gestählt – viel eher imstande, Druck auszuhalten. Es ist eigentlich nicht vorstellbar, dass sie eine solche Bedingung akzeptieren.
Es könnte also aus diesem Zusammenhang doch noch spannend werden im europäischen Milliarden-Ringen.
Im österreichischen Ringen scheinen hingegen die Würfel gefallen. Zumindest für die nächsten Wochen. Denn die Geschichte der letzten Wochen könnte sich ja noch mehrmals wiederholen: Ist doch die heimische Corona-Krisen-Wiederankurbelungs-Rechnung binnen kurzem von ohnedies gigantischen 38 auf noch gewaltigere 50 Milliarden Euro gestiegen.
Offenbar hat in den letzten Wochen bei zahllosen Konferenzen mit Lobbys und Pressure groups wie bei koalitionsinternen Verhandlungen ständig die Devise geherrscht: "Wer will noch mal, wer hat noch nicht." Und auch die Reaktion auf die daraufhin erhobenen Forderungen scheint fast immer gleich gewesen zu sein: "Auch schon wurscht."
Selbst die Opposition tut sich mittlerweile schwer, noch irgendwelche Gruppen zu finden, deren Los sie beklagen und deren Wunsch nach noch mehr Geld sie mit bewegten Tönen unterstützen könnte. Selbst die SPÖ hat im Wesentlichen nur noch die Forderung nach höherer Arbeitslosenunterstützung gefunden, die sie mit vorwurfsvollem Ton unterstützen kann.
Dabei fehlt auch für diese Forderung jede objektive Begründung. Denn durch die Corona-Krise ist zwar die Zahl der Arbeitslosen viel größer als früher. Aber das Schicksal jedes einzelnen Arbeitslosen war früher genauso hart wie jetzt. Daher gibt es keinen Corona-bedingten Grund für eine Besserstellung. Und im übrigen ist die Unterstützung für Langzeitarbeitslose in Österreich im europäischen Vergleich jetzt schon durchaus eindrucksvoll, wie diese Statistik beweist.
Hingegen fehlt in Politik wie Medien fast jede kritische Beobachtung, ob die Regierung nicht in Wahrheit viel zu freigiebig mit unserem Geld um sich wirft. In Wahrheit müsste jede einzelne Ausgabe, jeder zusätzliche Tausender, jede Million und erst recht jede Milliarde, die neben den ohnedies automatisch steigenden Ausgaben für Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit im Kampf gegen die größte Krise der Nachkriegszeit zusätzlich ausgegeben wird, folgende zentrale Bedingung erfüllen:
Dient jeder einzelne Euro optimal dazu, um den stotternden Motor wieder in Gang zu bringen? Ist die gesamte Ausgabe darauf ausgerichtet, dass möglichst rasch möglichst viele arbeitsfähige Österreicher (sowie – für Linksradikale: - die "hier Lebenden") wieder auf dem normalen Markt ihr Geld verdienen können (und wollen)? Dass sie möglichst bald auch jenseits des Staates jemanden finden, der bereit ist, für ihre Arbeit, ihre Erzeugnisse, ihre Dienstleistungen zu zahlen?
Nur dann, wenn diese Priorität zu hundert Prozent beachtet wird, nur dann gibt es eine realistische Chance, dass als Folge des Megapakets bald wieder genug Steuern und Abgaben gezahlt werden, damit der Staat neben seinen fundamentalen Aufgaben wie Justiz und Sicherheit nach innen wie außen auch soziale, ökologische, humanitäre, kulturelle, sportliche Wünsche erfüllen kann. Nur dann wird die Rezession wieder eingefangen werden können, nur dann wird es wieder Wachstum geben.
Alles darüber Hinausgehende ist hingegen Verschwendung nicht vorhandenen Geldes und steht einer Erholung im Wege. Beispiele anderer Länder – nochmals sei Italien genannt – zeigen, wie groß die Gefahr ist, dass die Politik unter dem Wust solch schöner Wünsche die ökonomische Basis ihres gesamten Agierens vergisst.
Jedoch: Auch in Österreich zieht sich diese Priorität keineswegs durchs gesamte Paket. Das ist jetzt schon eindeutig. Auch wenn eine genaue Detailanalyse noch nicht möglich ist, weil viele Details fehlen, weil seriöse Ökonomen Wochen brauchen werden, um alles zu analysieren (und weil die angesichts der Dominanz staatsfinanzierter Institute in Österreich überdies Mangelware sind).
Aber allein die Ankündigungen der Regierung führen zu dem sehr kritischen Urteil, dass vielfach die einzige Begründung vergessen und verletzt worden ist, welche die gigantischste Zusatzverschuldung der Republik rechtfertigen würde. Das beweisen insbesondere all jene Elemente, wo "soziale", "ökologische" oder Lobby-Interessen in das Krisenpaket hineinverpackt worden sind, die man als nett ansehen mag, die sich Österreich aber derzeit keinesfalls leisten könnte:
Weder in dem Paket noch in irgendeiner Politikeräußerung findet sich hingegen viel von dem, was überhaupt das Wichtigste wäre, wenn Österreich bald aus der Rezession und der Arbeitslosigkeits-Explosion herauskommen soll. Das sind Beiträge zu dem Ziel: Wie erhöht Österreich seine Wettbewerbsfähigkeit?
Dabei müsste es primär um konkrete Antworten auf folgende Fragen gehen:
Gewiss: Für die Familien wird etliches getan; und es gibt auch Fast-Gratis-Computer für jeden Schüler. Aber von den sonstigen Notwendigkeiten findet sich nichts im größten Ausgabenpaket der österreichischen Geschichte.
Ach ja, fast hätte ich es vergessen: In dem Paket steht auch, dass künftig Mischwälder gefördert werden. Hätten Grüne und Agrarlobby nur an allen anderen wichtigen Fragen ebensolches Interesse …