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Können wir es uns wirklich leisten?

Zu den vielen Merkwürdigkeiten rund um die Corona-Krise zählt die Aussage, Österreich könne sich jetzt zusätzliche 38 Milliarden oder auch mehr für sein Koste-was-es-wolle-Coronaprogramm durchaus leisten, weil es ja zuletzt so sparsam gewirtschaftet habe. Daran stimmt leider nur ein Teil.

Richtig ist: Österreich hat zuletzt zweimal einen Budgetüberschuss erzielt. Allein 2019 hat es die Staatsverschuldung um beachtliche 3,6 Prozentpunkte senken können. Das ist schon deshalb lobenswert, weil die Republik das davor fast nie geschafft hat. Richtig ist auch, dass die Lage auch bis März trotz der teuren Lasten durch die populistischen Parlamentsbeschlüsse vor der Nationalratswahl recht positiv gewesen ist.

Es ist aber auch viel zu relativieren, denn:

  • 2019 hat deutlich mehr als die Hälfte der EU-Staaten einen Budgetüberschuss geschafft; Österreich war also keineswegs einzigartig.
  • Diese Schuldenreduktion war fast überall nur durch die Null- und Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank finanziert. Wenn man hochverzinste Anleihen durch billige ersetzen kann, dann reduziert das ganz automatisch ohne Eigenleistung die Verschuldung.
  • Mit einer Staatsschuldenquote von 70 Prozent des BIP war Österreich auch nach diesen zwei guten Jahren noch immer deutlich höher verschuldet, als die Maastricht-Grenze von 60 Prozent erlaubt. Immerhin elf Länder haben es geschafft, darunter zu bleiben.

Auf der anderen Seite stehen alle südeuropäischen Länder von Portugal bis Rumänien in jeder Hinsicht viel schlechter da als Österreich; sie alle haben massiv weit über ihre Verhältnisse gelebt. Der Vergleich mit diesen Schuldenkaisern hat aber für Österreich gefährliche politpsychologische Folgen:

  • Niemand nimmt deswegen die eigene Schuldenentwicklung sonderlich ernst.
  • Über die noch viel höhere implizite Verschuldung, also die ungedeckten Pensionszusagen, wird nicht einmal geredet.
  • Daher tun alle so, als wäre Geld ein beliebig - durch politischen Beschluss - vermehrbares Gut.
  • Daher wird derzeit zu keiner Forderung "Nein!" gesagt.
  • Daher gibt es praktisch keine kritische, keine besorgte Diskussion darüber, dass Österreich jetzt schon – in Relation zu seiner Größe – als Antwort auf die Krise tiefer in die Kassa greift, als fast alle anderen es tun.

Dennoch wird all das zurückzuzahlen sein. Plus all das, was jetzt gerade in der EU beschlossen wird. Bitte festschnallen!

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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