Was alles an guten Dingen passiert ist oder wegen Corona noch passieren wird
11. April 2020 00:56
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 9:30
Können Zeiten der Angst und Panik nicht auch Gutes bringen, fördern sie nicht auch gute Seiten der Menschen zutage, führen sie nicht auch ganz konkret zu dauerhaften Fortschritten, die es sonst nie geben würde? Ja, das tun sie. Das tut auch die Corona-Krise. Das sollten wir uns immer wieder ins Bewusstsein rufen – selbst wenn einem oft die groben Fehler der letzten Wochen am stärksten aufgefallen sind. Wie etwa das Aufblühen eines hässlichen Denunziantentums, die unnötige Zertrümmerung von Grundrechten und Marktwirtschaft sowie die erstaunliche Verschlechterung des Ansehens der Polizei. Aber um nicht in Depressionen zu verfallen, sollte man sich viel öfter über die vielen Positiva als Folge der Krise freuen. Nicht weniger als 23 Beobachtungen im In- und Ausland geben Anlass zu Beifall oder zumindest Hoffnung.
Gerade zu Ostern sollte man sie auch detailliert aufzählen.
- Da ist sicher an erster Stelle die Leistung der Menschen im Gesundheitsdienst bei ihrem riskanten wie oft frustrierenden Dienst zu nennen. Ihrem Einsatz und ihren Fähigkeiten ist es wohl zu einem guten Teil zu danken, dass es in Österreich relativ wenige Todesfälle gibt. Vom Rotkreuzfahrer bis zum Arzt in einer Intensivstation. Aus ihrem Kreis ist kein einziger Fall bekannt, wo jemand hysterisch die Nerven weggeschmissen und gerufen hätte, er bleibe lieber daheim. Was in anderen Berufen durchaus relativ oft passiert ist.
- Tausende Medizinstudenten aus Deutschland und Österreich haben sich freiwillig für einen Hilfseinsatz zur personellen Stärkung des Gesundheitssystems gemeldet. Chapeau! Ähnlich haben sich Tausende auf einen Aufruf des Landwirtschaftsministeriums für agrarische Saisonarbeiten gemeldet (damit hoffentlich bald Radieschen und andere ohne viel Erklärungen verschwundene Produkte wieder in den Supermärkten zu finden sind).
- Noch nie habe ich so viele Väter mit kleinen Kindern auf der Straße oder beim Ballspielen gesehen. Viele Familien sind unter dem Druck der Krise zusammengewachsen – andere freilich an der gleichzeitigen Herausforderung von Home-Schooling samt Home-Office samt gesperrten Kinderspielplätzen samt zu kleinen Wohnungen samt Arbeitsplatzsorgen auch zerbrochen. Aber dennoch überwiegen massiv die positiven Beobachtungen.
- Zumindest in manchen Häusern sind unter der Devise "Darf ich für sie einkaufen gehen" neue Nachbarschaftsbeziehungen und -hilfen entstanden. Insbesondere am Land funktionieren die sogar vielfach perfekt: Ein älterer Freund hat mir erzählt, dass das Gasthaus in seinem steirischen Dorf um zehn Euro täglich ein dreigängiges Menü vor die Tür stellt, und dass eine Frau aus dem Ort dasselbe mit all jenen Waren tut, die der Mann telefonisch am Vortag im Supermarkt bestellt hat. Toll.
- Es ist stark anzunehmen, dass die plötzliche starke Durchdringung der Schulen mit Internet-Kommunikations- und -Lehrformen dauerhaft bleiben wird. Die Corona-Not wird zehnmal mehr Langfrist-Wirkung haben als alle papierenen Konzepte der Politik, in deren Überschrift "Digitalisierung!" vorkommt. Erstaunlicher Teil dieser Veränderungen ist es zweifellos auch, dass die Regierung plötzlich 12.000 Geräte für jene Gymnasiasten angeschafft hat, die keine solchen Geräte daheim haben, und die daher völlig von jeder Verbindung mit der Schule und jedem Lernfortschritt abgeschnitten gewesen sind. Corona macht‘s möglich.
- Mindestens ebenso positiv ist, dass zugleich – auch von vielen Schülern! – erkannt wird, wie positiv und wichtig Lehrer sind. Viele EDV-Fanatiker begreifen, dass die Persönlichkeit eines echten Lehrers, der mit einem Schüler interagiert, niemals durch einen Computer ersetzt, sondern immer nur unterstützt werden kann.
- Überflüssige Auto- oder Flugreisen, wie auch Zeit- und Nervenbelastung werden künftig reduziert werden, weil viele Firmen gelernt haben, wie leicht der Konferenztourismus durch Videokommunikation ersetzt werden kann (wenngleich wie bei den Schulen zweifellos auch in der Berufswelt weiterhin persönliche Begegnungen komplementär ihren Wert behalten werden).
- Es ist stark anzunehmen, oder zumindest zu hoffen, dass das Vorsorgedenken in allen Bereichen dauerhaft einen höheren Stellenwert bekommen wird. Von der Wirtschaft bis insbesondere zum Gesundheitsbereich hat zweifellos ein intensives Nachdenken über ausreichende Reserven eingesetzt, damit wichtige Strukturen und Vorgänge nicht gleich zusammenbrechen, wenn zwei Wochen lang die internationalen Verkehrsströme stocken. Auch nach der Ölkrise 1973 haben viele Länder angefangen, strategische Ölvorräte anzulegen. Freilich können nur sehr naive Menschen von einer Zukunft der Autarkie ohne globale Arbeitsteilung träumen. Sind doch ganz normale Produktionsbetriebe von Lieferketten abhängig, in denen rund 500 andere Unternehmen hängen. Das lässt sich national niemals substituieren.
- In internationaler Hinsicht gehört zu den wichtigsten Veränderungen eine, die der Großteil der Österreicher als besonders positiv empfindet: Als der entscheidende Bezugsrahmen in kritischen Stunden ist die Republik Österreich, sind auch die anderen Nationalstaaten massiv bestätigt worden. Das ist nicht die EU oder andere internationale Organisationen wie die UNO (man denke nur an die viel zu späte Reaktion der offensichtlich politisch von China beeinflussten Weltgesundheitsorganisation WHO). Das sind auch nicht die Bundesländer und Gemeinden.
- Vielleicht führt das zu einem europaweiten Umdenken, das begreift: Die EU ist dort gut, wichtig und funktionell, wo sie sich auf ihre Gründungsaufgaben konzentriert, nämlich auf das Funktionieren einer Wirtschaftsgemeinschaft und eines Binnenmarktes. Dort hingegen, wo die Brüsseler Beamtenschaft, Kommissare und Abgeordnete darüber hinaus immer mehr Macht aufzubauen versucht haben, ist die EU durch Corona an den Rand des Scheiterns gerückt. Das ist gut so. Denn "Vereinigte Staaten von Europa", einen überregulierenden Zentralstaat haben die Bürger Europas nie gewollt. Dazu ist Brüssel emotional, aber auch organisatorisch und sprachlich den Bürgern viel zu fern. Dazu hat die EU auch schon vor Corona zu viel Schaden angerichtet, indem sie sich mit juristischen Interpretationskniffs in allzu viel Dinge eingemischt hat, die (auch laut EU-Verträgen!) eigentlich rein nationale Kompetenz sind – von der Justiz über das Bildungssystem bis zur nationalen Verfassungskonstruktion und zum Sozialsystem. Gleichzeitig hat sie aber durch das Wir-retten-alle-und-jeden-Syndrom Staaten und Menschen das in Wahrheit für ein gutes Überleben Entscheidende abgewöhnt: das Bewusstsein der Eigenverantwortung. Dabei hätte die EU beim Binnenmarkt ohnedies genug zu tun, um ihn gut in Funktion zu halten. Siehe etwa die plötzlichen Exportverbote durch Deutschland während der Krise und die völlig unkoordinierten Verkehrsbehinderungen für den ganz normalen innereuropäischen Handel.
- Eng damit verbunden ist auch eine massive Stärkung der emotionalen Heimatbindung der Österreicher. Viele werden heuer entdecken, dass Urlaub in Österreich eigentlich etwas Wunderschönes ist (auch wenn die Grenzschließungen umgekehrt für die Tourismusbranche viel weniger schön sind, bleiben doch dadurch die Auslandsgäste aus).
- Positiv zu werten ist auch, dass nicht einmal die linken Medien und Parteien irgendeinen relevanten Druck mehr machen, die Tore für Migranten weiter aufzumachen. Die Pro-Migrations-NGOs, die früher von Medien und Linksparteien enorm hofiert worden sind, sind völlig untergegangen.
- Wenn wir weit in die Welt hinausblicken, dann ist es auch eine ganz wichtige Entwicklung, dass die kleineren Länder rund um China enorm an Stellenwert gewonnen haben. Viele Europäer haben erkannt, dass Südkorea, Singapur, Taiwan und auch immer noch Hongkong nicht nur Lieferanten billiger TV-Geräte oder Computer sind, sondern im Gegensatz zu China selbst auch hochinteressante und gut funktionierende gesellschaftliche Systeme haben. Sie haben trotz der Nähe zu China und vieler Kontakte zum roten Riesen die Ausbreitung der Infektion viel besser unter Kontrolle halten können. Sie sind aber dennoch demokratisch, rechtsstaatlich und marktwirtschaftlich geblieben. Sie haben ihre Länder insgesamt nicht so stark gelähmt, wie es viele Länder Europas und auch China selber getan haben. Sie haben sich auf breite Testungen konzentriert und die totale Isolierung aller dabei als infiziert Erkannten, aber sonst das gesellschaftliche Leben weitergehen lassen.
- Noch eine zweite Erkenntnis zu diesem Raum: Wenn man wirklich wissen will, was in China vor sich geht, dann sollte man viel weniger auf die Propaganda aus Peking hören, sondern viel mehr auf jene Informationen über China, die aus Taiwan kommen. Hätte Europa nämlich auf die schon im Dezember aus Taiwan gekommenen Informationen über die geheimnisvolle neue Epidemie gehört und nicht den bis (zumindest) in den Februar fortgesetzten Lügen aus Peking, dann hätten wir vieles verhindern können. Dann hätte etwa Österreich nicht noch im März Flugzeuge aus Peking ohne Untersuchungen und ohne sofortige Quarantäne für alle Passagiere noch am Flughafen landen lassen. Der Wert Taiwans als Informationsdrehscheibe sollte auch für die Zukunft bewusst bleiben. Diesen Wert sollte man auch dann nicht vergessen, wenn China jetzt zu Propagandazwecken etliche Ladungen mit mehr oder weniger brauchbaren Medizinartikeln nach Europa schickt.
- In die österliche Auflistung der Positiva einordnen kann man auch den Freispruch des einst hochrangigen Kurienkardinals Pell durch das australische Höchstgericht vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs. Auch wenn wir alle nicht wissen, ob der Vorwurf eines Mannes über einen Jahrzehnte zurückliegenden Missbrauch wahr oder unwahr ist, so war doch eindeutig die Beweislage viel zu dürftig und widersprüchlich für eine Verurteilung. Auch wenn es in die von vielen Journalisten mit Begeisterung betriebene Jagd auf die Kirche als Missbrauchsinstitution gepasst hat, so kann doch auch ein Kardinal unschuldig sein. Daher ist es überaus erfreulich, dass ein Höchstgericht im protestantischen Australien auch einem Exponenten der bei vielen Protestanten nicht sonderlich gut angeschriebenen katholischen Kirche ein faires "Im Zweifel für den Angeklagten" zukommen lässt.
- Hochinteressant und positiv ist auch – um noch einmal nach Europa zurückzukehren, dass in Deutschland (obwohl dort die Sozialdemokraten mit in der Regierung sitzen), zumindest für die nächsten drei Monate zwölfstündige Arbeitstage und die Verringerung der Ruhezeit auf neun Stunden beschlossen worden sind. Man erinnere sich, welch absurde Weltuntergangshysterie von SPÖ, ÖGB und ORF inszeniert worden ist, als unter Schwarz-Blau in Österreich die Arbeitszeit liberalisiert worden ist ...
- Da hat man von Bayern bis Polen blitzschnell Wahlen auf eine reine Briefwahl umgestellt. Man erinnere sich nur, wie lautstark immer Bedenkenträger gegen Briefwahlen aufgetreten sind. Plötzlich geht’s (die Absurdität, dass in Polen die Opposition gegen die Durchführung der fälligen Präsidentenwahlen ist, lassen wir jetzt beiseite. Es ist einfach zu grotesk, dass ausgerechnet jene Parteien, die sich in den letzten Wochen bestürzt gegeben haben, weil in Ungarn angeblich die Demokratie abgeschafft sei, jetzt ebenso laut gegen die Abhaltung von fälligen Wahlen auftreten – nur weil diese nicht in ihrem Sinn ausgehen dürften. Dabei sind regelmäßige geheime Wahlen das weitaus wichtigste Element einer Demokratie.
- Ein global beobachtbares Positivum ist die Tatsache, dass aus vielen Ländern ein signifikanter Rückgang an Gewaltverbrechen gemeldet wird. Aus Italien wird sogar ein Rückgang um 75 Prozent gemeldet. Auch die islamistischen Anschläge sind deutlich zurückgegangen (was freilich nicht unbedingt mit Corona zusammenhängen muss, sondern auch mit den schweren Niederlagen der Islamisten im Syrienkrieg, sodass diese sich erst neu organisieren müssen). Darüber kann und soll man sich freuen – wenngleich solche Entwicklungen wohl nicht ewig halten werden.
- Interessant in Zusammenhang mit dem Rückgang des Terrors ist es auch zu sehen, dass Israel eine Produktionslinie für Raketen auf die Herstellung von Beatmungsgeräten umgestellt hat.
- Hochinteressant ist im gleichen Zusammenhang weiters, dass es eine direkte Kooperation zwischen Israel und der Palästinenseradministration über Corona-Abriegelungen gegeben hat. Dabei hat die gleiche Administration erst vor wenigen Wochen wegen des israelfreundlichen Nahostplanes von Donald Trump - angeblich - sämtliche Kontakte zu Israel abgebrochen.
- Längst unüberschaubar ist die Liste humanitärer Hilfsaktionen in Österreich und der Welt. Nur einige Beispiele, die alle lobenswert sind, selbst wenn bei allen wohl auch eine PR-Motivation dahintersteht: Da spendet etwa in Österreich der Discounter Action eineinhalb Millionen Operationshandschuhe ans Rote Kreuz. Da schickt Albanien 30 Ärzte nach Italien. Da nimmt Deutschland, aber auch die Stadt Salzburg Intensivpatienten aus Frankreich und Italien auf. Und so weiter.
- Positiv ist zweifellos auch der Rückgang – nicht das Ende – der meisten bewaffneten Konflikte in der Welt (die primär in der islamischen Region getobt haben): Vom Syrienkrieg über Libyen bis zum Jemen hat überall eindeutig die Intensität der Kämpfe nachgelassen. Das ist keine optische Täuschung als Folge der Tatsache, dass die Medien fast nur noch über Corona berichten, sondern Faktum. Im Jemen-Krieg hat die saudische Seite jetzt sogar offiziell einen Waffenstillstand verkündet.
- Noch wichtiger für uns ist, dass die Türkei wegen der Pandemie (oder: unter dem Vorwand der Pandemie) ihren schäbigen Versuch stillschweigend abgebrochen hat, Tausende Afghanen und Pakistanis mit Gewalt ins EU-Europa abzuschieben. Diese wurden jetzt stillschweigend wieder ins Landesinnere zurückgebracht. Ein wirklicher Erfolg für die (auch von Österreich ein wenig unterstützten) Griechen, die standhaft die Nerven bewahrt haben.
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