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Aufs erste klingt ein Vergleich zwischen den beiden Bundeskanzlern überraschend, zeigt er doch viele Ähnlichkeiten und Parallelschwünge. Dabei waren die beiden trotz Zugehörigkeit zur gleichen Parteienfamilie nämlich lange alles andere als gute Freunde. Sie schienen recht unterschiedliche Wege zu gehen. Wenn man jedoch diese Wege genauer anschaut, dann tauchen – meist zeitlich verschoben – erstaunliche Parallelen auf. Die Linien dieser Wege führen zuletzt überhaupt zusammen, da Kurz wie Merkel jetzt in der Corona-Krise mit dem gleichen Kurs gleichzeitig gewaltige Umfrageerfolge erzielen.
Allerdings: Große Umfrageerfolge hat derzeit praktisch jeder Regierungs- und Staatschef der Welt. In der Stunde allgemeiner Panik, wenn aus allen Medien ununterbrochen das gleiche angstmachende Thema hämmert, drängen sich die verunsicherten Menschen um die eigene Führung. Diese Panikwellen sind freilich vielfach Produkt der völlig einseitig ausgerichteten Medienberichte. Medien lieben hohe Panikwellen, weil diese Auflage- und Seherquoten (endlich wieder) eine Zeitlang erhöhen. Aber auch Regierungen lieben hohe Panikwellen.
Denn so viele Fehler können Machthaber derzeit gar nicht machen, dass sie in Gefahr gerieten. Viele der (zum Teil gewiss unvermeidlich gewesenen) Fehler sind den meisten Bürgern angesichts der erstaunlichen Gleichschaltung der Medien noch gar nicht aufgefallen.
Dieser mehr parteipolitisch als demokratiepolitisch tolle Erfolg wird aber wohl nur ein paar Monate anhalten, bis die Menschen wieder ruhiger zu denken vermögen. Das werden dann auch Kurz und Merkel zu spüren bekommen (auch wenn zu ihrem Vorteil da wie dort keine sonderlich attraktive Alternative zu finden ist).
Da ist es hochinteressant, auf die bisherige politische Entwicklung der beiden zu schauen.
Bei beiden hat die Machtergreifung in der eigenen Partei einen mehr als ruppigen Bruch in einer extrem kritischen Situation bedeutet. Merkel ist in scharfer Konfrontation zu ihrem einstigen Paten Helmut Kohl nach einer dubiosen Parteispendenaffäre zur Macht gekommen. Kurz hat die Parteispitze nach einer ähnlich scharfen Konfrontation mit Reinhold Mitterlehner errungen. Unter Mitterlehner war die ÖVP deutlich unter 20 Prozent abgestürzt. Es überrascht wenig, dass Merkel und Kurz nach Übernahme der Partei nie mehr freundschaftliche Gespräche mit den Herren Kohl und Mitterlehner geführt haben. Und dass die Vorgänger überhaupt nur böse Worte für sie gefunden haben.
Kurz wie auch Merkel – bei ihr erinnert man sich nur kaum mehr, weil es schon viel länger her ist (sie wurde 2005 Bundeskanzlerin, Kurz 2017) – haben am Beginn Ähnliches ausgestrahlt: jung, frisch, mutig und klar konservativ.
Beide haben am Anfang inhaltlich eine deutlich andere Politik zu machen versucht als ihre Vorgänger. Merkel hat ihren ersten Wahlkampf mit einem markant wirtschaftsliberalen Programm gewonnen, bei dem vor allem das radikale Steuervereinfachungskonzept von Paul Kirchhof im Mittelpunkt gestanden ist. Sie hat sich auch klar und vehement gegen die Immigration aus nichteuropäischen Ländern ausgesprochen. Der Aufstieg des Sebastian Kurz war ebenfalls geprägt von einem starken Anti-Migrationskonzept, das noch mehr als seine Persönlichkeit entscheidend für den Erfolg wurde. Auch bei ihm waren klare wirtschaftsliberale Akzente zu hören, wenngleich er realpolitisch wenig zu deren Realisierung getan hat; irgendwie dürfte er die Sonne der Hochkonjunktur und den Nutzen der EZB-Negativzinsen für einen Erfolg der eigenen Wirtschaftspolitik gehalten haben.
Beide haben eine Zeitlang rechte Koalitionen geleitet. Merkel in ihrer zweiten Periode – in der ersten ist sich Schwarz-Gelb noch nicht ausgegangen –, Kurz gleich von Anfang an.
Doch später haben sich beide für eine Koalition mit einer Linkspartei entschieden. In Deutschland hat Merkel die sichere Mehrheit, die sie mit FDP und AfD hätte, nicht genutzt. Und Kurz hat sich in Österreich gar zu einer Koalition mit den Grünen entschieden, obwohl FPÖ wie SPÖ als Alternativen bereitgestanden wären.
Der Verzicht auf eine rechte Koalition hat Merkel wie Kurz die breite Unterstützung der linksstehenden Medien gebracht. Beide dankten dies den Medien durch finanzielle Förderung, insbesondere auch durch Absicherung der anachronistisch gewordenen Zwangsgebühren für die sogenannten öffentlich-rechtlichen Medien.
Beide sind im Laufe ihrer Amtszeit von einer "ordentlichen Mitte-Rechts"-Politik abgerückt. Merkel ist überhaupt schon längst auf einen klaren Mitte-links-Kurs eingeschwenkt. Mit Sicherheit hat kein deutscher Bundeskanzler bisher der eigenen Wirtschaft so viel Schaden zugefügt wie Merkel. Vom Kohle- bis zum Atomausstieg bis zur Anti-Auto-Politik und der Weigerung, wie versprochen den sogenannten Steuer-Soli wieder abzuschaffen, hat sie gefährliche Weichenstellungen zu verantworten, die Deutschland scharf nach links in eine Dauerstagnation führen. Noch linker hat sich Merkel mit ihrem Wechsel zu einer Pro-Migrations-Politik mit dem negativen Höhepunkt im Jahr 2015 positioniert, der sich jetzt wieder in der Aufnahme angeblicher Kinder aus den Lagern auf den griechischen Inseln fortsetzt.
Kurz ist bisher scheinbar nicht so weit nach links gegangen. Aber seit er freiwillig eine Koalition mit der am weitesten links stehenden Partei Österreichs eingegangen ist, stehen etliche wirtschaftsfeindliche Maßnahmen unter dem Titel "Klimarettung" auf dem Programm der Regierung. Und – besonders amüsant – Österreich feiert sich gerade laut, weil es das Weltklima rettet, indem es das letzte Kohlekraftwerk schließt. Das ist freilich ein ziemlich lächerlicher Erfolg, sind doch derzeit weit über tausend neue Kohlekraftwerke in Planung oder Bau, vor allem in der Dritten Welt – obwohl die haargenau das gleiche Weltklima hat wie wir.
Seine Migrationspolitik hat Kurz zwar nicht so erkennbar wie Merkel geändert. Er hat aber auch keine Chance mehr, neue Gesetzesbeschlüsse etwa zur Eindämmung der weiterhin rapide voranschreitenden Islamisierung des Landes oder zur Beschleunigung von Abschiebungen durchzubringen.
Bei einem weiteren Thema gleicht Kurz Frau Merkel überhaupt zur Gänze. Er betreibt so wie sie eine künstliche Dämonisierung einer angeblich von rechts drohenden Gefahr. Zahllose Male wird im österreichischen Koalitionsprogramm einem "Rechtsextremismus" massiv und militant der Kampf angesagt, ohne jemals zu definieren, was das überhaupt ist. Linksextremismus interessiert die Regierung Kurz hingegen überhaupt nicht.
In einer anderen Frage ist Merkel dem Österreicher vorausgegangen: bei der Verteufelung des Ungarn Orbán. Aber auch Kurz wagt seit einiger Zeit kein Wort mehr zu dessen Verteidigung. Dabei hat sich Kurz vor drei Jahren noch als enger politischer Freund Orbáns ausgegeben.
In der Corona-Krise hingegen ist Kurz der deutschen Kanzlerin Richtung links vorausgegangen. Er hat den Seuchen-Sozialismus geradezu erfunden, in dem absolut jedes Risiko auf den Staat abgewälzt wird. Merkel ist diesen Weg nachgegangen – wenn auch etwas zögerlich. Das betrifft den sehr, sehr lockeren Umgang mit Verfassung und Grundrechten (um es höflich zu formulieren), der bei einem wirklichen Liberalkonservativen völlig undenkbar gewesen wäre. Noch mehr betrifft es die massive Lust der neuen Volkspartei an einem Polizeistaat, die insbesondere beim Innenminister zum Durchbruch kommt. Und am weitesten ist Kurz bei den wirtschaftlichen Corona-Maßnahmen nach links marschiert. Wenn ein Regierungschef wochenlang die Formulierung "Koste es, was es wolle" vor sich herträgt, dann sollte jedem, der etwas von Marktwirtschaft versteht, angst und bange werden. Denn damit ist ein Weg beschritten worden, der mit Sicherheit langfristig kein Erfolgsweg sein kann. Noch dazu nimmt Österreich in Relation deutlich mehr Geld in die Hand als Deutschland.
Wenig Wunder, dass die beiden inzwischen auch persönlich gut miteinander auskommen. Seuchen-Sozialismus eint. Stärkere Staatseingriffe in das Leben jedes Staatsbürgers, in jeden Aspekt des wirtschaftlichen Lebens, als in Österreich und Deutschland derzeit stattfinden, hätte sich auch ein klassischer Sozialist niemals auszudenken gewagt. Daher sind ja auch in beiden Ländern viele sozialistische Wähler jetzt zu ÖVP beziehungsweise CDU gewechselt. Warum sollen sie auch bei ihren alten Parteien angesichts des dort seit Jahr und Tag vorherrschenden personell wie inhaltlich völlig ausgehöhlten Zustands bleiben?
Selbst wenn man meint, das wäre alles durch die Pandemie zwingend geworden, so wird man dennoch das Gefühl nicht los, dass Kurz wie Merkel innerlich große Freude haben, am Steuerruder dieser Staatseingriffe zu stehen. Dass sie wegen dieser maßlosen Expansion des Staates keinerlei Schmerz empfinden. Und dass keiner von beiden sonderlich intensiv daran denkt, wie man den Staat möglichst bald wieder heraus aus dem Leben der Menschen und der Wirtschaft nehmen kann.
Warum sollten sie auch? Merkel wie Kurz bewegen sich derzeit bei allen Umfragen in sensationellen Höhen, an die noch am Beginn dieses Jahres nicht einmal der ärgste Fanatiker gedacht hätte.
Selbst wenn man beiden zubilligen mag, dass sie das gar nicht so geplant haben, so wird jetzt die Versuchung für sie gewaltig werden, am parteipolitisch so erfolgreichen autoritären Weg, am Nanny-Staat, dauerhaft festzuhalten. Derzeit kann man ja alles begründen mit "Leider, wegen Corona unumgänglich". Aber glaubt beispielsweise noch irgendjemand, dass Sebastian Kurz jemals einen Millimeter Richtung der direkten Demokratie gehen wird? Dabei hat er sie einst selbst so deutlich gefordert – als er noch nicht an der Macht war ...
Wer glaubt, dass das alles richtig war, der sollte sich die Geschichtsbücher in fünf oder zehn Jahren anschauen. Was freilich jetzt noch nicht geht. Dennoch kann man mit Sicherheit jetzt schon sagen: Kurz wie Merkel haben mit dem Seuchen-Sozialismus den Weg zu einer dauerhaften Verarmung ihrer Länder gebahnt, weil diese später das "Koste, was es wolle" zahlen müssen.
Es ist zwar wahrscheinlich, dass Donald Trumps USA und das sozialdemokratische(!) Schweden in Relation mehr Corona-Todesopfer als Österreich und Deutschland haben werden, aber sie haben sich mehr Freiheit bewahrt und sie werden wirtschaftlich schneller aus der Krise kommen. Was sich mit Sicherheit auch positiv auf die Sterbestatistik auswirken wird.