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"Widerwärtig", "rücksichtslos": So wird derzeit der niederländische Regierungschef aus Südeuropa beschimpft (diese aggressiven Worte kamen konkret vom sozialistischen Premier Portugals). Der Grund: Die Niederlande lehnen Euro-Bonds ab, bei denen alle Euro-Länder gemeinsam für Anleihen haften würden, die national verwendet werden. Auch Österreich und Deutschland haben sich ähnlich positioniert, wurden aber in Portugal offenbar nicht so klar wahrgenommen wie der besonders präzise Niederländer Rutte.
Es scheint ja in der Tat wenig solidarisch zu sein, wenn die reicheren Länder Europas den vom Corona-Virus derzeit besonders terrorisierten Ländern wie Italien, Frankreich, Spanien oder Portugal nicht in der von diesen gewünschten Form beispringen. Jedoch: Da geht es um etwas ganz anderes. Die Niederlande, Deutschland, Finnland und Österreich sind nämlich durchaus hilfsbereit. Nur lehnen sie mit vollem Recht – und hoffentlich auch weiterhin – solche Euro-Bonds ab. Sie empfehlen vielmehr Hilfe an die Südländer durch den Stabilitätsmechanismus ESM, wo genug Geld verfügbar ist, und durch zwei weitere gesamteuropäische Konstruktionen. Aber nichts, was ihre eigene Kreditwürdigkeit bedroht, wo sie also künftig für ihre Kreditaufnahmen deutlich höhere Zinsen zahlen müssten, weil sie auch für Italien&Co mithaften.
Es ist ohnedies anzunehmen, dass auch die vier Euro-Bonds-Verweigerer selbst künftig anstelle der bisherigen Minuszinsen den Märkten wieder echte Zinsen zahlen müssen, weil sie sich ja in diesen Wochen Hals über Kopf in Schulden gestürzt haben. Es sei denn, sie können sich dauerhaft und zur Gänze durch die Druckmaschinen der Europäischen Zentralbank finanzieren. Was allerdings die kommende Inflation mit Sicherheit noch viel schärfer machen würde.
Was stört die Südeuropäer eigentlich daran, wenn sie über den ESM und nicht Euro-Bonds Hilfe bekommen? Das ist nur ein Punkt: Der ESM hätte wie schon einst bei Griechenland das Recht, sich in die Haushaltspolitik der bedachten Länder einzumischen. Aber genau das wollen die Südländer keinesfalls.
Denn dann würde ihnen wie einst den Griechen das Steuerruder aus der Hand genommen. Dann hätte das Ausland volle Transparenz. Dann könnte der ESM an Stelle der populistischen Regierungen dieser Länder konkrete Änderungen bei Steuern, Beamtenbezügen oder Pensionen verfügen. Und dann würde sich auch klar zeigen, dass nicht die Nord-, sondern die Südländer unsolidarisch gewesen sind.
Diese haben jahrelang alle Mahnungen der EU ignoriert, verantwortliche, also solidarische Politik zu betreiben. Diese haben seit Jahrzehnten europäische Hilfsmilliarden bezogen, die eindeutige Solidaritätszahlungen gewesen sind. Diese haben sich auch bei der Gesundheitspolitik extrem unverantwortlich verhalten. Das sieht man etwa an der Zahl der jetzt so dringend benötigten Intensivbetten. Diese sind in der jetzigen Pandemie ja die primäre Engstelle jedes Gesundheitssystems. Die Angst vor einem Mangel an solchen Betten hat all die Maßnahmen ausgelöst, die nun in die Rezession führen: In Deutschland gibt es pro 100.000 Einwohner 34 solcher Betten, in Österreich 29 – in Spanien jedoch nur 10 und in Italien 9.
Also darf man die Südländer schon fragen: Wer war da eigentlich verantwortungslos und unsolidarisch?
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".