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Rätselhaft ist vieles rund um die Corona-Epidemie. Besonders rätselhaft ist seit einigen Stunden für viele das Schicksal und der Hintergrund eines ganzseitigen Interviews mit dem prominenten österreichischen Virologen Wolfgang Graninger, das am Sonntag im Oberösterreich-"Kurier" erschienen ist. Denn einen Tag später war das Interview aus allen elektronischen Plattformen verschwunden. Man fand nur ein älteres der gleichen Zeitung mit dem gleichen Arzt zum gleichen Thema, dem aber der Absatz davorgestellt worden ist: "In einem Interview vom 15. März verbreitete der emeretierte (sic) Universitätsprofessor Wolfgang Granniger Verschwörungstheorien."
Weiters heißt es, dass sich die "Kurier"-Redaktion von den Aussagen Graningers im "Kurier" distanziert. Und sie fügt diese Distanzierung im Internet einem Interview hinzu, das der gleiche Journalist in der gleichen Zeitung mit Graninger eine Woche vorher gemacht hatte, und das stehen geblieben ist. Schmecks.
Das ist nun gewiss die sicherste Art, um Verschwörungstheorien einen Treibsatz zu verleihen, statt sie, wie vermutlich beabsichtigt, aus der Welt zu schaffen. Nur rätselt jetzt halb Österreich, wo eigentlich genau die Wahrheit, wo genau der Skandal, wo genau die Verschwörung, und wo genau die Verschwörungstheorie zu finden ist. Sind es die brisanten Aussagen des Arztes (der einst als Behandler von Bundespräsident Thomas Klestil nationale Bekanntheit erlangt hatte)? Oder ist es die ohne befriedigende Erläuterung erfolgte Eliminierung des ganzseitigen Textes aus dem elektronischen "Kurier"?
Es ist jedenfalls keine Frage, dass in Zeiten wie diesen die Bevölkerung für kritische Vermutungen extrem anfällig ist. Das merkt man an kleinen wie großen Beobachtungen.
Und exakt am gleichen Wochenende passiert dann der rätselhafte Graninger-Vorfall. Hat der "Kurier" jemanden zwei Mal ganzseitig interviewt, den man auf Grund seiner subjektiven Entwicklung nicht mehr interviewen hätte dürfen? Durchaus möglich – aber dann muss man den Fehler offen eingestehen. Ist das Interview gar eine Erfindung eines altgedienten Journalisten? Dann muss man das – siehe die Relotius-Skandale des "Spiegel – erst recht eingestehen. Oder hat Graninger Dinge gesagt, die – irgendwo "ganz oben" – für Irritationen gesorgt haben, und die daher möglichst umgehend wieder ausradiert werden sollen?
Keine Frage, dass inzwischen die meisten Österreicher, die das mitgebekommen haben, ganz automatisch der letztgenannten These anhängen. Je weniger Vertrauen zu Medien und zu voller Transparenz der Politik besteht, umso mehr Menschen sind dann von solchen Versionen überzeugt.
Das werden sie in diesem Fall auch deshalb umso mehr sein, als die Dinge, die der Virologe gesagt hat, keineswegs absurd klingen. Seine wichtigsten Aussagen:
Kein Satz, den man da liest, klingt wirr. Und dennoch bleibt man als Leser verwirrt. Und fragt sich: Wem kann man noch vertrauen? Als ob die Durchschnittsbevölkerung nicht ohnedies schon genug verwirrt wäre, die in sämtlichen Medien rund um die Uhr nur über die Krankheit und über jeden einzelnen Erkrankten lesen, sehen hören kann.
PS: Zu Graninger fällt einem nicht ganz zufällig die Aufregung der Chinesen am gleichen Wochenende in anderem Zusammenhang ein. Ein erkrankter spanischer Politiker hatte gepostet: "Meine spanischen Antikörper kämpfen gegen diese verdammten chinesischen Viren, bis sie sie bezwingen." Das sei "rassistisch", behauptete daraufhin empört die chinesische Botschaft in Madrid (statt beispielsweise "gute Besserung" zu wünschen). Nun, wenn schon dieser harmlose Galgenhumor eines Infizierten die asiatische Großmacht so erregt, wie sehr muss sie dann über die Worte Graningers empört gewesen sein …