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Führungsstärke hieße, jetzt auch Unpopuläres anzugehen

Während wir alle – von Woche zu Woche, von Monat zu Monat – bange warten, ob uns die Pharmaforschung endlich mit einem echten Corona-Durchbruch beglückt, gerät die Politik unter neue, jedoch andere Handlungsnotwendigkeiten. Denn kaum hat sie die zwischenmenschlichen Kontakte und damit auch die Ansteckungsgefahren drastisch hinuntergefahren, muss sie sich nun ernsthaft einer ganzen Reihe ganz konkreter ökonomischer und sozialer Probleme stellen, die auch Folge ihrer 38-Milliarden-Geldkanone sind. Wobei ich leider weder in der Regierung noch in der Opposition jemanden mit sonderlicher Kompetenz dafür sehe.

Es wäre jedenfalls naiv zu glauben, mit dem gigantischen Hilfspaket von 38 Milliarden, die zusätzlich an Wirtschaft und Arbeitnehmer fließen, hätte die Regierung ihre ökonomische Schuldigkeit begangen. Damit fängt diese vielmehr gerade erst so richtig an.

Wobei wohlgemerkt nicht die Verteilung noch höherer Summen gemeint ist. Es geht vielmehr um solche Notwendigkeiten, wo nicht mehr alle Oppositionsparteien und alle Sozialpartner so applaudieren werden wie in den letzten Wochen. Hier wären übrigens jene wenigen Medien besonders gefragt, die noch eine eigenständige kritische Meinung wagen und die nicht von den quadratkilometergroßen Sonderinseraten der Politik ruhiggestellt worden sind. (Die Mainstream-Medien sehen ja durch Attacken auf einen leichtgewichtigen Tiroler Gesundheitslandesrat wegen zu spät ergriffener Maßnahmen – samt völliger Verschonung des diesbezüglich genauso zu kritisierenden Gesundheitsministers – ihr Soll an kritischer Haltung erfüllt …).

Wirtschaftlich geht es gleich um zwei ganz zentrale Herausforderungen:

  1. Um den Arbeitsmarkt: Wir haben auf der einen Seite einen dramatischen Mangel an Arbeitskräften bei bestimmten Tätigkeiten, der sogar zur Zwangsdienstverpflichtung von Zivildienern und Präsenzdienern geführt hat; auf der anderen Seite geht die Zahl der Arbeitslosen stündlich steil in die Höhe.
  2. Um diese 38 Milliarden: Woher sollen die eigentlich kommen? Wer wird diese gewaltige Last letztlich zu tragen haben? Wie kommt eine Wirtschaft jemals von so viel bequemer Staatsabhängigkeit los? Welche Auswirkungen wird das haben? Wie merzt man den naiven Glauben aus, dass man sich all diese Milliarden einfach nur aus dem Bankomat der EZB abzuholen braucht, wie das Italien schon jahrelang tut? Wann begreift die Öffentlichkeit, dass Österreich jetzt ein viel größeres Finanzproblem hat als nur jenes, dass der Finanzminister jetzt halt keine Nulldefizit-Budgetrede halten kann?

Der Arbeitsmarkt

Problem eins: Das AMS wird jetzt für die zehn-, ja hunderttausenden zusätzlichen Arbeitslosen viele zusätzliche Milliarden brauchen.
Problem zwei: Plötzliche Arbeitslosigkeit stellt immer ein gewaltiges psychisches Problem für alle Betroffene und ihre Familien dar.
Problem drei: Über Nacht bleiben Zehntausende Arbeitskräfte aus Osteuropa aus. Weil sie nicht mehr über die Grenzen kommen können. Weil sie in Zeiten der Bedrohung bei ihren Familien bleiben wollen. Weil sich ihre Länder wirtschaftlich mit Ausnahme Rumäniens und Bulgariens inzwischen weit besser entwickeln als der Rest Europas. Oder weil sie schon in irgendeiner Quarantäne stecken.

Plötzlichen Arbeitskräftemangel durch die Krise oder das Fehlen der Osteuropäer gibt es bei folgenden Berufen:

  • Regalarbeiter oder Kassiere in den Lebensmittelmärkten;
  • Pflegekräfte für Zehntausende alte Mitbürger;
  • und Erntehelfer (für den ganzen Bogen von der frühen Spargel- bis zur späten Weinernte).

Während anderswo die Aufträge fast von hundert auf null heruntergerasselt sind, ist in diesen Bereichen der Bedarf unverändert groß – oder sogar noch größer geworden. Es fehlt auch nicht an Geld, um in diesen Berufen zu bezahlen.

Aber Österreich beschließt lieber kurzerhand die Zwangsverpflichtung junger Präsenz- und Zivildiener, statt mehr über die gleichzeitig in Massen arbeitslos Gewordenen nachzudenken – und über die vielen vom österreichischen Steuerzahler lebenden Asylwerber und Asylanten. In der österreichischen Realverfassung ist offensichtlich – mit Zustimmung aller Parteien! – echte Zwangsarbeit für junge Burschen leichter umsetzbar als finanzieller Druck auf Arbeitslose und "Flüchtlinge", sich zur Füllung der Lücken bereit zu finden. Das ist eigentlich nur noch krank (wobei ich im Übrigen selbst eine Wiederholung des Exempels der Kommunisten nicht mehr ausschließe, die in Osteuropa alljährlich die Studenten wochenlang zum Ernteeinsatz anstelle des Studiums gezwungen haben).

Sowohl gegenüber Arbeitslosen wie Asylwerbern und Asylanten wäre es jedenfalls absolut zumutbar, wenn ihnen sehr rasch ein Teil der finanziellen Bezüge gekürzt würde, sollten sie sich ohne akzeptablen Grund einer Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit entziehen. Natürlich muss für Arbeitslose jederzeit die Möglichkeit bestehen, sofort wieder in ihren alten Job zurückzukehren (der ja ohnedies vielfach für sie reserviert ist, falls es wieder Aufträge gibt). Man sollte ihnen auch einen Tag pro Woche freigeben, um sich anderswo zu bewerben (auch wenn das vorerst total aussichtslos sein dürfte).

Gewiss sollten Arbeitslose gegenüber Asylwerbern und Asylbesitzern bessergestellt werden: Denn für die AMS-Unterstützung ist ja jahrelang einbezahlt worden. "Flüchtlinge" haben hingegen nie etwas einbezahlt. Daher sollten AMS-Kunden ein höheres Entgelt als Bezieher von Grundsicherung bekommen. Aber auch diese würden durch Verrichtung solcher Jobs mehr in der Hand haben als bisher.

Gewiss wird man viele Flüchtlinge im Handel und als Pfleger nur beschränkt einsetzen können. Aber umso mehr als Erntehelfer.

Gewiss, wir haben einen zeitweise von allen guten Geistern verlassenen Verfassungsgerichtshof, der vor einigen Wochen allen Ernstes verboten hat, dass man Asylanten durch Kürzung der Mindestsicherung zum Erlernen der deutschen Sprache anhält. Aber auch dort im elfenbeinernen Turm richterlicher Weltfremdheit könnte ja die globale Corona-Krise ein Umdenken ausgelöst haben. Man darf nie die Hoffnung aufgeben, dass sich die Vernunft doch einmal durchsetzt.

Daher müsste eine mutige Regierung dringend aktiv werden, selbst wenn Rot und Blau nicht mehr mitziehen sollten. Und die Grünen könnten einmal zeigen, dass sie auch zu unpopulären Maßnahmen imstande sind. Und dazu, die ihnen so liebgewonnenen "Flüchtlinge" nicht nur zu fördern, sondern auch zu fordern.

Die 38 Milliarden

Hinter dieser Irrsinnssumme steckt offensichtlich die Devise: Alle bekommen etwas und niemandem wird etwas weggenommen. So erhält man zwar viel Beifall, aber diesen Eindruck zu erwecken ist schlicht verantwortungslos. Denn wenn man einem etwas ohne echte Gegenleistung gibt, wird mit Sicherheit immer jemand anderem etwas weggenommen.

Drei Gründe, warum hier dringend gehandelt werden sollte:

  1. Es gibt keine besseren Zeiten für unpopuläre Notwendigkeiten als die Corona-Zeiten, denn man wird für sie wohl nie wieder zumindest bei einem Teil der Bevölkerung so viel Verständnis finden wie jetzt (ganz ideale Zeiten gibt es sowieso nie).
  2. So notwendig es ist, in einer Krise kurzfristig gegenzusteuern, so gefährliches Gift wäre es, wenn sich jetzt der Eindruck kollektiv verfestigen sollte: "Wo auch immer ein wirtschaftliches Problem auftaucht, der Staat löst es eh. Wir brauchen uns nicht weiter anzustrengen. Wir bekommen unser Einkommen unabhängig davon, ob wir tüchtig und fleißig sind oder nicht; ob wir am Markt erfolgreich sind oder nicht" (das von allen Linken verteufelte Wort "Markt" heißt ja nichts anderes, als dass es andere Menschen gibt, denen das wertvoll ist, was man leistet, die also dafür zahlen).
  3. Wenn wir nicht energisch handeln, um die Gegenfinanzierung dieser 38 Milliarden sicherzustellen, sondern glauben, das Geld einfach aus dem EZB-Bankomat ziehen zu können, dann landet eine überschwere Last auf unseren Kindern, die sie irgendwann in die Revolution treiben wird. Ihnen droht eine doppelte Last: einerseits als jahrzehntelange Stagnationskrise, wie sie etwas alle Mittelmeerländer schon seit Jahrzehnten erleben; und andererseits in Form zusätzlich massiv angewachsener Verschuldung – wir haben ja auch in guten Jahren aus reinem (vor allem, aber keineswegs nur bei Sozialdemokraten beheimateten) Populismus Schulden angehäuft.

13 Reformnotwendigkeiten nach 13 Jahren Schlaf

Wo könnte, wo müsste eine mutige und handlungsfähige Regierung konkret tätig werden? Eine kleine Auflistung:

  1. Wie schon weiter oben begründet: Stärkerer Druck auf AMS-Kunden und Grundsicherungsbezieher, auch als minderwertig angesehene Arbeiten übernehmen zu müssen.
  2. Zügige Anpassung des Pensionsantrittsalters (insbesondere, aber keineswegs nur bei Frauen) – was auch in Krisenzeiten sinnvoll ist, weil es ohnedies erst Jahre nachher wirksam wird: Dies mildert nämlich vor allem die langfristige Belastung und Benachteiligung der jüngeren Generation.
  3. Starker Abbau von Bundes- und Landes-Subventionen für ideologische Vorfeld- und Denunziationsvereine (wie etwa Zara oder das DÖW).
  4. Verzicht auf alle "Klimarettungs"-Maßnahmen, die von der Voest angefangen die wichtigsten Player unserer jetzt ohnedies schwer erschütterten wirtschaftlichen Existenz zusätzlich beschädigen könnten.
  5. Gleichberechtigter Wettbewerb für die viel billigere Konkurrenz der so schwer das Budget belastenden ÖBB (wobei allerdings die Schieneninfrastruktur weiter im Monopol bleiben sollte).
  6. Die stets so ausgabenfreudigen Bundesländer müssen ihre Steuereinnahmen selbst verantworten (wobei die Bundesfinanzämter als Dienstleister weiterhin die Einhebung der von den Ländern vorgeschriebenen Steuersätze vornehmen könnten).
  7. Umstellung des Gesundheitssystems von der teuren Mischfinanzierung, in der man sich  ständig gegenseitig Kosten zuschiebt, auf ein einheitliches Finanzierungssystem durch die Krankenkassen.
  8. Umstellung von der Pflichtversicherung auf das Modell der Versicherungspflicht, also Herstellung eines echten Wettbewerbs im Gesundheitswesen, mit einem gesetzlichen Katalog an verpflichtenden Mindestleistungen samt der Möglichkeit von Selbstbehalten. Gleichzeitig betreibt der Staat, ob Bund, ob Länder, höchstens die bisherige Gesundheitskasse weiter, aber jedenfalls keine Sonderanstalten mehr für Beamte oder Selbständige.
  9. Abschaffung aller Sonderpensionen in staatsnahen Unternehmen, sofern diese nicht durch Beitragsleistungen finanziert sind (da sind wohl Verfassungsgesetze nötig).
  10. Abschaffung aller meinungseinschränkenden Gesetze wie der skurrilen Verhetzung, wodurch eine spürbare personelle Erleichterung der Justiz erreichbar wäre.
  11. Umsetzung aller Rationalisierungsmaßnahmen, die Josef Moser einst aufgelistet hat (er war zwar ein schwacher Justizminister, hatte aber am besten die wichtigsten Reformnotwendigkeiten für Österreich aufgelistet).
  12. Rückzug des Staates – also auch der Bundesländer! – aus allen wirtschaftlichen Beteiligungen, wo nicht ein natürliches Monopol besteht (wie etwa Wasserversorgung oder Schieneninfrastruktur).
  13. Abschaffung der Zwangsmitgliedschaften, insbesondere bei Arbeiterkammer und ORF.

Ich fürchte, nichts davon wird die Regierung realisieren, weil alles mühsam ist, weil es Widerstände gäbe, weil man sich Feinde machen würde. Und das alles wollen Politiker nicht. Wir haben daher schon 13 Jahre Regierungen, die auch in besseren Zeiten nie etwa das schon damals dringende Problem eines langfristig ob der ständig steigenden Lebenserwartung aus dem Ruder laufenden Pensionssystems anzurühren gewagt haben. Rot, Schwarz, Blau, Grün: Überall und immer hat der Populismus (also die Frage, ob eine Maßnahme nicht bei der Wahl schaden könnte) über die Grundrechnungsarten gesiegt.

Aber echte Leadership ließe sich nur durch solchen Mut beweisen. Der es in Zeiten wie diesen sogar am leichtesten hätte, von den selten reformbegeisterten Bürgern akzeptiert zu werden.

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