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Wer die Reaktion der österreichischen Politik auf die Corona-Epidemie beobachtet, der muss feststellen: Jeder Satz wie aus dem PR-Lehrbuch. Nicht so eindeutig ist hingegen, ob auch die Taten richtig sind und zu den Worten passen. Denn da lassen sich mehrere Fehler orten – nur werden diese medial ignoriert.
Ob es nun eine Epidemie ist oder eine Pandemie, wie mancherorts debattiert wird, ist zwar völlig wurscht. Tatsache ist aber, dass da etwas in Gang ist, was wir offenbar nicht unter Kontrolle haben. Das ist nach einer langen Epoche der Triumphe von Wissenschaft und Medizin unheimlich und ungewohnt.
Zugleich aber machen deren Triumphe im letzten Vierteljahrtausend zuversichtlich, dass bald auch die Corona-Epidemie unter Kontrolle kommen dürfte. Ist es doch in dieser Zeit gelungen, viele der wirklich großen Geißeln der Menschheit einzudämmen oder gar auszurotten: von der Pest bis zu den Pocken, von der Syphilis über TBC bis zur Kinderlähmung. So gut wie alle Massenmörder unter den ansteckenden Krankheiten sind durch Hygiene, Medizin, Wissenschaft und bessere Ernährung dramatisch gezähmt worden.
Davon sind nur jene Krankheiten auszunehmen, die lediglich in den armen Ländern des Südens grassieren, wie die Malaria und das Denguefieber. Dafür gibt es eine klare, wenn auch nicht sehr populäre Erklärung: Dort, wo der Kapitalismus die Forschung mit seiner klaren Gewinn- und damit Nutzenorientierung finanziert und antreibt (die von Linken immer als widerliche Gier denunziert wird), sind die wichtigsten positiven Resultate im Kampf gegen Viren und Bakterien geglückt. Hätten Linke Hirn, würden sie daher dafür kämpfen, dass auch überall im Süden der Kapitalismus einzieht, statt ihn im Norden mit abenteuerlichen Ideen ausrotten zu wollen (wie jetzt wieder der Chef der Sozialistischen Jugend, der eine 80-prozentige Vermögenssteuer fordert, ohne auf Kritik seiner Parteiführung zu stoßen).
Nicht ganz so erfolgreich sind wir im Kampf gegen nicht ansteckende Krankheiten. Also gegen alle mit unserem Lebensstil zusammenhängende (und zum Teil auch genetisch bedingte) Leiden: vor allem Herz, Kreislauf, Krebs. Aber auch da gibt es viele sensationelle Fortschritte von Pharma und Medizin.
90 Prozent der Menschheit haben heute ein längeres, gesünderes Leben als in früheren Epochen. Wer das nicht zusammen mit der erfolgreichen Zurückdrängung von Hunger, Armut und Analphabetismus als den wohl größten Fortschritt der Menschheit erkennt, der ist Opfer einer besonders schlimmen ideologischen Verbohrtheit.
Dieser historische Blick veranlasst auch zu einer gewissen Gelassenheit gegenüber der heutigen Corona-Aufregung. Eine Wiederholung dessen, was vor genau hundert Jahren passiert ist, ist auszuschließen: Damals hat die sogenannte Spanische Grippe bis zu 50 Millionen Menschen hinweggerafft. Diese Zahl wird diesmal mit Sicherheit nicht einmal in Promillesätzen erreicht werden. Nicht nur, weil von jedem "Verdachtsfall" (das ist de facto fast jeder winterlich an Erkältungen oder Grippe Erkrankte) nur 1 bis 5 Prozent mit dem Corona-Virus infiziert sind. Nicht nur, weil von diesen Infizierten lediglich 1 bis 5 Prozent daran sterben. Sondern vor allem, weil die Wahrscheinlichkeit extrem groß ist, dass die Medizin und die Pharma-Wissenschaft sehr bald wirksame Gegenwaffen entwickelt haben werden. Überall wird derzeit fieberhaft geforscht.
Freilich: Ein winziges theoretisches Restrisiko bleibt, dass das doch nicht so bald beherrschbar sein wird. Deshalb werden jetzt weltweit Veranstaltungen aller Art abgesagt. Deswegen werden in immer mehr Regionen Schulen und Theater geschlossen, finden Fußballspiele vor leeren Rängen statt.
Niemand wagt den Verdacht zu äußern, dass man derzeit – solange die Medien auf 200 Prozent Aufmerksamkeit geschaltet haben – aus übertriebener Hysterie weit übers Ziel hinausschießt. Aber eines kann man mit Sicherheit sagen: Für unser aller Gesundheit bleibt es mittelfristig das Wichtigste, unseren Lebensstil zu ändern statt Mundmasken zu tragen. Also vor allem: Übergewicht reduzieren, sich mehr bewegen und nicht rauchen.
Die Politik in Österreich reagiert, wie sie nach allen Handbüchern "Richtig Politik Machen" reagieren muss. Sie zeigt den Medien und Bürgern intensive Präsenz. Sie ist ständig in der Öffentlichkeit. Sie richtet Krisenstäbe ein. Sie erteilt reihenweise Tipps. Sie zeigt sich auf alle Eventualfälle vorbereitet.
Das einzige, was irgendwie noch fehlt, ist eine Sondersendung mit einem tief besorgten Bundespräsidenten. Aber wahrscheinlich setzt er schon einen Text rund um Vokabel wie "ernst nehmen", "Vertrauen", "Zusammenhalten", "Keine Panik" auf. Und natürlich wird auch die "Eleganz der Verfassung" zu preisen sein, die uns seit hundert Jahren vor allem Bösen schützen würde.
Die Politik hat gelernt: Kaum sind die Medien über irgendetwas beunruhigt, muss sie Präsenz zeigen, muss sie sich selbst ebenfalls besorgt zeigen, muss sie aber zugleich durch staatsmännische Körpersprache vermitteln: "Alles im Griff".
Was hingegen gar nicht geht, ist, seinen Urlaub fortzusetzen, wenn das Fernsehen dramatische Bilder dramatisch dreinschauender Politiker braucht. Dafür muss ein Politiker zur Verfügung stehen (auch wenn er nichts am Verlauf der Krise ändern kann).
Das hat etwa Alfred Gusenbauer im Sommer 2002 nicht beherzigt, als es ein schlimmes Hochwasser gegeben hat. Das hat etwa Ursula Plassnik nicht beherzigt, als Weihnachten 2004 im Indischen Ozean der Tsunami viele Strände hinweggespült hat. Das hat hingegen Viktor Klima gewusst, der in seiner Kanzlerzeit immer die roten Stiefel im Kofferraum hatte. Er hat sich freilich auch in einer hochwasserfreien Zeit von Journalisten mit diesem Allzeit-Bereit-Schuhwerk im Kofferraum ertappen lassen, was nicht so gut ankam. Denn wann Krisenalarm zu herrschen hat, bestimmen die Medien.
Auf den ersten Blick scheint die Regierung diesmal alles gut gemacht zu haben. Ist sie doch nirgends in Kritik geraten. Das hat zwei Gründe:
Dabei ist dieser Glassturz zumindest in einer ganzen Reihe von Punkten in Frage zu stellen. Zumindest wenn man die Corona-Grippe so dramatisch ernst nimmt, wie es Medien und Regierung seit rund einer Woche tun. Wenn man das schon so inszeniert, dann sollte man sie auch wirklich ernst nehmen. Jedoch:
Da ist es nur sehr schwer begreifbar, dass an der italienischen Grenze nicht einmal Personenkontrollen stattfinden (selbst auf die offenbar unerwünschte "Gefahr" hin, dass man dabei auch einige illegale Migranten findet …). Hängt das vielleicht mit massivem Druck aus Rom und der Tatsache zusammen, dass in Italien jetzt eine Linksregierung amtiert, die sich panisch vor dem wahrscheinlichen Wahlsieg der rechten Lega fürchtet, und der die Wiener Regierung – auch Sebastian Kurz – keine Schwierigkeiten bereiten will?
Logisch ist der komplette Verzicht auf diese genannten Maßnahmen angesichts der sonstigen Dramatisierung wie etwa der zeitweisen Sperre von Wiener Schulen, der Einschränkung der Kommunion-Verteilung in katholischen Gottesdiensten und der Absage zahlloser Veranstaltungen jedenfalls nicht.
Übrigens: Gespannt darf man auch sein, wie es jetzt weiter geht. Da fallen drei Dinge aus ganz anderen Bereichen auf: