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Die Grünen dominieren auch die ÖVP-Welt dieser Koalition

Täglich zeigen neue, zusätzliche Beweise, dass im Gegensatz zur offiziellen Sprachregelung die Grünen in fast allen Bereichen den Kurs der Regierung in ihrem Sinne verändert haben. Das gelang ihnen keineswegs nur in der Welt der "Klimarettung", die ihnen ja offiziell als Spielwiese überlassen ist. Das trifft vielmehr auch auf die Welt der Migrations-, Außen-, Europa- und Wirtschaftspolitik zu, die angeblich der ÖVP gehört.

Das hat nun der Brüssel-Besuch von Bundeskanzler Kurz neuerlich gezeigt. Der Spruch vom "Besten aus zwei Welten" als oberste Koalitionsregel ist Nonsens. Der grüne Chef Werner Kogler hat absolut recht, wenn er sagt: "Es gibt ja nur eine Welt" (womit er freilich insgeheim meint: Da diese eine Welt vor dem Untergang steht, was nur die Grünen wissen, haben sie das Recht, sich überall einzumischen).

Der EU gegenüber zeigt Österreichs neue Regierung nämlich nur in einem einzigen Punkt Härte – bei einem grünen Kernanliegen. Das ist die Blockade des Mercosur-Handelsabkommens mit Südamerika. Diese Blockade ist jedoch außen-, europa- und wirtschaftspolitisch ein reiner Unsinn, schadet den österreichischen Exportinteressen und nützt Österreich in keiner Weise. Man wartet gespannt auf die bisher völlig fehlenden Reaktionen der schwarzen Chefs von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung, die ja beide sehr wohlwollend zu Schwarz-Grün stehen.

Die grüne Aversion gegen Handelsabkommen liegt geistig auf dem Niveau des Merkantilismus des 18. Jahrhundert, als sich jedes Land (zum eigenen Schaden) gegen Importe abgeschottet hatte. Gewiss, auch viele Freiheitliche und etliche Bauernvertreter haben ein an jene Armutszeiten erinnerndes Wirtschaftsverständnis. Auch sie sind gegen fast jedes Handelsabkommen. Aber in der schwarz-blauen Regierung war klar, dass die FPÖ deswegen die Koalition nicht platzen lassen und dass Österreich das Abkommen ratifizieren wird. Die eigentlich mandatsmäßig viel schwächeren Grünen verhindern das jetzt hingegen. Noch dazu in der angeblich schwarzen "Welt".

Gewiss: Manche Fanatiker mögen die Bekämpfung argentinischer Rindfleisch- oder brasilianischer Sojaimporte für das wichtigste Anliegen Österreichs ansehen. Diese Fanatiker können jetzt feiern. Die große Mehrheit der Österreicher sieht hingegen zwei andere europapolitische Ziele für hundert Mal wichtiger an:

  • dass die EU endlich effizient gegen die illegale Migration vorgeht;
  • dass der Brexit nicht zu massiv höheren Zahlungspflichten Österreichs an die EU führt.

Beide Ziele finden sich zwar in fast allen Interviews des ÖVP-Obmannes. Aber sie sind offenbar reine Stehsätze aus dem alten Zettelkasten des Sebastian Kurz, die halt weiter verkündet werden. Sie werden keineswegs von den Grünen geteilt, die weiterhin jeweils das Gegenteil wollen. Und daher kann sie Kurz halt nur verbal betreiben, ohne jeden Nachdruck, ohne jede Konsequenz.

Stünde echte Konsequenz hinter den Kurz-Worten, dann würde er zum Beispiel einen Link zwischen diesen beiden Zielen und Mercosur machen: "Wir stimmen erst dem Handelsvertrag zu, wenn der (durch unser Wirtschaftswachstum ohnedies wachsende) EU-Beitrag Österreichs die von uns beschworene Grenze von ein Prozent des BIP nicht übersteigt; und wenn die EU effiziente Maßnahmen zur Migrationsabwehr trifft."

Warum die EU-Geldforderungen unbegründet sind

Zur Begründung der hohen Geldforderungen der EU an Österreich hat ausgerechnet der aus der ÖVP gekommene EU-Kommissar Johannes Hahn folgende Argumente angeführt, die jedoch alle leicht widerlegt werden können.

  • "Kampf gegen den Klimawandel": Dabei belasten immer neue EU-"Klima"-Vorschriften und CO2-Reduktionsziele das Budget und die Bürger Österreichs zunehmend enorm. Die Kosten der EU-Klimapolitik sind daher eigentlich ein Argument, weniger Geld nach Brüssel abzuliefern.
  • "Grenzsicherung": Solange da wegen der Pro-Migrationshaltung der europäischen Linken absolut keine effizienten EU-Maßnahmen absehbar sind, wäre es völlig absurd, diesem an sich guten Zweck auch nur einen Cent zu widmen.
  • "Positionierung der EU in der Welt": Das ist eine reine Phrase, die zeigt, dass den EU-Bürokraten kein echtes Argument einfällt.
  • "Nachbarschaftspolitik gegenüber Afrika": Dahinter versteckt sich die – auch von österreichischen Politikern des Öfteren verzapfte Illusion, dass die Migration abnehmen werde, wenn man den afrikanischen Lebensstandard erhöht (dem man, eine weitere Illusion, durch Entwicklungshilfe besser als durch Freihandel und Investitionsschutzabkommen zu fördern glaubt). In Wahrheit wird durch höhere Entwicklung der teure Weg via Schlepper ins Schlaraffenland Europa für hunderte Millionen Afrikaner überhaupt erst finanzierbar.

Aber nirgendwo wagt Österreich konkrete Kritik an diesen Phrasen der EU-Kommission.

Es wird auch nie ernsthaft diskutiert, ob die vielen Milliarden innereuropäischer Struktur- und Kohäsionshilfen weiterhin in diesem Umfang fließen müssen. Dabei haben diese in Osteuropa ihr Ziel weitgehend erreicht; die Mittel- und Nordosteuropäer sind wettbewerbsfähig geworden und können auf den eigenen Beinen stehen. Bei den Südeuropäern hingegen hat die Hilfe eindeutig die Ziele verfehlt, obwohl dort schon viel länger EU-Gelder hinfließen; daher wäre es auch Richtung Süden sinnlos, weiterhin Milliarden fließen zu lassen. Dort sind die Ursachen des Entwicklungsrückstandes ganz andere als Mangel an Hilfsmilliarden, sie fangen etwa mit dem Buchstaben M wie Mafia und K wie Korruption an.

Der Außengrenzschutz

Noch viel wichtiger ist der zweite Punkt, wo sich Österreich viel konsequenter einbringen müsste. Das ist der "Außengrenzschutz". Dieser wird zwar von vielen immer wieder verlangt. Was er jedoch konkret bedeuten müsste, wird hingegen fast nie angesprochen. Man kann ja realistischerweise nicht Zigtausende Kilometer europäischer Strände mit Stacheldrahtverhauen abmauern. Und man kann auch nicht jedes Schiff versenken, dass sich Europa nähert.

Man kann aber etwas anderes tun: sicherstellen, dass jeder illegale Immigrant wieder umgehend aus Europa hinausgebracht wird (bis auf die ganz wenigen, die die Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllen). Was zur Folge hätte, dass keiner die Reise nach Europa überhaupt noch anträte. Sebastian Kurz ist einer der wenigen westeuropäischen Politiker, der sich zwar mehrfach völlig richtig in diese Richtung geäußert hat (z.B. durch seinen Tadel für den "NGO-Wahnsinn" im Mittelmeer; z.B. durch das mehrfache Ansprechen des "australischen Beispiels"). Aber auch Kurz verfolgt dieses Ziel nie mit Konsequenz. Seine verbalen Prioritäten stimmen nicht mit denen seiner wirklichen Politik überein.

Tatsache ist, dass ein funktionierender Grenzschutz anstelle der Klimafixierung eine der zentralen Aufgaben der EU sein müsste. Das meiste von dem, was am wichtigsten wäre, kann nur die EU umsetzen:

  1. Alle Herkunftsländer müssten zur vollständigen Rücknahme abgeschobener Bürger ohne Mätzchen gezwungen werden; wenn sie es nicht tun, gibt es keine EU-Gelder, keine Handelserleichterungen, keine Visa.
  2. Jeder europäische Verein, der irgendwie die Schlepperei unterstützt, wird so streng bestraft, dass er das nie wieder tut.
  3. Für jene illegalen Migranten, die nicht rückgeführt werden können – etwa weil ihre Heimatländer trotz allem eine Rücknahme ablehnen, oder weil die Herkunft nicht eruiert werden kann –, werden in Nordafrika Anlandeplattformen errichtet (legitimerweise in Libyen, wo keine Regierung Kontrolle über Schlepperbanden hat – oder selbst eine solche ist). Dort werden sie durch EU-Truppen geschützt und verpflegt; von dort können sie überall hin reisen, nur nicht nach Europa).
  4. Neues EU-Recht müsste die wahnwitzige Fehlentwicklung der Judikatur europäischer Gerichtshöfe korrigieren, die immer mehr Mechanismen zur Legalisierung oder zum Verbleib von illegalen Migranten geschaffen haben.

Mit diesen vier Maßnahmen wäre das Migrationsproblem gelöst. Dennoch sind sie nur sehr schwer durchzusetzen. Deutschland etwa subventioniert ja im Gegenteil sogar viele Schlepperhilfs-NGOs.

Aber jedenfalls müssten sie von Österreich viel ernsthafter eingefordert werden. Dabei wäre auch eine enge Kooperation mit ähnlich gesinnten Ländern wie etwa den Visegrad-Staaten sinnvoll.

Jedoch wird es immer zweifelhafter, ob angesichts der Haltung des grünen Koalitionspartners das Ziel einer Abwehr der illegalen Migration für Sebastian Kurz noch mehr ist als Rhetorik. Denn die Grünen haben zu diesem Thema weiterhin völlig konträre Vorstellungen von der ÖVP. Und sie lassen sich dabei auch dadurch nicht beirren, dass Migration angeblich nur in die ÖVP-Welt dieser doppelweltigen Koalition gehört. Das hat man erst in den letzten Stunden auch wieder am grünen Protest dagegen sehen können, dass Außenminister Schallenberg an der Ablehnung des UNO-Migrationspaktes festhält (diese ist eine positive Erbschaft von Schwarz-Blau, zu der auch im neuen Koalitionspakt nichts Gegenteiliges steht).

Wenn also selbst der gegenwärtige Status quo auf grünen Widerstand stößt, kann man sich ungefähr ausmalen, wie wenig realistisch die Migrations-Ziele von Kurz in Wahrheit sind.

Die Klima-Strafzahlungen

Österreich hätte – neben EU-Budget und Migration – noch in einem dritten Punkt großes Eigeninteresse an einer Änderung von EU-Recht. Das wären die drohenden Strafzahlungen, weil Österreich die sogenannten EU-Klimaziele (mit Sicherheit) nicht erreichen wird. Diese Ziele waren von Österreich trotz heftiger Warnungen seriöser Experten einst in rot-schwarzen Zeiten unterschrieben worden. Damals hat jeder Regierungspolitiker in der Überzeugung gehandelt, dass er dann ohnedies nicht mehr im Amt sein wird, wenn die Zahlungen fällig sind. Damals hat die Politik (auch im Konsens mit der Opposition!) wieder einmal auf Kosten der Zukunft bequem populistisch zu sein beschlossen. Jetzt aber nahen diese Zeitpunkte, wo die Zahlungen fällig werden.

Der große Fehler bei der damaligen Zielvereinbarung war (abgesehen von der Frage der gesamten Sinnhaftigkeit der Klimapanikmache), dass die ehrgeizigen Reduktionsziele auf Basis des Jahres 1990 festgelegt worden sind. Österreich war aber schon damals sehr umweltbewusst. Es hat schon damals wegen seiner vielen Wasserkraftwerke beispielsweise viel weniger Kohle genutzt. Hingegen konnten die Osteuropäer (einschließlich Ostdeutschlands, was jetzt der ganzen Bundesrepublik zugutekommt!) die Erreichung von Zielen auf der Basis 1990 locker allein durch Schließung der umweltverpestenden und ineffizienten Fabriken des Kommunismus und  durch den Bau neuer sauberer Anlagen schaffen.

Jedoch: Klimathemen gehören in die grüne Abteilung der Zwei-Welten-Koalition. Daher ist eine kluge österreichische Politik noch viel weniger zu erhoffen als dort, wo uns eigentlich eine ÖVP-Welt vorgespiegelt wird. Da bräuchte es schon die Durchsetzungskraft einer Margaret Thatcher, die ich vor zwei oder drei Jahren Kurz noch zugetraut habe. Heute nicht mehr.

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