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Der Kulturskandal um Konrad ist einer – aber ein ganz anderer

Ja, die Nichtverlängerung dreier Kultur-Kuratoriums-Vorsitzender durch die neue Koalition enthüllt einen Skandal. Nur der Skandal liegt ganz wo anders als dort, wo ihn das Protestgeheul der Oppositionsparteien und Mainstream-Medien ortet.

Dem Steuerzahler und kulturinteressierten Österreicher kann es nämlich völlig gleichgültig sein, ob den drei Herren am ersten oder am letzten Arbeitstag einer Kulturministerin das Verabschiedungsmail geschickt worden ist, solange er es als richtig ansieht. Ihn empört eine ganz andere Frage rund um die Herren Christian Konrad, Hannes Sereinig und Peter Kostelka, die Kuratoriumsvorsitzende in Albertina, Museum für Angewandte Kunst, beziehungsweise Technischem Museum gewesen sind: Mit welcher Begründung haben sie einst überhaupt diese Funktionen im Kulturbereich bekommen?

Denn es ist nicht die geringste kulturelle Qualifikation eines der Herren bekannt oder irgendeine relevante Aktivität zugunsten des Hauses, für das sie jeweils zuständig waren. Hier enthüllt sich der allerübelste Postenschacher, mit dem sich die Akteure der rot-schwarzen Koalition selber ständig bedient haben: In diesem Fall zweimal zugunsten der SPÖ, und einmal zugunsten der (damaligen Mitterlehner-)ÖVP.

Kostelka war davor SPÖ-Klubobmann gewesen, sowie Erfinder eines gewissen Christian Kern und ist noch immer SPÖ-Pensionistenvertreter; Sereinig war davor Kabinettschef des SPÖ-Bundeskanzlers Franz Vranitzky gewesen und saß dann auf einem SPÖ-Posten im Vorstand des Stromkonzerns Verbund; und Christian Konrad war allmächtiger Raiffeisenboss mit massiver Nähe zum Ex-ÖVP-Chef Mitterlehner gewesen, und mit noch massiveren Aversionen gegen die Politik des Sebastian Kurz.

Von Claudia Schmied bis Thomas Drozda haben sozialistische Minister diese einst für Rot-Schwarz wichtigen Männer mit neuen Funktionen versorgt. Ohne dass die Öffentlichkeit jemals informiert worden wäre, wozu diese Kuratorien überhaupt gut sind. Denn von der Bestellung neuer Museumsleiter bis zum Budget waren jeweils einzig Kultur- und Finanzminister für absolut alle Fragen rund um die Museen zuständig.

Mit viel Phantasie kann man sich höchstens für die Zeiten des rot-schwarzen Proporzes eine gewisse Funktionalität der drei Herren zugunsten der jeweiligen Museen und Minister ausdenken: Sie könnten hinter den Kulissen bei den Ministern zugunsten ihrer Häuser – also zugunsten ihres Budgets – interveniert haben, und sie haben umgekehrt vor den Kulissen pflichtschuldig den Ministern applaudiert, wie toll doch ihre Entscheidungen (etwa über die Bestellung eines Museumsdirektors) denn seien.

Spätestens seit dem Jahr 2017 war aber auch diese theoretische Marginalfunktionalität versandet. Eine Intervention roter Ex-Politiker bei Schwarz-Blau hätte mit absoluter Sicherheit das Gegenteil erreicht. Und die eines Christian Konrad erst recht, hat er doch ständig öffentlich von links gegen die Regierung gestänkert. Konrad hat übrigens auch im Raiffeisenkonzern seit seiner Verabschiedung keinerlei Einfluss mehr; dieser ist wieder zu einer konservativ-bäuerlich-bürgerlichen Institution geworden.

Konrad steht zusammen mit seinem Ex-Kurier-Chefredakteur Brandstätter heute nur noch den linksliberalen Neos nahe, die sich jetzt auch sofort als erste für ihn aufgepudelt haben. Aber auch die Neos wären gut beraten, mehr auf Distanz zu Konrad zu gehen, ist er doch mit seinem radikalen Pro-Flüchtlingskurs und seinem Engagement für das Monsterhochaus neben dem Konzerthaus alles andere als ein Wählermagnet (wobei im übrigen Konrads Hochhaus-Engagement beweist, dass ihm jede Kulturkompetenz fehlt).

Die steuerzahlenden und kulturaffinen Österreicher haben daher durchaus großen Anspruch auf Klarlegung. Aber nicht wegen der Dinge, wegen der sich jetzt Rot, Pink und die ihnen nahestehenden Medien aufregen, sondern wegen viel wichtigerer Fragen:

  • Wozu sind diese Kuratorien überhaupt gut?
  • Wieviel könnten die Museen an zusätzlichen Budgets bekommen, gäbe es die Kuratorien nicht?
  • Warum sind einst ausgerechnet diese drei Politikveteranen ohne jede Kulturnähe an die Spitzen dieser Kuratorien geraten und so lange geblieben?

Diese Fragen müsste vor allem Drozda selbst beantworten, der sich jetzt wegen der Nichtverlängerung seiner drei Schützlinge so erregt. Und er müsste vier noch viel wichtigere Fragen beantworten:

  • Warum hat er in der Staatsoper einen exzellenten, von der gesamten Opernwelt und erst recht vom Publikum hochverehrten und kaufmännisch sehr erfolgreichen Direktor abgeschossen, der höchste Qualität ohne Skandale produziert (um den sich prompt und umgehend die Mailänder Scala als Chef gerissen hat)?
  • Warum hat er einen in der klassischen Musik und in der Opernwelt völlig unbekannten Mann der Popmusik an die Spitze der für Wien so wichtigen Oper gesetzt, der dort ab September das Sagen haben wird?
  • Wie wird Herr Drozda persönlich den Schaden verantworten, den seine rein ideologisch motivierten Besetzungen für Oper und Tourismus auch in finanzieller Hinsicht auszulösen drohen?
  • Wie trägt Drozda zur Deckung des mindestens sechsstelligen Schadens bei, der durch die von ihm persönlich ausgesuchte kaufmännische Leiterin des Burgtheaters jetzt schon entstanden ist (die völlig überforderte und zahllosen rechtswidrigen Ansinnen gegenüber willfährige Frau ist gerade strafgerichtlich verurteilt worden – während in Österreich die wirklich Schuldigen ja offenbar nie verurteilt werden)?
  • Wie viele der rechtswidrigen Praktiken im Burgtheater waren auch schon üblich, als Drozda selbst noch kaufmännischer Leiter des Hauses gewesen ist.

Aber statt etwas zur Widergutmachung zu tun, hat Drozda ja auch im Burgtheater eine rein ideologisch motivierte Neubesetzung der Spitze vorgenommen. Das Haus verliert unter diesem neuen Chef nun endgültig seine Rolle als österreichisches Nationaltheater. Hier wird allerdings der zusätzliche finanzielle Schaden nicht sonderlich groß sein, weil das Burgtheater schon seit längerem ziemlich kaputt gemacht worden ist.

Hochinteressant ist an der Aufregung der letzten Stunden aber auch noch ein anderer Aspekt: Die erstaunliche Überzeugung der SPÖ, dass sich die Grünen automatisch für Postenversorgung von SPÖ-Altpolitikern (und einem großkoalitionären Geschäftemacher) starkmachen müssten. Und dass die Grünen "umgefallen" seien, weil sie das nicht getan haben. Die rote Aufregung beweist, wie sehr man in der SPÖ die Grünen bloß als Sektion der eigenen Partei mit anderer Tarnfarbe sieht.

Die ÖVP aber wird sich fragen müssen, warum ihr Kulturminister Blümel zwei Jahre lang praktisch inaktiv gewesen ist. Nicht nur in Sachen überflüssiger und unbrauchbarer Kuratoren, sondern auch in Sachen der epochalen Katastrophe, die da in Staatsoper und Burgtheater stattfindet. Er scheint nie versucht zu haben, da irgendeine Rettungsaktion zu starten.

Die ÖVP muss sich aber auch noch mit etwas anderem auseinandersetzen – auch wenn sie es eigentlich schon langsam wissen sollte: Seit die Freiheitlichen weg sind, steht nun sie selbst mit jeder Maßnahme ständig im medialen Kreuzfeuer.

PS: Man stelle sich übrigens ein paar Sekunden lang vor, was passiert wäre, wenn die Regierung statt eines pinken und zweier roter Altpolitiker drei Blaue (oder Türkis-Schwarze) verabschiedet hätte: Der Medien- und Fernsehwald hätte vor lauter "Hoch!"-, "Zeit wars!"- und "Bravo!"-Rufen nur so vibriert.

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