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In vielen Internet-Foren, so auch in diesem Tagebuch, ist unter jenen, die sich mit Postings an der – wichtigen, lobenswerten und notwendigen – öffentlichen Diskussion beteiligen, ein problematischer Wettbewerb eingetreten: Manche versuchen sich beim Kommentieren geradezu gegenseitig an scharfen und aggressiven Formulierungen zu überbieten. Das verschreckt viele andere. Das reduziert auch den an sich großen Wert solcher Diskussionsforen, wenn sich dort abwägende Überlegungen und Argumentationen, die neben einem "einerseits" auch ein "andererseits" kennen, an den Rand gedrängt fühlen.
Das ist auch deshalb übel, weil sich dadurch die Politik zur ständigen Ausdehnung von zensurartigen Gesetzen und Maßnahmen legitimiert sieht. Das ist damit eine eindeutige Selbstbeschädigung der Bürger.
So gibt es etwa an der neuen Justizministerin Zadic viel zu kritisieren. Was auch hier deutlich geschehen ist. Aber wenn das in die reine Aggression kippt, wenn alles Positive an Zadic übersehen wird, wenn es angeblich sogar Morddrohungen gibt (von denen ich allerdings selbst keine einzige wirklich gesehen habe), dann ergreift die politmediale Macht darin sofort den Vorwand, nicht mehr auf für sie unangenehme Sachargumente eingehen zu müssen, sondern sich selbst zu Opfern zu stilisieren und gleichzeitig den Maulkorb vor den Bürgern noch enger zu zurren. Damit kann sie jede noch so berechtigte Kritik abschmettern.
Gerade Bürger, die mit vollem Recht angesichts des Versagens und der Verantwortungslosigkeit von Teilen der Politik mehr Mitsprache fordern, müssen ihrerseits zeigen, dass sie mit dieser Mitsprache verantwortungsvoll umgehen. Das tun zwar die allermeisten, aber nicht so wenige lassen sie sich doch bisweilen dazu hinreißen, Scharfmachern zuzujubeln. Und das wird von der Politik und allen Gegnern einer Bürgermitsprache zum Anlass genommen, die Bürger als unfähig hinzustellen, alle Sachargumente zu ignorieren und sich nur – ein wenig übertrieben und künstlich – bloß über Aggressionen aufzuregen. Daraus folgt dann regemäßig ein weiterer politischer Anlauf, den ohnedies schon schlimmen "Verhetzungsparagraphen", und der Schaffung einer stasi-artigen Task-Force in der Staatsanwaltschaft im Stile einer totalitären Diktatur weitere Einschränkungen der Meinungsfreiheit hinzuzufügen. Grundrechte hin oder her.
Gerade die aktuelle Klimadebatte zeigt ja auch auf anderem Gebiet, wie schlimm sich Einseitigkeiten eskalieren: Dort wird nicht nur mit dem oft brutalen Terror der linken Klimaaktivisten jede sachliche Diskussion unterbunden, dort behindern auch viele politische Strukturen von der Gemeinde- bis zur UNO-Ebene einen Austausch der Argumente auf Augenhöhe. Nur durch einen solchen Austausch aber, nur durch die Regel, dass sich im Sinne Karl Poppers jede These einer Gegenthese und möglichen Widerlegung stellen muss, kann Wissenschaft vorankommen. Denn es gibt – wenn man einmal die transzendente Ebene der Religionen ausklammert – keine ewigen Wahrheiten, die nicht ständig immer wieder der kritischen Überprüfung auszusetzen wären.
Wenn solche Überprüfungen abgelehnt oder gar verhindert werden, entfernen wir uns mit Sicherheit mehr von der Wahrheit, als uns ihr zu nähern. Zwar glauben einfache Gemüter: Die Wissenschaft wisse ohnedies schon alles Nötige, und allen Menschen wie Wissenschaftlern anderer Meinung sei daher der Mund zu verbieten. Dabei wollen gerade jene Wissenschaftler, die sich der sachlichen Debatte und Überprüfung zu entziehen versuchen, gar nicht Wahrheit, sondern nur Macht. Und die Politiker, die sich auf sie berufen, erst recht.
Was vor allem in diesen Bereichen ein Riesenproblem ist, wo ja die axiomatische Behauptung, der Mensch sei hauptschuld an der Erwärmung, gar nicht wie sonst in den Naturwissenschaften experimentell bewiesen oder widerlegt werden kann, sondern nur auf Computermodellen beruht. Und bei solchen kommt halt hinten immer das heraus, was Menschen zuvor vorne hineingegeben haben.
Gerade angesichts des totalitären Machtanspruchs der von der unwiderlegbaren Behauptung eines bevorstehenden Weltuntergangs ausgeht, wären eigentlich Internet-Foren aufgerufen, ein gutes Beispiel dafür zu geben, dass uns nur gesitteter Dialog, ruhiger Austausch von These und Antithese voranbringen können. Aber niemals Kraftausdrücke. Aber eben auch niemals Diskussionsverbote.