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Eitel gefärbte und noch eitler geföhnte Haare eines 73-Jährigen; ein präpotenter Gesichtsausdruck; martialisch-angeberische Rhetorik; ständige extreme Schwarz-Weiß-Malerei in seinen Twitter-Äußerungen: Es fällt schwer, Donald Trump nicht nicht zu mögen. Er ist schlicht zutiefst unsympathisch.
Offenbar sieht das auch fast alle Welt so, ganz besonders die europäische Medienwelt, wo selbst der jüngste Redaktionslehrling weiß: Wenn er auf Trump schimpft, liegt er für die Redaktionskollektive immer richtig.
Auf der anderen Seite stehen die, die ihn keineswegs als den widerlichsten Politiker der Neuzeit sehen. Ganz im Gegenteil: Sie bejubeln den amerikanischen Präsidenten geradezu abgöttisch. Vor allem in den USA selber tun das viele. In Europa nur eine Minderheit.
Es ist ganz erstaunlich, wie schwierig es ist, dazwischen ein sachlich-abwägendes Urteil zu finden. Denn an Trump ist in Wahrheit zwar vieles wirklich scharf zu kritisieren, vieles aber auch erstaunlich lobenswert.
Die jüngste Iran-Krise ist eine ideale Gelegenheit, um seine Politik zu analysieren. Dabei zeigt sich ein erstaunliches Phänomen: Bei keinem bekannten Spitzenpolitiker klaffen Worte und Taten so massiv auseinander. Das ist bei ihm keine Schizophrenie, sondern bewusste Strategie. Vor allem in seinen unzähligen Twitter-Kurzbotschaften wirkt Trump wie der ärgste Kriegstreiber des letzten Dreivierteljahrhunderts. In seinen konkreten Taten wirkt er jedoch wie der entschlossenste Pazifist.
Diese scheinbar widersprüchliche Bewertung Trumps gilt auch trotz der Tötung des offiziellen Kommandanten der iranischen Revolutionsgarden und geheimen Kommandanten diverser Schiiten-Milizen Soleimani durch ein amerikanisches Geschoß. Seine Truppen haben mehrere nahöstliche Staaten direkt destabilisiert und dabei schon mehrfach amerikanische und gemäßigt-arabische Einheiten direkt angegriffen. Vor diesem Hintergrund ist seine gezielte Tötung letztlich eine gemäßigte, (möglicherweise) friedensfördernde und legale Antwort.
Das beweist etwa auch ein historisches Gedankenspiel: Hätte Österreich-Ungarn 1914 die Möglichkeit einer individuellen Tötung des serbischen Thronfolgers als Reaktion auf die Ermordung von Thronfolger Franz Ferdinand gehabt und genutzt, hätte es zumindest eine gewisse Chance gegeben, dass es nicht zu zwei Weltkriegen samt den braunen und roten Totalitarismen mit ihren Zig-Millionen Opfern gekommen wäre.
Donald Trump war in seiner bisherigen Amtszeit als US-Präsident aber tatsächlich total pazifistisch, insbesondere im Vergleich zu Vorgänger Obama, den Friedensnobelpreisträger. Trump hat sich aber dennoch das Image eines Kriegstreibers erarbeitet: durch seine aggressiven und martialischen Äußerungen über Twitter. In Wahrheit haben diese – so hart sie auch oft klingen mögen - aber sehr positive Effekte: Einerseits dienen sie zum Zweck des Dampfablassens, ohne dass irgendwo wirkliches Blut flösse. Anderserseits dürften die Trump-Drohungen aber auch einen kausalen Beitrag dazu leisten, dass die den Weltfrieden am meisten bedrohenden Staaten vorsichtiger geworden sind. Das gilt insbesondere in Hinblick auf Nordkorea und Iran.
Zwar kann sich die Weltgeschichte in beiden Fällen noch zum Bösen wenden, weil irgendwann könnten diese Staaten entdecken, dass Trump immer nur droht, aber nie wirklich das Leben amerikanischer Soldaten einsetzen will. Aber vorerst scheint seine Mischung aus Zuckerbot und Peitsche doch eine gewisse Mäßigung erreicht zu haben. Mehr jedenfalls, als es die Trump-Vorgänger geschafft haben.
Die iranischen Meldungen, dass die Revanche-Angriffe auf amerikanische Ziele im Irak 80 Todesopfer gefordert hätten, waren daher – wie so vieles in diesem Raum – reine Propaganda für den Heimgebrauch. Sehr viele Opfer hat es hingegen auf iranischer Seite durch die eigene Unfähigkeit gegeben. So sind bei den hypertrophen Trauerfeiern für Soleimani 56 Menschen erdrückt oder zerquetscht worden. Und noch schlimmer war der Abschuss eines ukrainischen Flugzeugs knapp nach dem Start in Teheran, der gleich 176 Opfer gefordert hat. Der war zwar sicher von niemandem beabsichtigt, zeigt aber, wie chaotisch es auf iranischer Seite zugeht.
Dieser Abschuss hat frappierende Ähnlichkeiten mit dem Abschuss einer Maschine aus Malaysia mit niederländischen Passagieren im ukrainischen Kriegsgebiet im Jahr 2014. Er hat sogar 298 Todesopfer gefordert. Beide Male dürfte keine politische oder militärische Absicht dahintergesteckt sein. Beide Male dürften russische Raketen im tödlichen Einsatz gewesen sein. Was zumindest darauf hindeutet, dass diese Raketen in ungeübten Händen ein extremes Risiko darstellen.
Zurück zu Trump: Gerade die hasserfüllten Reaktionen seiner nationalen wie internationalen Kritiker rufen die völlig anderslautende Wahrheit in Erinnerung, dass er sich zumindest bisher eindeutig friedlicher und verantwortungsbewusster verhalten hat als seine Vorgänger. Hunde, die aggressiv bellen, mag man zwar nicht; aber sie sind eindeutig jenen vorzuziehen, die auch zubeißen.
Es gibt jede Menge von "Experten", die sagen, die amerikanische Politik scharfer Sanktionen gegen Iran sei unwirksam. Aber dem ist nicht so. Das sieht man etwa daran, dass sich allein Österreichs Handel mit Iran im Vorjahr als Folge der Sanktionen halbiert hat. Iran ist heute zweifellos in seiner Kapazität reduziert, Unheil anzustiften und die besonders gefährlichen Milizen wie Hamas oder Hisbollah sowie wie alle jene irregulären Schiiten-Einheiten, die im Irak, in Syrien und im Jemen marodieren, mit Geld und Waffen auszustatten.
Auch die im Vorjahr stark angewachsene Unzufriedenheit vor allem der städtischen Bevölkerung des Iran mit der Mullah-Diktatur hängt ganz sicher mit der von den Sanktionen verursachten wirtschaftlichen Krise zusammen. Zwar sind zuletzt ihre Demonstrationen abgeflaut. Aber sie werden mit Sicherheit nach Abklingen der Soleimani-Trauerkundgebungen wieder aufflammen. So wie es ja auch im Irak massive regierungskritische und antiiranische Manifestationen gibt.
Wer den Nahen Osten nüchtern analysiert, muss zu dem Schluss kommen, dass mit einer Ausnahme die amerikanische Politik im Wesentlichen richtig ist – zumindest aus US-Perspektive: Trump will zunehmend die USA aus den Konflikten herausnehmen und auf die gemäßigten arabischen Staaten wie Ägypten und Saudi-Arabien setzen. Die sind zwar auch keineswegs Demokratien. Sie gehen – so wie fast alle islamischen Staaten in diesem Raum – mit Regimegegnern brutal um. Aber sie sind weitgehend stabil. Und sie sind die Hauptursache, dass es schon lange keinen Nahostkrieg gegeben hat.
Bei der erwähnten Ausnahme aber kommen wir zu jenen Punkten, die Trump wirklich vorzuwerfen sind. Wo er wirklich schwere politische Fehler begangen hat, die jedoch ob der ständigen Hasswellen seiner Gegner untergehen.
Ansonsten spricht aber viel für Trump. Und das muss, das müsste eine seriöse Beobachtung genauso vermerken – auch wenn seine Persönlichkeit weiterhin unsympathisch bleibt: