Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
In den vergangenen Tagen wurde zu Recht und mit großer internationaler Anteilnahme des 75. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz gedacht. Auschwitz steht für das schlimmste Verbrechen, das je von Menschen deutscher Sprache begangen worden ist. Bei diesem Gedenken fielen jedoch gleich zwei Dinge als extrem ärgerlich auf. Denen als zumindest verständlich der große Ärger Polens, auf dessen Staatsgebiet Auschwitz liegt, über bestimmte Aspekte des Gedenkens anzureihen ist.
Um mit diesem dritten Ärger zu beginnen. Seinetwegen haben die Polen die in Israel stattfindenden Gedenkfeiern boykottiert und eigene Feiern veranstaltet. Das große osteuropäische Land zeigte dadurch einmal mehr, wie sensibel es den internationalen Umgang mit seiner eigenen Geschichte beobachtet. Die Polen sind empört, weil ein aktueller israelischer Gedenkfilm den Kampf polnischer Soldaten gegen Hitler zu Unrecht völlig ausgeklammert hat. Und noch mehr sind sie empört, weil Russland in letzter Zeit ganz besonders vehement jede Mitschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ablehnt.
Es ist jedoch Tatsache, dass die kommunistische Sowjetunion mit Hitler am Vorabend des Kriegsausbruchs einen Pakt abgeschlossen hat, in dem die beiden Diktaturen die brutale Aufteilung Polens und Osteuropas quer über eine ganze Reihe von Staaten und Völkern hinweg beschlossen haben. Ohne diesen Pakt wäre möglicherweise der Weltkrieg gar nicht ausgebrochen, wäre den Deutschen der Angriff auf Polen zu riskant erschienen.
Daher stünde es den Russen gut an, wenn sie zu mehr historischer Selbstkritik imstande wären – so berechtigt ihr Verweis darauf auch ist, dass sie dann später selbst von Hitler überfallen worden sind und ganz schwere Opfer hinnehmen mussten. Freilich: Auch den Polen stünde – bei aller Berechtigung ihrer Empörungspunkte – etwas Selbstkritik gut an. Denn es gab eindeutig auch einen autochthon polnischen Antisemitismus, wenngleich mit der deutschen Vernichtungsmaschinerie nicht vergleichbar. Und das historische Verhältnis zwischen den beiden Warschauer Aufständen gegen die Nazis – dem jüdischen und dem erst nach dessen Niederschlagung losgegangenen nationalpolnischen – ist vorsichtig ausgedrückt ebenfalls problematisch.
Jenseits dieser historischen Kontroversen und Empörungen aus Polen sind aber aus europäischer Perspektive zwei durchaus gegenwärtige Aspekte der Gedenkfeiern noch viel ärgerlicher:
Was sind eigentlich solche Veranstaltungen und die vielen dabei gefallenen hochtrabenden Reden wert, wenn die zentralen Aspekte in Hinblick zum heutigen Antisemitismus so zynisch übergangen werden?
PS: Ich ersuche eindringlich auf alle Postings zu verzichten, die auf ein "Aber die Juden sind ja doch schuld" hinauslaufen.