Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Österreich wird wohl in Kürze eine der linkesten Regierung bekommen, die es je gehabt hat. Alle Hoffnung ist vergebens gewesen, die politische Klasse würde es beachten, dass die Wähler eigentlich eine Mehrheit rechts der Mitte gewählt haben. Sie hat unter läppischen Vorwänden und unter massivem Verschulden von ÖVP und FPÖ dennoch den Weg nach links gewählt. Die einzige offene Frage ist jetzt nur noch: Wie kann Sebastian Kurz, der im Wahlkampf als oberstes Wahlziel eine ordentliche Mitte-Rechts-Politik angekündigt hat, seinen Wähler noch jemals vor die Augen treten, die ihn ja für eine solche Politik und nicht wegen seines netten Gesichts gewählt haben, ohne dass sie Reinhold (wie Mitterlehner) zu ihm sagen? Will er uns etwa ernsthaft glauben machen, die Politik der nächsten fünf Jahre wäre vorweg in einem Koalitionsprogramm festzurrbar, weshalb alle Ängste vor dem Regierungseintritt einer linksradikalen Partei überflüssig wären? (mit nachträglicher Ergänzung)
Nun, ich kenne noch genausowenig den Inhalt der schwarz-grünen Vereinbarungen wie all die anderen, die diese jetzt öffentlich diskutieren. Aber es ist absolut denkunmöglich, dass die Vereinbarung in Summe keinen signifikanten inhaltlichen Linksschwenk bedeutet. Denn gäbe es keinen solchen deutlich herzeigbaren Linksschwenk in elementaren Punkten, dann bräuchte Werner Kogler gar nicht erst zu versuchen, die grüne Bundesversammlung vom Eingehen der Koalition zu überzeugen. Er würde mit Sicherheit durchfallen.
Denn die Zahl jener Grünen, die sich auf einen Ministerposten oder eine andere gut bezahlte Funktion freuen können, wäre wohl zu gering, um allein damit eine glaubwürdige Mehrheit auf der grünen Bundesversammlung zu sichern. Viele grüne Funktionäre sind vielmehr ideologisch in der Wolle gefärbte Linke, die mit Sicherheit nicht die Staffage für eine ordentliche Mitte-Rechts-Politik hergeben wollen, und grüne Landtagsabgeordnete, die in Kürze ja wieder die Stimmen der linken Wähler haben wollen.
Zwar sind fast alle Vorstellungen der Grünen für die Zukunft unseres Wohlstands und unserer Freiheit schädlich, zwar ist ihr ganzes Menschenbild jedem Wertkonservativen zuwider, aber man muss der grünen Basis immerhin zubilligen, dass sie für diese Vorstellungen einsteht und noch nicht ganz dem Opportunismus verfallen ist. Daher muss aber die Parteiführung dieser Basis viel linkes Futter geben, auch wenn sie schon etliche Erfahrung hat, sich über die Basis hinwegzusetzen. Man denke nur an das Hochhaus neben dem Konzerthaus: Da ergab eine Urabstimmung der Grünen in Wien ein klares Nein. So als hätte es diese Abstimmung nicht gegeben, engagieren sich die Grünen in Stadt- und Gemeinderat weiterhin völlig unverändert für das Hochhaus (verbunden mit ein bisschen Korruption halt ...).
Aber die grüne Basis wird Österreichs Bürgerlichen ohnedies nicht die Freude machen, Nein zu sagen. Es wird sich mit Sicherheit im Koalitionsprogramm genug für sie finden, etwa milliardenschwere Lasten und Schikanen zugunsten der bei den Grünen gerade aktuellen Klimareligion, die auch gleichzeitig die von Linken so gehasste Wirtschaft schwer treffen.
Die grüne Versammlung darf zum Unterschied von der ÖVP über einen Koalitionspakt abstimmen. Das hat der Parteiführung bei dessen Aushandlung automatisch ein zusätzliches Argument in die Hand gegeben, warum sie nicht allzuviel nachgeben dürfe. Auf ÖVP-Seite genügt hingegen der nach oben gestreckte Daumen des Sebastian Kurz, um eine Koalition abzuschließen. Diese Asymmetrie solcher Verhandlungen schwächt natürlich die ÖVP enorm.
Auch die kolportierte Ministerverteilung zeigt massiv, wie sehr sich die Grünen durchgesetzt haben. Sie bekommen nicht weniger als 5 Ministerposten, die Schwarzen 9, davon nur 8 mit eigenen Ministerien. Die Grünen sind damit weit erfolgreicher, als es dem Größenverhältnis zwischen Grün und Schwarz bei Wählerprozenten oder Mandaten entsprechen würde. Und nicht nur das: Die ÖVP-Ministerien werden auch kompetenzmäßig massiv ausgehöhlt, wenn die inoffiziellen Informationen nur halbwegs stimmen. So sollen alle Umwelt- und Energieagenden vom Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium in ein grünes Verkehrsministerium wandern. So wandern auch etliche Agenden des Kanzleramtsministeriums wie die Kultur ins grüne Imperium. Daher ist völlig fraglich, was da für die mutmaßliche schwarze Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler überhaupt noch an Aufgaben übrigbleibt, außer die europapolitische Schleppe des Bundeskanzlers zu tragen (sie wäre übrigens eine exzellente Justizministerin, aber auch dieser Job wird ja von den Grünen besetzt).
Aber nehmen wir einmal theoretisch an, die inoffiziellen Informationen über die Ministerliste stimmen alle nicht und die Ressortverteilung würde dem Wahlergebnis entsprechen. Nehmen wir weiters an, das noch unbekannte Koalitionsprogramm wäre wirklich das Programm eines ordentlichen Mitte-Rechts-Bundeskanzlers (und die grüne Versammlung würde dennoch zustimmen).
Selbst wenn alle diese unwahrscheinlichen Annahmen eintreffen sollten, muss man mit riesiger Sorge in die Zukunft Österreichs blicken. Denn diese wird ja nicht primär durch die Ressortaufteilung fixiert. Und sie ist auch nicht mit einem Koalitionsprogramm für fünf Jahre vorweg determinierbar.
In der wirklichen Welt tauchen vielmehr jeden Tag ganz neue Probleme, Herausforderungen, Notwendigkeiten, Gefahren auf, die aktuelles Handeln einer Regierung erfordern. Und selbst wenn das nicht der Fall wäre, so werden unzählige linke Aktivisten, Basisgruppen, NGOs und Journalisten dennoch tagtäglich Druck Richtung links zur Unterstützung der Grünen machen. Wie geschlossen insbesondere fast alle Medien im grünen Lager stehen, hat man ja schon an den Begeisterungs-Orgasmen in Kommentaren der letzten Tage sehen können.
Sie alle werden nach dem Motto agieren: Was die Grünen bei den Koalitionsverhandlungen nicht durchgebracht haben, kann man ja ab der Regierungsbildung neuerlich jeden Tag als Forderung auf den Tisch der Schwarzen knallen.
Vieles davon werden die Grünen auch tatsächlich über den Koalitionsvertrag hinaus durchbringen. All diesem Druck der sich "Zivilgesellschaft" nennenden linken Hilfsregimenter für die Grünen steht ja auf ÖVP-Seite einzig und allein Sebastian Kurz gegenüber. Was eine ständige Defensive Alle gegen Einen bedeutet. Was übel enden muss, selbst wenn man Kurz für noch so großartig und standfest halten sollte. Seine große innerparteiliche Macht ist daher zweifellos in einer solchen Konstellation ein Nachteil.
Außer ihm hat ja auch in der ÖVP niemand längere Regierungserfahrung. Außer ihm darf in der ÖVP niemand auch nur den Mund mit eigenständigen Gedanken aufmachen. Lediglich die schwarzen Landeshauptleute sind noch stark genug zu eigenständiger Politik – aber gerade von denen kommt nur regionaler Egoismus, wie die letzten Jahre gezeigt haben.
Allerdings werden die schwarzen Landespolitiker dennoch die ersten sein, die für diese Regierungsbildung zu zahlen haben werden. Denn lange bevor die Bundes-ÖVP sich wieder den Wählern stellen muss, müssen das die Länder tun. Und dort können Rot wie Blau schon jetzt die Champagnerkorken knallen lassen.
Es gibt für beide Parteien kein besseres Regenerationsprogramm als eine schwarz-grüne Regierung. Nichts kann kräftiger von den bisherigen Schwierigkeiten bei SPÖ und FPÖ ablenken. Vor allem die beiden roten Landeshauptmänner im Burgenland und Wien, die schon im nächsten Jahr zur Wiederwahl antreten und die beide – im Gegensatz zur Bundespartei – am rechten SPÖ-Rand stehen, können jetzt schon jubilieren.
Manche werden an dieser düsteren Prognose zweifeln und darauf verweisen, dass Österreich jetzt eigentlich sehr gut dasteht, dass das doch keine Regierung, noch dazu eine unter dem besonnenen Sebastian Kurz aufs Spiel setzen würde.
Diese Optimisten mögen sich folgende Fragen stellen, mit deren Hilfe man jetzt schon ganz gut die wirkliche Entwicklung dieser Koalition abschätzen kann:
Keine einzige der in diesen rhetorischen Fragen beispielhaft angerissenen Sorgen mag durch den Wortlaut des Koalitionsprogramms konkret bestätigt werden. Aber für diese Bestätigung wird mit absoluter Sicherheit die konkrete Koalitionspolitik sorgen.
Nachträgliche Ergänzung: Inzwischen ist bekannt geworden, dasss die ÖVP doch zehn Ministerposten erhält: Die Integrationssektion - von der man in den Jahren, da sie dem Außenministerium angeschlossen war, im Gegensatz zu den Innenministeriumszeiten nicht mehr viel gehört hat - wird ein eigenes Ministerium und die bisherige Sektionschefin Susanne Raab wird Ministerin.