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In den Stunden, da Schwarz-Grün offenbar endgültig zu einer Reise ohne Rückkehr wird, ist ein bilanzierender Blick auf die letzten beiden Jahre spannend. Während ein Teil der Nation – der kleinere, aber medial dominierende – diese als Alptraum empfindet, war der andere mit dieser Zeit sehr zufrieden. Was jedoch gibt es dazu an harten Fakten? Die trockenen Daten zeigen, dass Schwarz-Blau trotz der hohen Wählerzufriedenheit gerade bei den selbstgesteckten und von so vielen Wählern unterstützten Hauptzielen eigentlich erstaunlich wenig vorzuweisen hat. Und dass die echte, freilich mühsame Arbeit zur Erreichung dieser Ziele noch vor jeder neuen Regierung liegen müsste, dass es also in keiner Weise genügen kann, wenn man jetzt verspricht, dass es unter Schwarz-Grün eh kein Zurück hinter Erreichtes geben werde.
Bei der ÖVP wächst der Verdacht, dass sie diese Ziele eigentlich nicht sonderlich ernst meint, sondern der einzige harte Inhalt ihrer Politik das Vertrauen auf das Charisma ihres Chefs ist. Der aber zeigt schon seit langem kein echtes Engagement für die Realisierung der eigenen inhaltlichen Ziele mehr. Vor allem dort nicht, wo dies weh tun würde. Die FPÖ wiederum hat sich – vom Rauchverbot bis zur Multi-Affäre Strache – komplett in für die Österreicher irrelevante Dinge verheddert. Und die nun wohl an ihrer Stelle in die Regierung einrückenden Grünen haben überhaupt mit jeder Faser ihrer Existenz ganz andere, ja völlig gegenteilige Ziele als Schwarz und Blau. Würden sie diese des Machterhalts willen aufgeben, dann könnten sie gleich die Partei selbst zusperren.
Bei Schwarz wie Blau sind jedenfalls verbal – auch noch im jüngsten Wahlkampf – ganz eindeutig folgende zwei Ziele inhaltlich im Zentrum gestanden:
Das sind richtige und wichtige Ziele, die eine deutliche Mehrzahl der Bürger unterschreiben kann – die aber in der gemeinsamen Regierungszeit in keiner Weise erreicht worden sind.
Zuerst zur Belastung, wo die nüchternen Zahlen Erstaunliches zeigen: Die Abgabenquote ist 2018 – also im einzigen komplett schwarz-blauen Jahr – nicht gesunken, sondern signifikant gestiegen, nämlich von 41,8 auf 42,3 Prozent des Volkseinkommens (BIP). Dieser Prozentsatz ist einer der höchsten unter allen Industriestaaten, er reiht Österreich weltweit an die siebenschlechteste Stelle. Gar nicht zu reden von der noch höheren Belastung der Durchschnittsverdiener: Die beträgt gar 48 Prozent.
In diese Zahlen sind noch gar nicht die weiteren direkten oder indirekten Belastungen eingerechnet:
Nun kann man zu Recht sagen: Fast alle diese Fehlentwicklungen stellen nur eine Fortsetzung der rot-schwarzen Zeiten dar. Und etliche andere volkswirtschaftliche Daten stellen der Ära Kurz I im Gegensatz zur Belastungsquote sogar ein sehr gutes Zeugnis aus. Die Staatsverschuldung ist signifikant zurückgegangen; die Arbeitslosigkeit ist praktisch nicht mehr existent; das Wachstum ist höher als in Deutschland; und vor allem gibt es erstmals seit den 50er Jahren (mit dem legendären Finanzminister Kamitz) kein Budgetdefizit.
Man kann auch zu Recht sagen: Das Steuer herumzuwerfen dauert wie bei einem Hochseetanker seine Zeit. Und zumindest der Familienbonus ist durchaus eine wichtige Maßnahme in die richtige Richtung gewesen.
Dennoch kann keine Frage sein: Die Hauptarbeit liegt noch voraus. Die wahre Aufgabe ist es ja nicht, eine Steuersenkung zu versprechen oder auch zu beschließen. Die wahre Aufgabe kann nur in einer wirklichen strukturellen Ausgabenreform bestehen. Sonst wirkt sich eine Senkung von Steuern sofort wieder negativ auf die anderen ökonomischen Parameter wie Defizit oder Verschuldung aus.
In diese Richtung ist aber absolut nichts geschehen. Denn die oben genannten positiven Entwicklungen sind fast gar nicht auf Sanierungsbemühungen zurückzuführen, sondern Folgen der bis letzten Winter boomenden Weltkonjunktur und vor allem der EZB-Nullzinsen, deretwegen eben auch Österreich jetzt viel weniger für seine alten Schulden zahlen muss. In die Richtung echter und wirksamer Struktur- und Ausgabenreformen hörte man abgesehen von fast lächerlichen Placebo-Maßnahmen des Ex-Ministers Moser praktisch nichts; und man hört auch jetzt nach den Wochen des Wahlkampfpopulismus und der absurden Zuckerlverteilaktionen vor der Wahl keinerlei Vorschläge, die über ein paar Phrasen hinausgingen.
Statt irgendwelche sinnvolle Reform- und Sanierungsvorschläge zu hören, dröhnen in diesen Wochen dem Steuerzahler die Ohren nur so von Forderungen der verschiedensten Lobbys und Parteien, die ihm sehr teuer zu werden drohen. Jede PR-Agentur in diesem Land scheint unterwegs, um über die Medien Geldwünsche ihrer Klienten als absolut dringend und alternativlos zu verkaufen. Besonders hemmungslos nach neuen Ausgaben und damit Schuldenbergen giert die SPÖ.
Eine (unvollständige) Auflistung:
Jetzt sei nicht gesagt, dass all diese Forderungen unsinnig seien. Manche sind sogar wichtig. Aber je wichtiger man sie einstuft, umso dringender wären eigentlich gleichzeitige Kraftanstrengungen zu Einsparungen auf anderen Gebieten. Den Fordernden fallen aber maximal nur weitere Steuererhöhungen im Hochsteuerland Österreich ein.
Wechsel zur zweiten schockierenden Bilanz über das schwarz-blaue Jahr 2018. Diese bezieht sich auf Asylgewährungen. Da zeigt eine EU-Statistik, dass es neuerlich in keinem einzigen anderen EU-Land in Relation zur Einwohnerzahl so viele positive Asylentscheidungen gegeben hat wie in Österreich! Auch in jenen nicht, wo man moralistisch über die verbalen anti-Migrations-Intentionen der österreichischen Politik geschimpft hat.
Pro einer Million Einwohner sind von Österreich in diesem Jahr nicht weniger als 2345 Asylwerber rechtskräftig aufgenommen worden. In den drei in der Statistik Österreich diesbezüglich am nächsten kommenden Ländern – Schweden, Deutschland, Luxemburg – war die Vergleichszahl jeweils unter 2000. In Frankreich (620), Italien (790) und Großbritannien (260!) sogar weit unter 1000.
Mit anderen Worten: Während die linke Opposition und die Medien hysterisch gejammert haben, wie skandalös unfreundlich Österreich unter einem Innenminister Kickl doch geworden sei, ist – weiterhin – das Gegenteil wahr.
Gewiss könnte man auch hier wieder sagen: Änderungen brauchen eben ihre Vorlaufzeit. Nur: Weit und breit ist keine echte rechtliche Änderung zu sehen, die da wirklich etwas fundamental bewirken würde. Der Austausch von Schildern in Traiskirchen kann ja nur als lächerlicher Symbolakt eingestuft werden.
Tatsache ist aber auch: Mit den Grünen wird schon gar nichts möglich sein. Von denen ist nur täglich ein neuer Vorstoß zu erwarten, wo Österreich unbedingt noch mehr Großzügigkeit bei der Asylgewährung üben soll. Auch wenn man sich während der Regierungsbildung zurückhält.
Dabei zeigen die erwähnten Zahlen, dass das Gegenteil dringender denn je ist. Noch dramatischer wird das durch den Blick aufs Ausland notwendig.
Sowohl auf der Balkanroute über Bosnien wie auch auf der Mittelmeerroute ("dank" der neuen italienischen Linksregierung) gibt es derzeit wieder eine eindeutige Zunahme der Migrantenströme.
Nie hätte ich je gedacht, eines Tages Sebastian Kurz Frankreichs linksliberalen Präsidenten Macron als Vorbild in Sachen Migration vorhalten zu müssen. Aber Macron hat – offenbar aus Angst vor dem ständig weitergehenden Aufstieg der Le-Pen-Partei – jetzt wirklich substanzielle Anti-Migrations-Regeln verkündet. Kurz hingegen glaubt, vor der FPÖ keine Angst haben zu müssen.
Dabei ist in Frankreich der Anteil der Immigranten schon heute nur noch halb so hoch wie in Österreich (allerdings gelten die in den 50er und 60er Jahren gekommenen Algerier in Frankreich nicht als Immigranten, war Algerien doch "Teil" Frankreichs). Macron kleckert jedenfalls nicht, sondern klotzt:
Die letztgenannte Maßnahme wurde in diesem Tagebuch schon oft vorgeschlagen, weil viele Migranten ja auch nach negativem Asylbescheid auf Grund der passiven Resistenz ihrer Heimatstaaten, die von Geldüberweisungen aus Europa profitieren, nicht abgeschoben werden können. Sie hätte freilich noch viel mehr Erfolg, würde sie von der ganzen EU umgesetzt. Dort scheitert sie aber bisher an den Sozialisten aus Deutschland und Luxemburg.
Seltsame Welt, in der man zu der Erkenntnis kommt: Ein Linksliberaler macht in Sachen Migration – spät, aber doch – manches besser und mutiger, als es Schwarz-Blau zusammengebracht hat. Und von der Politik einer Regierung mit der grünen Welcome-Front wollen wir gar nicht reden, die sich überhaupt in die Gegenrichtung entwickeln wird …