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Meine Mutter hat mir einst viel vom Schock und Zorn ihrer Studentenzeit in den späten Zwanziger Jahren berichtet, als Vorlesungen mehrfach von rechtsradikalen Horden gestürmt worden sind, die gebrüllt haben: "Juden raus". Das, was jetzt an der Wiener Uni geschieht (und durch Handy-Aufnahmen wohl ähnlich geschockter Studenten festgehalten worden ist), gleicht haargenau jenen traumatisierenden Szenen von damals. Nur mit zwei Unterschieden.
Der eine Unterschied ist: Die fünf Buchstaben "Juden" wurden im Gebrüll durch die fünf Buchstaben "Nazis" ersetzt. Der zweite Unterschied besteht in der Reaktion der Rektoren.
Der Präsident der österreichischen Rektorenkonferenz uniko, Oliver Vitouch, hat die Störung einer universitären Lehrveranstaltung auf einer offiziellen Pressekonferenz mit dem unfassbaren Adjektiv "erfreulich" kommentiert. In einem Rechtsstaat müsste das eigentlich ein Rücktrittsgrund sein. Vitouchs Peinlichkeit wird auch durch den kryptischen Zusatz nicht gemildert: "Aber natürlich macht die Wahl der Mittel die Musik." Was Österreichs oberster Rektor mit diesen Worten auch immer genau gemeint haben mag: Sie sind jedenfalls alles andere als eine klare Verurteilung der Aktion.
Was für ein Unterschied zu dem mutigen Rektor meiner eigenen Studentenzeiten, Günther Winkler, der sich den damals ähnlichen Terror ausübenden 68er Studenten auf den Universitäts-Gängen entgegengestellt und ihnen Schreiduelle geliefert hat.
Fast genauso schlimm ist die Stellungnahme, die das Rektorat der Wiener Uni im Namen ihres Chefs verteilt: Rassismus, Sexismus und Diskriminierung jeder Art hätten an der Wiener Uni keinen Platz. Was soll das denn wieder heißen? Will der Rektor damit am Ende andeuten, dass diese Vokabel auf den auch international renommierten und bei allen nicht-linken Geschichts-Studenten sehr beliebten Professor Lothar Höbelt zutreffen, dessen Vorlesung niedergebrüllt worden ist? Das ist eine unfassbare Beschimpfung eines Untergebenen, die zu einer Verurteilung des Rektors bei jedem Arbeitsgericht führen müsste – wenn er nicht konkrete Beweise vorlegen kann.
Spannend wäre aber auch, wenn uns Rektor Engl erklärt, was eigentlich "Diskriminierung" bedeutet? Offenbar reiht er sich in die Reihen jener linken Schwadroneure, die jede Ent- und Unterscheidung als Diskriminierung verurteilen (womit sie rein semantisch ja auch durchaus Recht haben: Denn Diskriminierung heißt ja: "Unterscheidung" – allerdings ist Latein auch unter Rektoren keine sehr verbreitete Kunst mehr). Aber es ist keine Wissenschaft, keine Lehre ohne Unterscheiden denkbar – wenn man nicht schon das Vergeben negativer Noten "Diskriminierung" als Diskriminierung verdammen will.
Und was soll der zweite Satz des Wiener Rektorats: "Meinungsfreiheit ist ein hoher Wert für den akademischen Diskurs."? Will er damit sagen, dass das brüllende Besetzen von Vorlesungen etwas mit Meinungsfreiheit, mit dem hochtrabenden Wort "akademischer Diskurs" zu tun hätte? Warum gehört für den Rektor nicht primär das einfache ungestörte Ausredenlassen des Anderen zu so einem Diskurs? Oder redet er einfach nur, ohne lang nachzudenken?
Die Reaktion der Rektoren hat aber auch eine köstliche Dimension. Gleichzeitig mit Bekanntgabe seiner Begeisterung über linke Vorlesungsstörer hat Herr Vitouch eine Anhebung des Uni-Budgets bis 2024 um 2,1 Milliarden gefordert. Ja freilich, für solche Unis, deren Chefs sich öffentlich über SA-artigen Meinungsterror freuen, spendet der Steuerzahler doch ganz gewiss gern und gibt mit viel Begeisterung sein letztes Hab und Gut.
Noch köstlicher ist die Reaktion der (auch von Zwangsgebühren lebenden) grünroten Hochschülerschaft ÖH. Diese erklärte durch einen grünen ("GRAS")-Funktionär ausdrücklich, die Besetzungsaktion zu unterstützen. Der Mann fügt aber sicherheitshalber hinzu, dass man sie nicht selbst organisiert habe.
Man unterstützt etwas, von dem man sich gleichzeitig verbal distanziert? Ist das nicht ein Widerspruch? Rein logisch schon. Aber so etwas werden wir jetzt in Zeiten oft erleben, da die Grünen auf anderer Ebene Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP führen. Da hält man lieber hinter dem Rücken die Finger gekreuzt. Da will man zwar weiterhin linksradikal sein, aber nach außen sicherheitshalber ganz auf korrekt machen.
Noch pikanter ist der Vorwurf an Höbelt: Der besteht laut ÖH in seiner "Nähe zur extremen Rechten". Wir sehen: an der Uni herrscht ein Orwellsches Klima, wo nicht mehr bloß die eigenen Taten und Worte, sondern die bloße "Nähe" zu Irgendetwas zum Verbrechen wird. Und in den Augen der ÖH sogar die Forderung nach einer "Entlassung" Höbelts begründet. Wohlgemerkt in den Augen einer Körperschaft öffentlichen Rechts mit Zwangsmitgliedschaft.
Worin die "Nähe" überhaupt bestehen soll? Die ÖH verrät uns das nicht, aber die von ihr unterstützten Vorlesungs-Brüller verraten mehr dazu. Sie nehmen daran Anstoß, dass Höbelt einen Vortrag beim Freiheitlichen Akademikerverband Steiermark hält. Also abgesehen davon, dass die Freiheitlichen meines Wissens noch nicht verboten worden sind, sondern eine ganz normale demokratische Partei sind (und ich selber auch schon bei freiheitlichen Veranstaltungen aufgetreten bin, wo sowohl grüne wie rote Spitzenfunktionäre mit mir auf dem Podium gesessen sind), treffen wir da wieder auf den Orwellschen Vorwurf: Die bloße "Nähe" als Delikt. Höbelt hat sich nicht durch etwas schuldig gemacht, was er vielleicht irgendwann gesagt und geschrieben hat, sondern schon dadurch, dass er bei der FPÖ einen Vortrag hält, dass er zu irgendetwas "nahe" war.
Übrigens: Es gibt kaum einen österreichischen Historiker, der mehr und mehr gute und lesbare Bücher geschrieben hat. Ich habe etliche gelesen (wahrscheinlich mehr als der linke Rektoren- und ÖH-Sumpf), aber nichts Anstößiges darin entdecken können, sondern nur eine unglaubliche Anhäufung an Wissen über kleinste historische Details gefunden.
Wie bei "Greenpeace", wie bei den "Identitären" finde ich auch den von der ÖH unterstützten Aktionismus, also insbesondere die Störung von Veranstaltungen widerlich, intolerant und undemokratisch. Aber laut dem VfGH fällt das gerade noch ins Kapitel "Meinungsfreiheit". Also, akzeptieren wir das.
Dennoch bleibt da eine sehr grundsätzliche Frage offen: Der Verfassungsschutz BVT hat ja die Identitären – denen außer solchem Aktionismus nicht vorzuwerfen ist – in einem Bericht ohne jeden konkreten Beleg als "rechtsextrem" bezeichnet, weshalb jetzt wiederum einfältige Politiker den Verein der Identitären gleich verbieten wollen. Muss man dann nicht folgerichtig jetzt auch die ÖH und "Greenpeace" als extremistisch bezeichnen und ihr Verbot fordern? Oder sind es gar die zentralen Forderungen der Identitären, die da sind: Ablehnung des Islamismus und Bewahrung der österreichischen Identität, die für die Intelligenzlerinnen-Truppe vom BVT Extremismus darstellen?
Wenn das aber der "Extremismus ist, dann muss zweifellos auch die ÖVP als extremistisch kritisiert und verboten werden, hat doch auch der ÖVP-Chef oft genug genau diese Ziele als die seinigen genannt. Und zumindest in Hinblick auf "Verteidigung der österreichischen Identität" muss man auch den ORF verbieten, der seine eigene Überflüssigkeit ja neuerdings durch ständige Betonung dieser Identität zu widerlegen versucht.
Da ÖH und Greenpeace Organisationen im Dunstkreis der Grünen sind, wird freilich auch ein zusätzliches Motiv klar, warum die Grünen unbedingt in die Regierung wollen. Nur dann können sie ja den Radikalismus und Aktionismus in ihrem Umfeld verteidigen und fördern. Und sobald die Grünen in der Regierung sind, wird die ÖVP ja de facto keine realistische Möglichkeit mehr haben, sie wieder hinauszuwerfen. Dann können sich die Grünen ungehindert wieder voll reradikalisieren.
Wie sehr grünes Geschwätz ununterbrochen mit der Realität zusammenkracht, dieser oft diametral widerspricht, lässt sich im übrigen gleich an vier Exempeln zeigen, die allein in den letzten Stunden aufgepoppt sind:
Wir sehen: Die Grünen sind gut im Hysterie-Entzünden. Aber ganz schwach im Denken und Berücksichtigen von Zusammenhängen.
Und von Moral wollen wir bei den Grünen nach den Affären Heumarkt-Hochhaus, Vassilakou-Spielbanken und Chorherr-Spenden schon gar nicht reden ...