Zehn Jahre Tagebuch
10. Oktober 2019 01:16
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 6:30
Am Tag genau vor zehn Jahren ist das Tagebuch erstmals erschienen. Eine lange Zeit, die ich selbst kaum begreifen kann. Und jedenfalls ein großer Anlass zur Freude. Denn fast jedes dieser Jahre hat einen signifikanten Zuwachs an Abonnenten und Spendern gebracht, denen das Weiterleben des Tagebuchs ein offensichtliches Anliegen ist. Dafür ist ihnen allen ein ganz großes Dankeschön zu sagen. Denn nur durch diese ökonomische Basis ist das Überleben dieses Blogs so gut abgesichert. Zwei Monate sind in diesen Jahren besonders markant gewesen und haben jeweils die Zahlen nach oben auf ein neues Niveau gebracht.
Das waren zwei besonders turbulente Phasen der Zeitgeschichte, in denen bei vielen Lesern der Zorn auf die klassischen Medien und die Entfremdung zu ihnen stark angewachsen sind:
- Das war zum einen der September 2015, der (bisherige) Höhepunkt der Massenmigration aus der Dritten Welt nach Europa, der damals ja von fast allen Medien begeistert beklatscht worden ist. Eine deutliche Mehrheit der Österreicher hat diese Völkerwanderung hingegen vehement als falsch und gefährlich abgelehnt und war daher über das Verhalten ihrer (bisherigen) Medien schockiert. Mit ein bisschen Stolz darf ich anmerken, dass das Tagebuch hingegen damals schon am 2. September geschrieben hat: "Die spinnt, die Merkel". Das war ein Zeitpunkt, wo die anderen Medien noch gar nicht richtig gemerkt haben, was da in Gang gekommen ist.
- Das waren zum anderen die Wochen zwischen Mitte Mai und Mitte Juni 2019, als fast alle Medien das Ende der schwarz-blauen Regierung begrüßt hatten. Diese Koalition wurde – und wird – jedoch von einer klaren Mehrheit der Österreicher bejaht, die deren Ende absolut nicht verstanden haben. Kein Wunder, dass der Tagebucheintrag vom 18. Mai 2019 der überhaupt meistgelesene in der Geschichte des Tagebuchs gewesen ist.
Beide Male stand ich aus ganz tiefer Überzeugung dem Gleichschritt der restlichen Medien diametral gegenüber. Auch wenn man sich dabei oft recht einsam fühlen musste. Aber heute weiß ich, obwohl das nie ein Motiv gewesen ist: Es zahlt sich offenbar aus, wenn man gegen den Strom unbeirrt zu seinen eigenen Meinungen und Überzeugungen steht – vor allem in so historischen Umbruchstagen.
Oft werde ich gefragt, was jenseits solcher Einzelereignisse das Geheimnis des Erfolgs dieses Tagebuchs ist. Da spielt eine ganze Reihe von Faktoren mit.
- Der für meine tägliche Arbeit wichtigste Faktor agiert hinter den Kulissen: Das ist das Team von Beratern und Helfern, die mir überwiegend unentgeltlich beiseite stehen und denen ich unendlich dankbar bin. Das beginnt bei meinen Söhnen, die mich vom ersten Tag an strategisch, marketingmäßig, beim Layout und bei EDV-Problemen stets exzellent beraten und wohl auch gelenkt haben; ohne die es das ganze Tagebuch jedenfalls nicht gäbe. Das setzt sich fort bei zwei Frauen und einem Mann, die ständig das Tagebuch nach Fehlern durchsuchen (die es leider trotz bestem Bemühen gibt). Das erstreckt sich auf mehrere junge Mitarbeiter, welche die stetig anwachsende Abonnenten-Verwaltung betreuen und bei allen Anfragen immer freundlich bleiben. Und das endet beim Programmierer, durch dessen Können ich im Lauf der zehn Jahre ein ganz spezifisches "proprietäres" System aufbauen konnte, das etwa in effizienter Weise die Seiten für zahlende und nichtzahlende (= nicht angemeldete) Leser zugleich trennt und miteinander verbindet.
- Besonders dankbar bin ich auch für jene Leser, die mir in den ersten Blog-Monaten vor zehn Jahren geraten haben, das Tagebuch doch kostenpflichtig und damit überlebensfähig zu machen. Dabei hatte ich das Tagebuch ursprünglich nur begonnen, um den Kontakt mit den Lesern nicht zu verlieren und das Schreiben nicht zu verlernen. Dankbar bin ich nicht nur wegen des späteren Erfolgs des Tagebuchs, sondern auch deshalb, weil ich mich damals eigentlich mit dicken Businessplänen zur Gründung einer konservativliberalen Wochenzeitung getragen habe, für die ich aber keinen Investor gefunden habe. Zum Glück. Hätte ich ihn gefunden, würde ich heute – auch wenn ich nicht täglich wie fast alle anderen gegen meine Leser und Seher anschreiben würde – mit hoher Wahrscheinlichkeit in den gleichen finanziellen und strukturellen Problemen stecken wie alle klassischen Medien (Deren Probleme wurzeln neben ihrer ideologischen Ausrichtung ja überall auch darin, dass viele Leser, Inserenten, Hörer wie Seher ins Internet übersiedelt sind – vor allem, wenn sie jünger als 45 sind). Am Ende hätte ich mich als Print-Mensch vielleicht gar auch von der parteipolitischen Medienbestechung durch steuergeldfinanzierte Inserate abhängig machen müssen ...
- Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Tatsache, dass abgesehen von den ersten Wochen wirklich absolut jeden Tag ein Artikel erschienen ist, einschließlich aller Wochenenden und Weihnachtstage. Viele andere Blogger glauben ja, es würde genügen, halt nur dann zu schreiben, wenn man Zeit und Lust dazu hat. Aber in Wahrheit gilt bei einem Blog dieselbe Regel wie beim Theater, beim Fernsehen oder bei Tageszeitungen: The Show must go on. Egal wie Du Dich fühlst.
- Das geht freilich nur, wenn man auch immer Freude und Lust am Schreiben, am Analysieren, am Kommentieren, am Aufdecken anderswo zugedeckter Fakten hat (und eine Ehefrau, die nicht nur verständnisvoll ist, sondern selbst jahraus, jahrein einen 16-Stunden-Arbeitstag hat).
- Dazu gehört auch sicher die Tatsache, dass ich noch nie nachdenken habe müssen, ob es etwas gibt, worüber ich schreiben könnte, sondern immer nur darüber, welches der vielen spannenden Themen ich auswähle. Gibt es doch ständig in Österreich und der Welt so viele aufregende wie interpretationsbedürftige Vorgänge und Entwicklungen, mit denen es lockt, sich zu beschäftigen.
- Dazu kommt die Tatsache, dass ich jahrzehntelang bei zwei Zeitungen Erfahrungen sammeln konnte, wobei mein Zeitungsleben ziemlich gleichmäßig zwischen globalen und österreichischen Themen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft aufgeteilt war, wobei ich aber auch immer für Kultur, Sport und Wissenschaft großes Interesse hatte. Diese breite langjährige Prägung hilft mir bis heute sehr.
- Durch diese lange Zeit habe ich auch – was mich ganz besonders freut und ehrt – einen großen Stamm von treuen Lesern sammeln können, die jedes Mal mit mir mitgezogen sind: Zuerst, als ich vom damaligen Eigentümer-Vorstand der "Presse" abgeschossen worden bin (der jetzt gerade eine Illustrierte bergab führt), der allen Ernstes geglaubt hat, die Zukunft des Blattes läge Richtung links. Und dann, als die Herren Faymann und Ostermayer, die ja natürlich auch ein Linksum verlangt hatten, die "Wienerzeitung" von mir säubern ließen. Was mich besonders freut: Beide Zeitungen hatten unter mir die weitaus höchsten Mediaanalyse-Marktanteile ihrer Geschichte (die allerdings bei der "Wienerzeitung" nie veröffentlicht worden sind), was ja der einzig seriöse und unabhängige Maßstab für Erfolg und Misserfolg im Medienwesen ist.
- Unfreiwillige Mithelfer des Tagebuch-Erfolgs waren dann gerade diese beiden Zeitungen: Bei der "Presse" hatte ich im ersten Jahr durch den vertraglichen Vergleich nach dem Trennungskonflikt auch einen Anspruch auf viele Gratisinserate, in denen ich für den Blog warb, und wodurch die "Presse"-Leser von seiner Gründung erfuhren.
- Und in der "Wienerzeitung" war die Ostermayer-Partie so unprofessionell, dass ich dort noch einen redaktionellen Kommentar ins Blatt rücken konnte, in dem ich – samt genauer Internet-Adresse – alle Leser zum Wiedersehen im neuen Online-Tagebuch einladen konnte. Es hat ja bisweilen auch sein Gutes, dass diese Partie so extrem unfähig gewesen ist.
- Das Wichtigste für den Erfolg des Tagebuchs war aber zweifellos seine geistige Positionierung, die sich eben auch im Herbst 2015 und im Frühjahr 2019 besonders signifikant gezeigt hat. Diese besteht in einem klaren Bekenntnis:
- zu den überragenden Vorteilen für alle Bürger durch eine freie Marktwirtschaft und die möglichst breite Umsetzung der Errungenschaften von Technik und Naturwissenschaft;
- zu den "konservativen" Werten wie Familie, Leistungsbereitschaft, Zusammenhalt in kleinen Gemeinschaften, Heimat und Identität Österreichs, die alle unverzichtbar für das Funktionieren eines gesellschaftlichen Zusammenlebens in Österreich und Mitteleuropa sind; und
- zur wichtigen Rolle des geistigen Fundaments, das durch die griechisch-römische Antike, die westeuropäische Aufklärung und die christlich-jüdische Prägung gelegt worden ist.
PS: Anstelle von großen Feiern zwei kleine "elektronische" Geburtstagsgeschenke: Künftig kann man für jedes Kalenderjahr auf Knopfdruck die überhaupt meistgelesenen Texte jedes dieser zehn Jahre finden. Und für die Abonnenten hat mein Team gerade eine geniale Lösung entwickelt, die es künftig ermöglichen wird, sofort zu sehen, wie lange die eigene Abo-Zahlung noch gültig ist. Beides wird in Kürze online gehen.
zur Übersicht