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Die Nationalratswahlen haben eine in den letzten Jahren in der politmedialen Szene wie ein Evangelium gehandelte Doktrin zertrümmert. Freilich thematisiert kein Medium diese Zertrümmerung, haben die Medien doch selber der Politik die Doktrin des Feminismus aufoktroyiert. Und wenn sich ein Politiker ihr nicht unterworfen hat, wurde er als ewiggestriger Macho attackiert.
Die Doktrin in Kurzform: "Hauptsache Frau." Sie war vor allem rund um die Nominierung von Pamela Rendi-Wagner als SPÖ-Chefin dominant gewesen. Fast jeder SPÖ-Grande hat zusammen mit dem Chor der Mainstream-Journalisten die Kür von Frau Rendi mit dem Satz begründet: "Es ist Zeit für eine Frau." Es war hingegen fast nie zu hören: "Rendi-Wagner ist einfach die beste Persönlichkeit", sondern es gab immer nur den ständigen Hinweis auf ihr Geschlecht als Hauptargument, warum sie zu wählen sei.
Nun hat sich gezeigt: Dieses Frauenargument, die angebliche Wichtigkeit der Kandidatur von möglichst vielen Frauen, ist lediglich im Kreis der politmedialen Blase relevant. Das gilt auch für die männlichen Angehörigen dieser Blase, drehen diese doch schon längst selbst ohne nachzudenken ständig die feministischen Gebetsmühlen. Die "Wählerinnen und Wähler" lassen sich hingegen in keiner Weise von den feministischen Krämpfen beeinflussen.
Feminismus ist nur für wenige Tausend lautstarke Aktivistinnen von Bedeutung, er ist in keiner Weise wahlentscheidend oder -beeinflussend. Das zeigt nicht nur das Wahlergebnis für die beiden von Frauen geführten Parteien SPÖ und Neos. Das zeigt noch viel mehr eine vom Hajek-Institut erstellte Studie über das unterschiedliche Wahlverhalten der Geschlechter. Denn von den weiblichen Wählern haben 30 Prozent für SPÖ oder Neos gestimmt (wenn man die beiden Frauen-geführten Parteien zusammenrechnet). Bei den Männern waren es 31 Prozent, also genauso viele. Es gibt also keine Unterschiede (auch bei jeder dieser beiden Parteien einzeln gibt es keine signifikanten Unterschiede).
Das spricht sehr für die Frauen als Wähler: Sie lassen sich durch die vor allem von Linksparteien betriebene feministische Hysterie in keiner Weise beeinflussen. Sie wählen so wie die Männer jene Partei, deren Parteichef – oder Programm – ihnen am geeignetsten erscheint. Und nicht in einem messbarem Ausmaß häufiger jene, wo eine Geschlechtsgenossin an der Spitze steht.
Auch der Wahlerfolg der Grünen ist da kein Gegenargument. Wohl machen die Grünen seit jeher besonders aufgeregt bei der feministischen Gehirnwäsche mit. Wohl haben sie diesmal bei den Frauen 15 Prozent und bei den Männern 12 für sich gewonnen, was ein wenig mehr ist.
Aber da die Grünen ja schon immer fest feministische Kampfrhetorik geblasen haben, ist der Vergleich mit früheren Wahlen viel aufschlussreicher: Und da sieht man, dass die Grünen 2017 gleich zwei Frauen in der Doppelspitze gehabt haben (Felipe und Lunacek) – dennoch sind sie damals zum ersten Mal seit Jahrzehnten ganz aus dem Parlament geflogen. Diesmal hingegen haben sie mit Werner Kogler einen ganz normalen, nicht einmal schwulen Mann aufgestellt – und schon haben sie sensationell gewonnen. Weil er unverkrampft und für einen Grünen relativ undoktrinär daherkommt (nicht so verbissen wie ein Peter Pilz). Und weil er in jahrelanger politischer Tätigkeit gezeigt hat, dass er das Geschäft kann.
Womit auch gleich eine zweite ständig aufgewärmte Doktrin widerlegt ist: Das ist die des "Jugend vor". In den Parteien ertönte immer, absolut immer sofort der Schrei nach "Verjüngung!", wenn es nicht so gut läuft. Aber das Exempel Kogler zeigt: Gerade wenn die Dinge kritisch laufen (und was ist für eine Partei kritischer, als aus dem Parlament zu fliegen!), ist es am erfolgreichsten, alte und erfahrene Kräfte ans Ruder zu lassen.
Übrigens ist auch bei den deutschen Grünen interessanterweise der Höhenflug erst ab dem Zeitpunkt eingetreten, als dort drei ebenfalls recht normal und keineswegs radikal oder hysterisch wirkende Männer in den auffälligsten Spitzenpositionen aufscheinen: Das sind die Herren Robert Habeck (Vorsitzender), Boris Palmer (Bürgermeister von Tübingen) und Winfried Kretschmann (Ministerpräsident Baden-Württemberg). Hingegen nimmt dort kaum jemand zur Kenntnis, dass es neben dem ständig überall interviewten Habeck eigentlich auch noch eine Frau als Co-Vorsitzende auf Bundesebene gibt (eine gewisse Annalena Baerbock).
Lediglich bei den beiden österreichischen Parteien rechts der Mitte gibt es signifikante Unterschiede im Wahlverhalten von Männern und Frauen. Allerdings tarieren sich diese Unterschiede zwischen ÖVP und FPÖ komplett aus. Die ÖVP ist von 41 Prozent der Frauen gewählt worden, jedoch "nur" von 34 Prozent der Männer. Bei den Freiheitlichen war es genau umgekehrt, da ist der Anteil bei den Männern mit 20 Prozent um sieben Punkte höher als bei den Frauen.
Nur ist wohl unzweifelhaft, dass Sebastian Kurz so wie die beiden FPÖ-Spitzen ein Mann ist, und dass in seinem ganzen Wahlkampf nirgendwo eine Frau in relevanter Rolle aufgetaucht ist oder dass feministische Parolen irgendeine Rolle gespielt hätten. Jedenfalls ist auch bei der ÖVP die Anziehung auf Frauen anders zu erklären als durch weibliche Begeisterung für eine Frau als Spitzenkandidat.
Im Verhältnis von Kurz zu den weiblichen Wählern tritt viel eher das altbekannte "Schwiegersohn"-Phänomen auf. Dessen Kern: Viele ältere Frauen sehen in ihm den idealen Partner für die eigene Tochter. Kurz strahlt bei allen Auftritten Höflichkeit und Freundlichkeit aus, er hat trotz seiner Jugend ein nicht präzise in Worte fassbares, besonders auf Frauen ausstrahlendes Charisma, das ihm trotz seiner Jugend die Aura von Führungsqualität, Vertrauenswürdigkeit und einer in sich ruhenden Persönlichkeit verleiht. Es mag auch durchaus sein, dass er in den letzten Wochen geschickt – aber nicht wehleidig – dadurch Sympathie erweckt hat, dass er sich als ein von seinen politischen Gegnern auf der Linken untergriffig Attackierter präsentieren konnte, der sich aber dadurch nicht von seinem Weg abbringen lässt. Zugleich zeigen Umfragen, dass eine Mehrheit der Frauen auch Wert auf eine islam- und migrationskritische Haltung legt. Diese findet sich zwar auch bei der FPÖ – aber dem Spitzenduo fehlen auch jenseits der wirklichen und gemachten Skandale alle anderen erwähnten Führungsqualitäten völlig.
Mit anderen Worten: Feminismus bringt am Wahltag überhaupt nichts. Es spricht sogar manches dafür, dass das krampfhafte Kandidieren von Frauen an der Spitze einer Partei bei manchen Wählern schaden könnte. Das kann man in der Wiener Bobo-Blase zwar nicht verstehen, wo man offenbar schon in den Genen feministisch konditioniert ist. Das scheint aber Tatsache zu sein. Das hat jetzt auch der Tiroler SPÖ-Chef Dornauer ziemlich direkt zugegeben, der weitab von dieser Blase lebt und der daher den blasphemischen Satz auszusprechen gewagt hat: Für eine "Frau mit Doppelnamen" sei es nicht möglich, verlorene Wähler zurückzuholen.
Frauen mit Doppelnamen, also Frauen, die nicht den Namen des Mannes, sondern einen meist sehr unhandlichen Doppelnamen annehmen, gibt es eben fast nur in linken Oberschichts-Blasen in den Städten. Außerhalb der großen Städte kann man sie suchen wie eine Nadel im Heuhaufen.
Herr Dornauer hat gleichzeitig einen noch viel stärker vernichtenden Satz über Rendi-Wagner gesagt: Sie habe sich "bemüht". Verächtlicher kann man es kaum mehr ausdrücken. Genau dieses Wort verwendet ein Lehrer, wenn ein Schüler von den gestellten Anforderungen überfordert wird. Und zweifellos denken auch viele andere in der Partei genauso.
Fast alle Medien und Parteien haben sich in den letzten zehn Jahren den feministischen Dogmen gebeugt:
Es wäre natürlich kurzschlüssig, den Absturz der SPÖ auf den tiefsten Tiefpunkt ihrer gesamten Geschichte nur auf das Geschlecht ihrer Spitzenkandidatin und ihr oft peinlich teenagerartiges Auftreten zurückzuführen, das keinerlei Vertrauenswürdigkeit und Führungskompetenz ausstrahlt. Wäre es das, dann ließe sich die Krise der SPÖ ja blitzschnell sanieren.
Die österreichische Sozialdemokratie befindet sich im Gleichschritt mit fast allen anderen Ländern Europas in einer existenziellen, möglicherweise sogar finalen Krise – so wie es ja in etlichen Ländern schon vor Jahren den Christdemokraten passiert ist, die in Italien und Spanien vollkommen durch neuentstehende konservative und rechtspopulistische Parteien ersetzt worden sind. Und man darf nicht vergessen, dass auch in Österreich die Christdemokraten nicht primär durch die persönlichen Fähigkeiten des Sebastian Kurz gerettet worden sind, sondern durch seinen inhaltlichen Politikwechsel. Weshalb ja auch viele Linke mit ihrer Kritik sogar teilweise Recht haben, die ÖVP sei ja gar nicht mehr christlich-sozial. Nur war eben genau das lebensrettend für die ÖVP.
Bei den Sozialdemokraten weiß man hingegen nicht einmal auch nur annähernd, was der Inhalt eines solchen Politikwechsels eigentlich sein sollte. Denn wohin man einen solchen Wechsel auch immer gehen wollte, bald wird man entdecken: Dort ist schon eine andere Partei. Arbeiter-Identität wird heute von der FPÖ glaubwürdiger getragen; Feminismus, Klimapanik und Migrationsbejubelung findet bei den Grünen viel anziehungskräftiger statt; und Wirtschaftskompetenz hat die SPÖ schon vor Jahrzehnten abgegeben (die sie einst durchaus hatte).
Der Auftritt der SPÖ klingt heute total altbacken und historisch überholt. Dennoch fällt Rendi-Wagner nichts anderes ein, als nach dem Wahldebakel zu verkünden: "Die Richtung stimmt". Dabei führt diese Richtung direkt in noch weitere Abstürze. Die SPÖ ist, wie es der Kärntner Sozialistenchef Kaiser nun selbst offen sagt, heute die strukturkonservativste Partei Österreichs. Sie will nur nichts in ihrem Kurs ändern.
Die Genossen lechzten in Wahrheit nur noch nach einem: nach Ämtern und der Rückkehr zur Macht. Keine andere Partei bettelt so offen um eine Wiederaufnahme in die Regierung (sehr zum Unterschied von den Freiheitlichen, dem zweiten schwer Geschlagenen dieser Wahl: Diese tun zumindest so, als ob sie auf Grund der Niederlage keinesfalls in eine weitere Koalition wollen. Wodurch sie jedenfalls ihren politischen Kaufpreis geschickt zu erhöhen versuchen).
Die Sozialdemokraten haben übersehen, dass sie seit langem fast nur noch aus drei Motivlagen gewählt werden:
Aber, ob Rot oder Grün: Links ist unter den Wählern zum Minderheiten- und Schrumpfprogramm geworden, worüber die Studenten-, Medien und Kulturszenen, die alle sehr links und sehr lautstark sind, nicht wirklich hinwegtäuschen können. Denn selbst wenn man die zwei Pilz-Prozente dazurechnet, stehen hinter Rot und Grün nur noch 38 Prozent der Österreicher. Und selbst wenn man die acht Prozent Neos dazurechnen würde, die gesellschaftspolitisch links, aber wirtschaftspolitisch rechts sind, würde das keine Mehrheit ergeben.
Eine linke Mehrheit hat es in Österreich zuletzt vor 36 Jahren gegeben. Und seither hat es nur noch deshalb rote Bundeskanzler gegeben, weil es die ÖVP meistens nicht gewagt hat, die rechte Mehrheit zusammen mit der FPÖ zu aktivieren.