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Das Wahlergebnis hat viele Österreicher aufatmen lassen: Die Vermögenssteuer ist vom Tisch! Ist sie das wirklich?
In Wahrheit ist die Vermögenssteuer längst Realität. Sie besteht vor allem in den Minuszinsen, die die EZB für bei ihr deponiertes Geld verlangt. Banken müssen also Strafe=Steuer nur dafür zahlen, dass sie Gelder anlegen. Was unweigerlich auch immer mehr auf die Sparer durchschlägt.
Das ist ein gewaltiger, in seinen Wirkungen noch gar nicht absehbarer Kulturbruch. Generationen waren einst zur Sparsamkeit erzogen worden, bekamen an Weltspartagen kleine Geschenke, wenn sie ein paar Schilling auf die Bank trugen, und lernten so, für schlechtere Zeiten, für Katastrophen, Jobverlust, Krankheit, Alter vorzusorgen. Und am Jahresende bekamen sie als Ermutigung ein paar Prozent Zinsen gutgeschrieben. Ihnen wurde so das für jede Gesellschaft überlebensnotwendige Prinzip Eigenverantwortung tief eingeprägt.
Das Belohnen von Sparen war nicht nur Fundament jeder marktwirtschaftlichen Politik, es war auch kausal für den Aufstieg der Arbeiterschaft aus proletarischer Not. Das zeigen nicht nur die Gründungen christlicher wie sozialistischer Geldinstitute im 19. Jahrhundert. Das war auch für den langjährigen österreichischen Gewerkschaftspräsidenten Benya zentral: Er hat immer für einen "ordentlichen" Eckzinssatz gekämpft.
In der letzten Dekade ist alles anders geworden: Sparen wird nicht mehr belohnt, sondern bestraft. Wer Schulden vorzeitig zahlt, wird bestraft.
Offensichtlich haben die Gewerkschaften entdeckt, dass damit durch die Hintertür ein altes Ziel, die Einführung einer Vermögenssteuer realisiert ist. Nach seriösen Schätzungen hat die EZB allein in den letzten vier Jahren durch diese Negativzins-Steuer rund 40 Milliarden vom Spar-"Vermögen" kassiert – der Betrag ist noch viel höher, berücksichtigte man überdies die Inflationsrate, die auch ohne Negativzinsen Geld entwertet.
Die Gewerkschaften scheinen aber nicht zu begreifen, dass die Abschaffung der Zinsen die allerdümmste Form der (immer dummen) Vermögenssteuer ist. Denn Sparbuch und Staatsanleihen-Kauf sind ja ganz typisch die Sparformen des kleinen Mannes. Man glaubte, die Vermögenden zu schröpfen, um die europäischen Schuldenstaaten zu finanzieren, trifft aber die, die wenig haben. Und kein Protest einer Gewerkschaft ist zu hören.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".