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Zumindest wir Wähler können erleichtert sein: Der lange, grauenerregende Wahlkampf ist überstanden. Und der Wahltag hat eine Überraschung gebracht.
Bisher waren alle Koalitionsspekulationen davon ausgegangen, dass es nur zwei Möglichkeiten für eine Zweier-Koalition und eine Dreier-Option geben könnte. Nun aber hat Sebastian Kurz drei mögliche Partner.
Freilich: Noch sind die Zahlen der Hochrechnungen, aber auch das vorläufige Endergebnis des Innenministers mit Vorsicht zu genießen, denn nie zuvor hat es so viele Wahlkartenwähler gegeben wie diesmal – über rund ein Fünftel der abgegebenen Stimmen werden wir erst am Donnerstag Bescheid wissen. Aber an manchem wird das nichts mehr ändern.
Sebastian Kurz und seine Türkisen sind die klaren Sieger. Hämisch wird kommentiert, dass er die 38 Prozent, die ihm auch schon vorhergesagt wurden, nicht erreicht hat. Fairerweise muss man aber sagen, dass dieser Höhenflug nur in den ersten Umfragen knapp nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos ausgewiesen war. Nach zwei, drei Wochen war diese Spitze wieder verschwunden. Nun sind es also "nur" 37,2 Prozent – trotz eines Wahlkampfs, der nie auf Touren kam, weil Schredder-, Hacker-, Parteispenden-Affären hochkochten.
Dieses Ergebnis bedeutet jedenfalls eine mittlere Sensation: Die ÖVP hält gegenüber der zweitplatzierten Partei den größten Abstand, den es in der Zweiten Republik je gegeben hat: 15 Prozent trennen die zweitgereihten Sozialisten von Kurz.
Für Rendi-Wagner und ihre Scharen wäre das allein schon deprimierend genug – aber sie haben darüber hinaus mit nur 22 Prozent der Stimmen auch am schlechtesten Wahlergebnis zu tragen, das die SPÖ jemals einfuhr. Freilich, eigentlich hätte schon Christian Kern vor zwei Jahren diesen Absturz erleben können – ihn retteten damals jedoch grüne Leihstimmen, die jetzt wieder zur weitaus linkeren Partei-Variante zurückgewechselt sind. Der rote Absturz hat sich freilich bereits bei den Europawahlen gezeigt – auch wenn diese Wahlen natürlich einen anderen Charakter haben als Nationalratswahlen. Damit scheint man sich beruhigt zu haben und hat es verabsäumt, wenigstens den Versuch zu unternehmen, dem drohenden Absturz bei nationalen Wahlen rechtzeitig gegenzusteuern.
Die Frage nach den Ursachen dieser Schlappe wird die SPÖ in den nächsten Monaten in gröbere Grabenkämpfe stoßen. Wer von der heillos überforderten Dame an der Parteispitze das Ruder übernehmen kann (und will), steht in den Sternen. Ein logischer Nachfolger ist nicht in Sicht. Und es hat noch nie einen Landeshauptmann gegeben, der es sich angetan hätte, seine nachgerade absolutistische Machtfülle gegen die Zores auf Bundesebene zu tauschen. Warum sollte Hans-Peter Doskozil da eine Ausnahme sein – noch dazu, wo er dann die Position eines schwachen Junior-Partners einnehmen müsste?
Auch für die FPÖ war die Rechnung aus Ibiza schon bei den Europawahlen sichtbar. Nun ist mit den voraussichtlich erzielten schwachen 16 Prozent einige innerparteiliche Unruhe vorprogrammiert: Das Match Hofer gegen Kickl einerseits, andrerseits aber auch die Unsicherheit, wie sich H.C. Strache weiter verhalten wird – glaubt er, bei der Wien-Wahl mit einer Ein-Mann-Show punkten zu können, dann ist überhaupt Feuer am Dach. In jedem Fall empfiehlt sich eine Partei in solchen Turbulenzen nicht gerade als Koalitionspartner.
Das könnte dann also wirklich die Stunde der Grünen bedeuten – die mit ihren 14,2 Prozent als Regierungspartner ins Spiel kommen. Auch mit den Parlamentsheimkehrern geht sich eine Zweierkoalition für Kurz aus. Personell sind sie mehr als ausgedünnt, de facto eine Ein-Mann-Show. Auch das könnte deshalb eine Stolperpartie werden, wenn sie gleichzeitig zu Regierungswürden aufsteigen. Aber wenn Kogler seine linkslinken Landesgrünen vor allem in Wien unter Kontrolle hat, wäre es eine beachtenswerte Premiere.
Neos jedenfalls scheint trotz Zugewinnen – sie halten jetzt bei 7,4 Prozent – nicht nötig als Dritter im Bunde. Das schwierige Experiment einer Dreierkoalition ist damit vom Tisch.
Genaues werden wir allerdings erst am Donnerstag wissen. Nur eines ist klar: Rasch werden wir eine neue Regierung nicht haben.
P.S.: Kaum ein Postskript wert wäre eigentlich die Tatsache, dass Peter Pilz von den Wählern endlich aufs Pensionistenbankerl geschickt wurde – wäre da nicht eine bemerkenswerte Facette. Noch nie haben sämtliche Printmedien und auch alle elektronischen Medien (und da besonders der aus Zwangsgebühren finanzierte – und daher eigentlich zur Objektivität verpflichtete – ORF) den Kandidaten einer Kleinstpartei ohne Rücksicht auf die Nerven ihres Publikums so stark gepusht. Aber: Das hat alles nichts geholfen. Pilz und seine zweifelhafte Schar hat den Wiedereinzug ins Parlament nicht geschafft. Wir werden ihm keine Träne nachweinen.