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H.C. Strache, die FPÖ, die Spesen und das Recht

Auch wenn viele Medienberichte ganz anders klingen: Deftige Spesenabrechnungen sind im Bereich von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern etwas recht Häufiges und oft auch Berechtigtes. Parteiobleute sind sogar geradezu verpflichtet, viele Spesen bei der Ausübung ihres Jobs zu machen. Das heißt aber noch keineswegs, dass die in die Öffentlichkeit gespielten Spesenabrechnungen des früheren Vizekanzlers für diesen, aber auch die FPÖ rechtlich problemlos wären. Freilich aus einem ganz anderen Grund, als öffentlich bisher gemutmaßt wird.

Daran ändern auch die mehr als widerlichen Umstände juristisch nichts:

  • dass das Spesenthema ganz gezielt im allerletzten Wahlkampf-Moment in die Öffentlichkeit gespielt worden ist;
  • dass die Vorgangsweise massiv an die Affäre Silberstein (vor der Wahl 2017: gegen die ÖVP), an die Veröffentlichung der zwei Jahre alten Ibiza-Videos (vor der EU-Wahl 2019: gegen die FPÖ) und an den Datendiebstahl bei der ÖVP (vor der Nationalratswahl 2019: gegen die ÖVP) erinnert;
  • dass also auch diesmal ganz eindeutig linke Verbrecher eine mehr als üble Rolle gespielt haben, die alles tun, um Schwarz-Blau zu schädigen – und es sind mit Sicherheit linke Verbrecher, auch wenn sie sich im konkreten Fall anscheinend der persönlichen Rachegelüste eines Bodyguards des FPÖ-Chefs bedient haben (der freilich möglicherweise sogar von Anfang an als Spion angesetzt gewesen ist);
  • dass ihr Ziel ganz offensichtlich jedes Mal das gleiche ist: durch Werfen von Stinkbomben den beiden bürgerlichen Parteien einen üblen Geruch zu versetzen, und so davon abzulenken, dass die Linksparteien inhaltlich hoffnungslos abgeschlagen sind;
  • dass es den Drahtziehern jedenfalls darum geht, den Eindruck zu erwecken, die Opfer ihrer kriminellen Aktionen leben in Saus und Braus, finanzieren Friseurbesuche, Trinkgelage und ihre private Wohnung über die Partei (und verwischen damit geschickt, dass es eigentlich viel weniger schlimm ist, wenn Parteichefs Ausgaben über ihre eigene Partei abrechnen als über mit Steuermitteln gefüllte öffentliche Kassen);
  • dass die Mainstream-Medien weit mehr über die möglicherweise allzu großzügigen Spesenusancen in der FPÖ berichten als über die Verdachtsfälle schwerer Korruptionsverbrechen im Bereich der rotgrünen Gemeinde Wien, die von der vom Wiener Rathaus ausgehenden Medienbestechung bis zu der mit mehr als dubiosen Geldflüssen verbundene Genehmigung des Hochhauses neben dem Konzerthaus reichen (von denen möglicherweise erst ein Teil bekannt geworden ist, nämlich die an einen Verein des Christoph Chorherr geflossenen Beträge).

Das explosive Minenfeld für Strache wie auch die FPÖ ist dennoch Tatsache. Und es geht vom Steuerrecht aus. Während alle anderen derzeit kolportierten Vorwürfe beziehungsweise Spesengerüchte über Strache und FPÖ wohl unrichtig sein dürften, deutet alles darauf hin, dass es dabei um ziemlich problematische Steuerhinterziehungen geht.

Zuerst zu all dem, was zwar kolportiert wird, was man nach heutigem Wissensstand aber eher ausschließen kann:

  1. Die Spesendiskussion ist nicht der von vielen Medien behauptete innerparteiliche Stellvertreterkrieg zwischen der Parteiführung und dem Ex-Vizekanzler. Man kann sogar sicher sein, dass die Partei jetzt nicht allzu kritisch die Spesenabrechnungen Straches überprüft. Ganz im Gegenteil. Denn die Partei kann ja an keiner zusätzlichen Selbstbeschädigung interessiert sein, selbst wenn viele dort die Familie Strache inzwischen schon dringend loswerden wollen. Daher wird die FPÖ alles tun, um sagen zu können: Es war alles in Ordnung.
  2. Extrem unwahrscheinlich ist auch, dass Strache Spesen kassiert hätte, ohne dass die Belege dafür innerparteilich korrekt abgezeichnet worden wären, wie eben auch alle anderen Ausgaben einer Partei: etwa durch Finanzreferent und Generalsekretär. Es wäre eine allzu große Blödheit, wenn Strache zur Bedeckung seiner behaupteten oder echten Spesen als allmächtiger Parteiobmann auf kurzem Weg in die Kassa gegriffen hätte. Das ist ihm nicht zuzutrauen, auch wenn er sich in Ibiza als unterdurchschnittlich intelligent erwiesen hat. Dafür sind bisher auch keine Beweise bekannt.
  3. Ebensowenig sind die mancherorts zu findenden Andeutungen glaubwürdig, dass Strache und seine persönlichen Mitarbeiter Belege gefälscht hätten, um die Partei zu schädigen.
  4. Ebenfalls keine echten Beweise gibt es vorerst für die Anschuldigung, dass Strache in Sporttaschen Bargeld entgegengenommen hätte. Gewiss hat dazu die Staatsanwaltschaft zu ermitteln. Denn sollte es doch Beweise geben, dass das wirklich passiert ist, dann wäre das zum Unterschied von Straches Ibiza-Gelabere eindeutig handfeste Korruption.

Viel, viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Probleme für Strache und die FPÖ durch das Steuerrecht entstanden sind. Wobei die Auswirkungen unter Umständen sogar bis hin zum Strafrecht gehen können (auch wenn die Intensität erstaunlich ist, mit der sich die Staatsanwälte auf ein Steuerproblem stürzen).

Es geht letztlich darum, was alles als Spesen (als Werbungskosten, als Betriebsausgabe) abgerechnet werden darf. Darüber gibt es ja bei jeder Steuerprüfung Diskussionen. Schließlich müssen Finanzbeamte immer etwas "finden", selbst wenn der Steuerpflichtige noch so korrekt abrechnet. Es ist auch noch keineswegs ein strafrechtliches Delikt, wenn das Finanzamt bestimmte Auffassungen nicht teilt, die der Steuerpflichtige seiner Steuererklärung zugrunde gelegt hat.

Es ist auch ein ganz klarer Unsinn, worin manche Medien ein besonders arges Delikt Straches zu sehen glauben: Selbstverständlich kann auch die regelmäßige Bewirtung von geschäftlichen (oder politischen) Gesprächspartnern in der eigenen Wohnung steuerlich ins Treffen geführt, also abgesetzt werden, beziehungsweise als Spesen abgerechnet werden. Das muss aber ganz klar nachgewiesen werden. Deswegen werden beruflich Eingeladene oft angehalten, ein Gästebuch des Hausherrn zu unterschreiben. Was freilich bei politischen Gästen schlecht geht.

Die große Frage ist jedoch: Bewegen sich Straches Spesenabrechnungen nur in diesem Graubereich, oder wurde unter Spesen etwas bezahlt, was eindeutig in den Bereich der privaten Lebensführung Straches gehört? Wenn das in größerem und regelmäßigem Umfang passiert, ist es eindeutig strafbare Steuerhinterziehung. Da hilft es Strache auch überhaupt nichts, wenn das mit dem Einverständnis aller zuständigen FPÖ-Funktionäre passiert ist.

Gab es dieses Einverständnis nicht (wofür derzeit aber keine Indizien bekannt sind), dann hätte Strache ein zusätzliches Problem. Dann müsste er jetzt zusätzlich zum Steuerrecht sehr genau die Strafrechtsparagraphen zu Betrug und Untreue studieren.

Gab es jedoch dieses Einverständnis, dann hat die FPÖ ein Problem: Dann waren ihre Verantwortlichen eindeutig Mittäter bei organisierter Steuerhinterziehung.

Derzeit spricht alles für die zweitgenannte Variante. Das tut vor allem der Umstand, dass Strache von der Partei ein Spesenpauschale eingeräumt worden ist.

Denn die Vereinbarung eines solchen Pauschales ist eigentlich immer fragwürdig. Daher raten auch viele Steuerberater von solchen Vereinbarungen ab (dennoch wird es oft vereinbart ...). Es ist ja auch logisch: Sollten einmal höhere (echte!) Spesen anfallen, gibt es steuerlich absolut keinen Grund, warum nicht auch diese abgerechnet werden sollten. Wenn aber einmal weniger Spesen angefallen sind, dann darf eigentlich auch nicht mehr abgerechnet und bezahlt werden.

Wenn aber dennoch regelmäßig ein fixer Betrag als Spesen fließt, deutet alles auf das Vorliegen eines Spesenpauschales hin – selbst wenn keine diesbezügliche Vereinbarung gefunden werden sollte. Aus dem Vorliegen eines Spesenpauschales entsteht naturgemäß wieder sehr häufig der Verdacht, dass das nichts anderes als die Vereinbarung eines zusätzlichen Gehaltsbestandteils ist, den man aber "steuerschonend" laufen lassen will. Wenn man es deutlicher sagen will: Solche Spesenpauschal-Vereinbarungen sind sehr oft nichts anderes als die Vereinbarung einer beabsichtigten Steuerhinterziehung.

Sie stehen daher auch oft nicht direkt in den offiziellen Dienstverträgen, sondern in bloßen, bisweilen sogar nur mündlichen Nebenvereinbarungen. Ihr Inhalt: Man dürfe bis zum fixierten Betrag fingierte Spesen abrechnen, also Rechnungen verrechnen, die – wie beide Seiten wissen – in Wahrheit nichts mit dem Unternehmen beziehungsweise der Partei zu tun haben.

Wenn das auffliegt, kann es teuer werden. Es kann unter Umständen auch strafrechtlich zum Problem werden, wenn es allzu plump und in allzu großem Umfang passiert sein sollte.

Wichtig zu wissen ist freilich auch, dass bei solchen Verabredungen sowohl der Spesen Kassierende wie auch der für die Spesenzahlung Verantwortliche als Mittäter strafbar sind. Daher ist es wiederum im Falle Strache ziemlich klar, dass sowohl er wie auch die Partei alles tun werden, um nachzuweisen, dass sich hinter all den vorgelegten Rechnungen echte Spesenausgaben verbergen. Und zwar auch dann, wenn die beiden Seiten eigentlich inzwischen tief zerstritten sind.

Wohl aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft den ehemaligen Leibwächter, der Strache und seine Finanzgebarung verpfiffen hat, festgenommen. Dabei steht überdies der Verdacht im Raum, dass er mit seinem Wissen über Strache auch eine Erpressung gestartet haben könnte. Oder dass er Untreue begangen hat, indem er sein internes Wissen teuer an Dritte verkaufen wollte. Klar ist aber, dass er auch als Mittäter bei der organisierten Steuerhinterziehung in Frage kommen könnte, wenn die Belege irgendwie über ihn gelaufen sein sollten.

Daher war der Mann wohl gut beraten, dass er jetzt freiwillig "gesungen" hat, um dadurch später als Kronzeuge in Sachen Steuerhinterziehung straffrei gehen zu können. Was ihm natürlich nur dann hilft, wenn er sonst nichts getan hat, also wenn er sein Wissen um die Spesen nicht zu Geld zu machen versucht hat. Manche Insider vermuten sogar, dass er auf eigenen Vorschlag kurz ins Gefängnis gegangen ist, um dort ungehindert aussagen zu können ...

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