Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Aus jedem gedruckten Buchstaben quillt derzeit empörte Schnappatmung, weil H.C. Strache mit einem Comeback bei der Wien-Wahl liebäugelt. Natürlich: Eigentlich müsste er selbst wissen, dass sein im Ibiza-Video dokumentiertes Auftreten sein politisches Ende sein muss – denn dafür ist er selbst verantwortlich, welche Fallen ihm auch immer gestellt wurden.
Trotzdem bleibt die Frage, wie lange ein Politiker, der mit politischen und/oder Straf-Gesetzen in Konflikt gerät, in Quarantäne muss, bevor er, exkulpiert, wieder zur (positiven) öffentlichen Figur werden kann.
Erfahrung zeigt: Es bräuchte nur ein wenig Geduld.
Dazu muss man sich nur den Lebenslauf von Hannes Androsch anschauen, der gerade in Vorwahlzeiten wie jetzt gerne Jungjournalisten von irgendwelchen "Qualitäts"-Medien die österreichische Welt erklärt. Immerhin ein Finanzminister, der wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt ist – da würde man meinen, das disqualifiziert sich von selbst.
Aber nein, vom sozialistischen Bundeskanzler Viktor Klima kurz nach dem Urteilsspruch mit dem besten Brocken, dem einzigen zukunftsrelevanten Betrieb aus der Verstaatlichten Industrie, dem Leiterplattenhersteller AT&S, beteilt, auch Herr über die ehemals staatlichen Salinen, wurde Herr Androsch noch reicher und gilt deshalb als Wirtschafts-Autorität - und tritt jetzt ständig als polit-moralische Instanz auf.
Dieses Beispiel der Rehabilitation durch Vergessen sollte Strache geduldig machen. Falls er dafür nicht vielleicht doch bei der falschen Partei ist – denn vielleicht erhalten hierzulande nur Sozialisten Dispens.
Zweierlei Maß gibt es ja auch bei den Postenschachereien. Jeder weiß in unserem Land, dass diejenigen, die an der Macht sind, die lukrativen Posten ihren Parteigängern zuschanzen. In der 2. Republik gibt es keine Ausnahme von dieser Regel. Jetzt plötzlich gibt es einen Aufschrei, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen und – und – und. Für den gelernten Österreicher beinahe verwunderlich – beinahe eben. Denn ihm war leidvoll klar: Jetzt sind einmal die anderen dran gewesen.
Und dass sich ein Glücksspielkonzern wie die Novomatic nach allen möglichen Seiten "abgesichert" hat, ja deshalb sogar personelle Zukunftsinvestitionen getätigt hat, das weiß man spätestens seit der Novomatic-Karriere der grünen Moral-Apostelin Eva Glawischnig. Da freilich wird sicher niemand näher hinschauen.
Übrig bleibt der für die Demokratie fatale Schluss: Es sind alle gleich.
Was hingegen neu ist: Dass kurz vor einer Wahl eine seit drei Monaten laufende Ermittlung nicht nur plötzlich zu Hausdurchsuchungen etc. führt, sondern dass diese angebliche Verschlussakte in allen Punkten publik gemacht wird.
Und wieder steht die Leiterin der Korruptions-Staatsanwaltschaft als treibende Kraft da – jene Frau Vrabl-Sanda, die uns schon das skandalöse Vorgehen bei der BVT beschert hat und die dann angesichts eines drohenden Disziplinarverfahrens versucht hat, den ihr gefährlich gewordenen Generalsekretär im Justizministerium via verstümmelten Geheim-Mitschnitts einer Sitzung zu Fall zu bringen.
Auch wenn bei der Dame nicht mehr viel verwundert: Da nichts von den veröffentlichten Ermittlungspunkten bewiesen ist, aber zwei Parteien ordentlich angepatzt werden – ob zu Recht oder zu Unrecht wird sich erst viel später weisen – fragt sich, wessen Geschäft hier erledigt wird. Und genau das gibt der Affäre den bitteren Beigeschmack.
Auch in der Justiz gibt es den richtigen Zeitpunkt.
Sollten sich die Vorwürfe der anonymen Anzeige in einigen Wochen als unrichtig erweisen, hilft es den Diskreditierten nichts mehr. Sollte sich alles als wirklich strafwürdig herausstellen, dann wäre der Effekt, den stichhaltige Beweise erzielt hätten, auch nach einer Wahl viel größer und nachhaltiger. Und die Frau Staatsanwalt müsste sich nicht dem Vorwurf aussetzen, Politjustiz zu üben. Aber der stört sie offensichtlich ohnehin nicht.