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Amerika hat zu seinem Nationalfeiertag eine Militärparade veranstaltet. Das hat die gesamte Linke – schon wieder – zu heller Empörung über Donald Trump getrieben. In Wahrheit aber ist Amerikas Handeln unter Trump pazifistischer denn seit Generationen. Man könnte Trumps Haltung zur eigenen Armee fast mit einer einst in Österreich verbreiteten Einstellung zur k. und k. Armee vergleichen.
Über diese kursierte nämlich damals verbreitet die Pointe: Sie sei zu schön, um Krieg zu führen. Viele Untertanen des Kaisers liebten ebenso die zumindest in ihren Ohren melodiösesten Militärmärsche der Welt wie auch die zumindest in ihren Augen schönsten Uniformen. Freilich: Nicht nur 1914, sondern auch etliche Male davor hatte der Kaiser seine Armee durchaus nicht nur für Paraden und Manöver, sondern auch für Kämpfe und Kriege eingesetzt. Mit bekannt fatalem Ende.
Donald Trump liebt die amerikanischen Streitkräfte mindestens ebenso, wie die meisten Österreicher vor dem Weltkrieg die ihrigen geliebt haben. Und die Angehörigen der US-Armee lieben ihn. Tatsache ist jedoch: Trump benutzt seine Armee zwar für Imponiergesten und Drohgebärden. Wirklich eingesetzt hat er sie hingegen noch nie – sehr zum Unterschied von fast allen seinen Vorgängern.
Das ist bei ihm natürlich nicht Folge eines ästhetischen Urteils "Zu schön für Kriege", sondern der nüchternen Rationalität des Geschäftsmannes: Kriege für irgendwelche vermeintlichen Werte und Ideale weit vom amerikanischen Territorium entfernt zu führen, ist viel zu teuer, kann den Aufwand niemals wert sein. Deshalb ist er weitaus zurückhaltender mit militärischen Einsätzen als etwa die linken Präsidenten Kennedy, Johnson und Obama.
Eigentlich müsste ja allen europäischen Linken eine solche Haltung hoch sympathisch sein. Haben sie doch als fünfte Kolonne der Sowjetunion die USA seit Jahrzehnten immer als angeblich kriegerisch verdammt. Haben sie doch das amerikanische Engagement für den Wert der Freiheit Westeuropas, Koreas oder Vietnams immer als angeblich imperialistisch verhöhnt.
Dennoch ist die angeblich intellektuelle Linke nicht bereit, Trumps Pazifismus auch nur zur Kenntnis zu nehmen. So hat ein besonders linksradikaler ORF-Korrespondent die amerikanische Parade zum Unabhängigkeitstag sogar wörtlich so kommentiert: "Trump feiert sich selbst".
Solche Töne kommen linken Medien hingegen nie über die Zunge, wenn andere Länder ebenfalls Militärparaden zu ihrem Nationalfeiertag veranstalten. Dort werden Paraden als ganz normal angesehen. Etwa in Frankreich wird man nur zehn Tage nach dem amerikanischen Feiertag einen weit pompöseren Aufmarsch erleben können, als man ihn in Amerika heuer sehen konnte. Wie zu anderen Terminen etwa in England oder Russland.
Und selbst in Österreich findet am Nationalfeiertag alljährlich eine von Hunderttausenden Menschen gestürmte Waffenschau des Bundesheeres statt. Auch heuer – trotz der Drohung des Verteidigungsministers, die Veranstaltung diesmal aus Geldmangel abzusagen. Aber alleine das Aussprechen dieser Möglichkeit hat so große Empörung ausgelöst, dass es dafür trotz des Sparwillens der gegenwärtigen Regierung plötzlich eine Sonderfinanzierung gibt. Und in Österreich findet wohl seit Jahren nur deshalb keine Parade mehr statt, sondern bloß eine Waffenschau, weil man der Peinlichkeit des Anblicks aus dem Weg gehen wollte, dass Panzer aus Altersschwäche auf der Ringstraße hängenbleiben.
Zurück nach Amerika: Nicht nur Hassgegeifere linker Journalisten gegen Trump, sondern Faktum ist, dass dieser eine geradezu emotionale Beziehung zu Streitkräften wie auch zu amerikanischem Patriotismus hat (soweit er halt zu Emotion imstande ist). Aber in Hinblick auf den Einsatz der Armee steckt eine erstaunlich klare Linie hinter seinen oft unklar-aggressiven Worten: Er benutzt die Streitkräfte zur Abschreckung und für Drohgesten – aber nicht für wirkliche Einsätze. Wirkliche Einsätze sind von ihm bisher immer abgewendet worden, angeblich einmal sogar noch zehn Minuten, bevor es gekracht hätte.
Das ist eine zwar nicht ganz unriskante, aber im Grund sehr effiziente Strategie. Er hat damit erreicht, dass durch seine Imponiergesten und seine Unberechenbarkeit die USA ernster genommen werden, als würden sie wirklich kämpfen. Er legt Wert auf die Überlegenheit der US-Army, will das teure Kriegsgerät aber keinesfalls einsetzen. Trump ist zwar bereit, seine Drohungen mit Handelssanktionen zu realisieren, aber nicht die militärischen Drohungen.
Trump weiß vor allen auch: Ein wirklicher Militäreinsatz wäre für Amerika und damit auch für seine politische Zukunft eine Katastrophe.
Analysieren wir etwa die Causa Iran, wo zuletzt die Drohungen der USA am heftigsten geworden sind. Auch da spricht nüchternes Kalkül dafür, dass die USA den Iran keinesfalls angreifen werden. Trump weiß: Das würde zu einem Krieg der Dimension des Korea- oder Vietnamkrieges führen, die beide für die Amerikaner auch viele Jahrzehnte nachher sehr negative Traumata sind.
All das macht es – über Trumps persönliche Aversion gegen Kriege hinaus – sehr unwahrscheinlich, dass er jemals losschlagen wird.
Andererseits ist auch recht wahrscheinlich, dass die iranischen Mullahs und Revolutionsgarden-Generäle genau wissen, dass amerikanische (saudische und israelische) Bomber ihrem eigenen Leben mit ziemlicher Sicherheit ein Ende bereiten können. Also planen auch sie keine solche Konfrontation.
Ebenso unwahrscheinlich sind Kriege mit amerikanischer Beteiligung an allen anderen Krisenherden.
Anders sieht es beim Trumps Drohungen mit Handelskriegen aus. Diese Drohungen sind zum Teil ja auch schon realisiert worden. Aber eben nur zum Teil. Weil sie auch Amerika wehtun, weil sie in Richtung Russland gar nicht Trumps eigene Intention gewesen sind, sondern Folge der Paranoia des US-Kongresses Russland gegenüber.
Allerdings hat Trump das Instrument der Handelssanktionen mittlerweile eindeutig zu oft ins Spiel gebracht. Deren Fülle ist auch für die gewaltige wirtschaftliche Stärke Amerikas nicht durchhaltbar. So gab oder gibt es ernstzunehmende Handelskriegs-Drohungen schon gegen China, gegen Nordkorea, gegen Russland, gegen Europa, gegen Mexiko, gegen Kanada, gegen die Türkei, gegen Venezuela, gegen Kuba, gegen Iran und selbst gegen Indien (weil dieses russische Waffen kauft).
Wenn man das zusammenzählt – und da habe ich sicher noch einige vergessen –, dann wird klar: Die USA haben sich zu viele Feinde gemacht. Das muss man nüchtern feststellen, auch wenn sie in vielen Streitfragen eigentlich sehr gute Argumente haben (sie kritisieren Diktaturen wie jene in Venezuela und das durch sie ausgelöste Elend samt der größten Massenflucht der gesamten Geschichte des Kontinents; sie verlangen gleiche Zolltarife auch der anderen Seite; sie kritisieren die Diskriminierung ihrer Agrarexporte durch grüne Pseudoargumente; sie verurteilen den Technologiediebstahl durch China usw.).
Aber der Druck der USA auf so viele Länder gleichzeitig hat auch Länder erstaunlich zusammengeschweißt, die eigentlich sehr feindlich zueinander gestanden sind, die jede Menge Differenzen miteinander haben. Das trifft vor allem bei den drei Mächten China-Russland-Türkei zu. Zwischen ihnen spielen sich in den letzten Monaten erstaunliche Dinge ab:
Solche Entwicklungen sollte man in Washington sehr ernst nehmen. In der Weltpolitik gilt halt nicht der dümmliche Spruch "Viel Feind, viel Ehr". Dort wäre vielmehr kluges und strategisches Handeln gefragt. Dort sollte man immer ein paar Verbündete haben, die man nicht in der Woche darauf wieder vor den Kopf stößt.