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Neun Bücher, bunt gemischt, zum historischen und politischen Lesen. Über die Geschichte des 20. Jahrhunderts; über den Antisemitismus in zwei ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen; über die Entwicklung des Menschen – einmal seit dem Urknall und einmal seit seinen ersten historisch-kulturellen Spuren; über die Dummheiten der Political Correctness und der politischen Phrasen; und über die Faszination, die von Südasien ausgeht. Alle genannten Bücher sind absolut lesenswert, die ernsten und traurigen ebenso wie die amüsanten und satirischen, die sachlichen ebenso wie die belletristischen.
Das erste zu empfehlende Buch (Philippe Sands "Rückkehr nach Lemberg") ist ein packend geschriebenes Stück Zeitgeschichte. Geschrieben von einem renommierten Völkerrechtler des University College London geht es der Geschichte des Völkermords an Hand eines sehr konkreten und persönlichen Familienporträts nach, dessen Wurzeln im alten Österreich liegen. Sands mischt hohe Erzählkunst mit präzisen Analysen der heikelsten Fragen des internationalen Strafrechts. Der Bogen reicht dabei von Verbrechen gegen die Menschlichkeit bis zu den völkerrechtlichen Konsequenzen eines Genozids. Auch wer glaubt, zu diesem Themenkomplex schon alles gelesen zu haben, kann das brillant geschriebene Werk, das auch ein scharfes Bild der führenden Völkerrechtler gibt, nicht mehr aus der Hand legen.
Dem Antisemitismus in ganz anderer historischer Perspektive geht Michael Ley nach: "Tötet sie, wo ihr sie trefft." Ley befasst sich mit dem islamischen Antisemitismus in der Gegenwart und seinen Wurzeln in Geschichte und Koran. Ganz auf Fakten konzentriert (also ohne die belletristische Dimension der "Rückkehr nach Lemberg") hat der Wissenschaftler eine Fülle von bedrückenden Zitaten und verdrängten Fakten aus Islam und Koran zusammengetragen. Er macht darin klar, dass der Islamismus nach Nationalsozialismus und Kommunismus zur dritten großen totalitären Bedrohung geworden ist, dass heute viele Moslems für die Ausdehnung der Scharia auch nach Europa kämpfen und dass der Islam eigentlich einen Rückfall in die vormonotheistischen Religionen darstellt, da er kein Tötungsverbot enthält.
Aus einer ganz anderen religiösen Welt kommt Johannes Huber: "Woher wir kommen. Wohin wir gehen. – Die Erforschung der Ewigkeit." Der Arzt und Theologe geht in diesem Buch den großen Fragen unserer Existenz nach, wobei die Fragestellung des Buchtitels stark an Hubers großen Mentor und langjährigen Chef, Kardinal Franz König, erinnert. Der Autor publiziert dazu auch einen faszinierenden Briefwechsel mit dem Philosophen Karl Popper. Er weist in durchaus verständlicher Sprache nach, warum schon ab dem Urknall alle Information vorhanden gewesen ist. Und er skizziert eine plausible christliche Vision des Lebens nach dem physischen Tod.
Einen ebenfalls großen historischen Blick auf die Menschheit, aber aus ganz anderer Perspektive werfen Yuval Noah Harari und Jürgen Neubauer in "Eine kurze Geschichte der Menschheit". Dieses schon vor einigen Jahren erschienene Buch beleuchtet die letzten paar Zehntausende Jahre der Geschichte der Menschheit. Das sind die Jahre des Siegeszuges des Homo Sapiens, seiner Entwicklung vom Jäger und Sammler zum Bewohner von Hochhausstädten. Warum begann er, an Götter zu glauben? Warum entstanden Nationen und Menschenrechte, Geld, Bücher und Gesetze? Warum bekamen Bürokratie, Zeitpläne und der Konsum eine solche Macht über uns? Und er wagt auch die Frage: Sind wir glücklicher geworden? Spannende Antworten.
Mit einer sehr diesseitigen Pseudo-Religion befasst sich Hans-Werner Sinn: "Das grüne Paradoxon". Der große deutsche Ökonom zeigt darin insbesondere die Absurdität der europäischen Klimapolitik auf. Er macht insbesondere klar, dass all die Maßnahmen gegen den Klimawandel, die Europa beschlossen hat, diesen nicht stoppen, sondern sogar beschleunigen werden. Sinn setzt sich mit dem Klimakrieg aus ökonomischer Sicht auseinander: Je mehr die Europäer auf Öl und Gas verzichten, umso mehr wird deren Preis global sinken – und umso mehr wird dadurch logischerweise der weltweite Verbrauch zwangsläufig steigen. Selbst wenn wir Europa mit noch mehr Windrädern und Solardächern vollstopfen, wird dadurch global keine Reduktion der CO2-Emissionen erreicht. Das ist umso interessanter, als Sinn offen davon spricht, dass er eigentlich grün denkt und fühlt. Aber er ist einer der ersten, der nicht die Energieverbraucher thematisiert, sondern die Besitzer der Energieressourcen, deren Verhalten ja ganz anders gesteuert ist.
Ein ganz heißer Sommertipp ist ein 80 Jahre altes Buch, das man unbedingt auch – und gerade nach einer so langen Zeit lesen kann und sollte: Stefan Zweig: "Die Welt von gestern". 1939 fertiggestellt schildert der große Wiener Autor im Rückblick eine Welt, die zu diesem Zeitpunkt gerade ins Inferno stürzt. Es liest sich ungemein packend, wie er autobiographisch die bürgerliche Jugend in den letzten Jahrzehnten der Monarchie beschreibt, ihre Kulturversessenheit, ihren liberalen Fortschrittsglauben und ihr politisches Desinteresse. Er beschreibt mit intellektueller Brillanz und großer menschlicher Tiefe als parteiloser Beobachter die folgenden Umbrüche und Krisen vor allem in Österreich und arbeitet dabei den Verfall der moralischen Werte heraus. Besonders genau beobachtet und vergleicht er den Beginn der beiden Weltkriege, den ersten von Wien aus und den zweiten aus dem amerikanischen Exil.
Amüsant und mit scharf beobachtendem Blick geschrieben ist: Dirk Maxeiner: "Hilfe, mein Hund überholt mich rechts! Geständnisse eines Sonntagsfahrers".Der deutsche Kolumnist bestätigt sich auch in diesem Buch als einer, der sich den grünen Massenhysterien mit spitzer Feder und Humor entgegenstellt. Es ist eine Auswahl der besten Wochenkolumnen des Bestsellerautors aus einem "saukomischen Land", das Maxeiner zufolge noch nie komischer als heute gewesen ist. Also aus Deutschland. Seine Texte und Beobachtungen bleiben aber nie bloß an der witzigen Oberfläche, sondern legen immer auch politische, wissenschaftliche oder technische Ideologien bloß – und gehen dabei auf oft allzu Menschliches ein.
Ein weiterer Journalist, Alexander Kissler, der Kulturchef von "Cicero" hat "Widerworte – Warum mit Phrasen Schluss sein muss" geschrieben. Er greift darin eine Phrase der Political Correctness nach der anderen auf, scheut sich aber auch nicht, den "korpulenten Charmeur" ins Visier zu nehmen, wie er den jetzigen Papst beschreibt, der ein "machtbewusster, geschwätziger und am Katholischen relativ desinteressierter Relativierer" sei, der sich sogar schwertue "mit einem Bekenntnis zur Heilsnotwendigkeit Christi". Besonders intensiv werden die ununterbrochen ausgestoßenen glatten Phrasen der Angela Merkel durchleuchtet. Kissler zeigt: Phrasen täuschen etwas vor, was nicht da ist, einen klugen Gedanken, eine tiefe Einsicht, eine hohe Moral. Sie sind "rhetorisches Lametta fast ohne Substanz".
Zum Abschluss noch einmal ein deutscher Journalist, der sich gut liest: Markus Spieker: "Übermorgenland – Eine Weltvorhersage". Der ARD-Korrespondent befasst sich darin nicht, wie der Titel vermuten ließe, mit theoretischen Utopien, sondern sehr konkret mit der Region Südasien, und dort vor allem mit jenem Land, das bald das einwohnerstärkste der Welt sein wird, also Indien. Dieses Land kommt ja in den europäischen Medien so gut wie überhaupt nicht vor. Spieker beschreibt seine gewaltigen Probleme wie auch faszinierenden Entwicklungen. So sind sich viele Europäer überhaupt nicht bewusst, wie sehr in Indien das Christentum boomt, während dieses doch in großen Teilen Europas in einer epochalen Krise steckt. Besonders verblüffend wird es immer wieder dann, wenn Spieker durch das südasiatische Fernglas einen kritisch vergleichenden Blick auf Europa wirft.