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Nach der Pubertät wollen viele junge Menschen kollektiv den vorhergehenden Generationen und Jahrgängen plakativ zeigen, dass diese alles falsch gemacht haben, dass sie selbst jetzt alles anders und besser machen werden. Das ist ein anthropologisches Urphänomen, das in – manchmal niedrigen, manchmal hohen – Wellen ununterbrochen ans Ufer des menschlichen Reifungsprozesses schlägt. Das Erstaunlichste daran: Je irrationaler das kollektive Vorhaben ist, umso fanatischer wird dieses von den Jugendlichen verfolgt, umso gewaltigere Wellen schlagen sie dabei.
Gewiss, das geht nach ein paar Jahren vorbei und aus den meisten der Jungrebellen werden dann durchaus vernünftige Menschen. Wenn auch nicht aus allen. Manche bleiben lebenslang habituelle Revoluzzer. Diese sind aber meist gar nicht das wirkliche Problem. Ein solches entsteht vielmehr vor allem dann, wenn die explosive Energie der Jugendlichen von politischen, ideologischen oder religiösen Führern älterer Jahrgänge als Teil deren eigener Machtstrategie missbraucht wird.
Dieses kollektive Pubertätsphänomen äußert sich etwa auf relativ harmlosen Ebenen wie Mode und Musik. Rund alle fünf Jahre ist plötzlich ein ganz anderer Musikstil "in". Eine neue Generation will so zeigen, dass sie eben "modernere" Musik macht als die ein paar Jahre Älteren. Und die Musikindustrie kann sich jedes Mal freuen, es sei denn, sie hätte den Generationswechsel verschlafen.
Das gleiche Phänomen zeigt sich auch bei Freizeit-Gewohnheiten, wie etwa bei der Nutzung "Sozialer Plattformen". Da ist Facebook bei den Jungen derzeit schon wieder ziemlich out, Instagram hingegen "in". Aber zweifellos ist auch dafür schon der Nachfolger in den Startlöchern.
Die ständige kollektive Neu-Identifikation über die Mode körperlicher Äußerlichkeiten erfolgt oft noch schneller. Diese erschöpft sich keineswegs in Dingen, die man kaufen kann. Darüber hinausgehende Identifikationssymbole einer Alterskohorte sind etwa einst in Monarchiezeiten Bärte gewesen, auf die dann wieder demonstrative Bartlosigkeit gefolgt ist. Dann gab es Zeiten langer Männerhaare (die jetzt noch ein paar zurückgebliebene Grauhaarige tragen, soweit es ihnen die Glatzenbildung erlaubt). Dann kamen rasierte Glatzen. Dann kamen eigenwillige Frisuren wie der Irokesenschnitt. Dann trugen wieder alle jungen Männer – so weit möglich – einen Bart. Dann bohrte man sich irgendwelche Eisenteile durchs Gesicht oder andere Körperteile. Dann folgte die Zeit üppiger Tätowierungen.
Die letzten beiden Phänomene sind allerdings weniger harmlos als frühere Generations-Ausweise. Denn sie lassen sich später nicht so einfach entfernen wie etwa Bärte durch einen Besuch beim Friseur.
Noch problematischer sind manche Konsumgewohnheiten. Während Rauchen und Alkohol als Zeichen der Adoleszenz heute eine geringere Rolle spielen, sogar als uncool gelten, hat der Konsum diverser Drogen bei Jugendlichen deutlich zugenommen. Auch hier ist der Antrieb wie beim Trinken und Rauchen der Wunsch, Unsicherheit zu übertünchen und sich als erwachsen zu geben. Freilich ist der spätere Ausstieg aus den Drogen noch viel schwieriger als bei anderen schlechten Gewohnheiten und endet noch viel häufiger als etwa das Rauchen letal.
In diese Reihe jugendlichen Aufbegehrens und postpubertärer Identifikationssuche gehören auch die politisch-religiösen Jugendbewegungen, die manchmal sehr positiv zu bewerten sind wie einst die Wandervogel-Bewegung oder der "Sturm und Drang", manchmal aber auch in gewaltige Katastrophen münden.
Immer ist für die Jungen das jeweils Neue faszinierend. Es wird schon ob seines Alles-wird-anders-Faktors kaum hinterfragt. Das besonders Gefährliche dabei ist aber: Je absurder, je totalitärer, je radikaler eine ideologische Botschaft ist, umso begeisterter ist der Zuspruch eines Teils der jeweiligen Jugend. Je mehr Emotion, je weniger Ratio – umso besser.
Alle großen Totalitarismen der letzten hundert Jahre waren in ihren Anfangsphasen primär von begeisterten Jugendlichen getragen: Kommunisten wie Nationalsozialisten, Radikalislamisten und Genderisten wie die gegenwärtig blühenden Klima-Fanatiker. Jedes Mal wird ein wildes Ideenkonglomerat absolut gesetzt, das ein paar charismatische Führerfiguren älteren Baujahres vorgekaut haben, dem in den Köpfen der Jungen nichts entgegengesetzt wird. Denn nur selten durchschauen sie den zynischen oder idealistisch motivierten Machtanspruch dieser Führerfiguren.
Die einzelnen ideologischen Inhalte sind fast beliebig austauschbar. Wie etwa die angeblich wissenschaftlich nachgewiesene Notwendigkeit einer Diktatur des Proletariats; wie etwa die angebliche Überlegenheit des deutschen Volkes über alle anderen Rassen; wie etwa die Behauptung, es gäbe keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern, die vielmehr frei wählbar wären, während jeder Vorrang für Familien ein Verbrechen wäre; wie etwa die Pflicht zur wörtlichen Umsetzung des Korans mit all seinen Mord- und Unterdrückungsbefehlen; wie etwa das drohende Ende der Welt durch eine angeblich vom Menschen verursachte Klimaerwärmung.
Das bevorstehende Ende der Welt war auch schon für viele Sekten die zentrale Behauptung, mit der sie leicht beeinflussbare – also vor allem jugendliche – Menschen zur totalen Unterordnung gebracht haben. Auf ähnlicher Linie lag im Mittelalter der Kinderkreuzzug, bei dem viele junge Europäer (auch von Bischöfen) in den Tod geschickt worden sind. Andere Beispiele aus der jüngeren Geschichte sind etwa radikale Gruppen von Tierschützern.
In den allerletzten Jahren konnten die Gewalt- und Sex-Exzesse der jungen Männer des "Islamischen Staats" zwar ein wenig eingedämmt werden. Sie sind jedoch genauso wenig wie die totalitären Ideen des 20. Jahrhunderts völlig ausgerottet. Das dadurch entstandene Vakuum an jugendlichem Wahnsinn ist aber sofort nahtlos durch einen lautstarken Klima-Kinderkreuzzug gefüllt worden.
Einige Punkte unterscheiden diesen Klima-Totalitarismus von anderen Jugendbewegungen:
Was aber gegen all den Unsinn tun? Die Antwort ist an sich klar: Dasselbe, was bei allen anderen Totalitarismen nötig gewesen wäre. Also:
Völlig falsch ist hingegen das gegenwärtige Verhalten der meisten Politiker und Parteien in Europa: Sie wissen zwar um viele Unsinnigkeiten und Gefahren der Klimahysterie, wagen aber nicht, ihnen entgegenzutreten, weil sie fürchten, sonst Wähler zu verlieren. Aber letztlich hat der Klima-Totalitarismus das gleiche bedrohliche Potenzial wie die anderen Jugend-Verirrungen und Totalitarismen. Daher werden Aussitzen und Totschweigen mit Sicherheit nicht funktionieren.