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Das Schredder-Dramolett und was uns die Medien verschweigen

Noch erstaunlicher als die breite Berichterstattung über die Schredder-Groteske ist die Tatsache, was gleichzeitig alles von den Medien, insbesondere vom ORF überhaupt nicht oder zumindest nicht wahrnehmbar berichtet worden ist. Das beweist, dass sich viele Medien mit dem Gebührenfunk an der Spitze nur noch als Wahlkampfmaschine zur Verhinderung einer neuen schwarz-blauen Mehrheit verstehen (mit aktuellen Ergänzungen).

Am Schredder-Dramolett selbst (die Handlung: Ein Mitarbeiter des damaligen Bundeskanzlers hat vor dem Ausscheiden aus der Regierung einige Festplatten vernichten lassen) haben maximal folgende drei Aspekte zumindest eine Ähnlichkeit mit einer Affäre:

  • Erstens, die Tatsache, dass der junge Mann – vor Aufregung? Oder um sich 76 Euro zu ersparen? – auf die Bezahlung der Rechnung "vergessen" hat.
  • Zweitens, die Tatsache, dass der Chef der Schredder-Firma sich ins Fernsehen setzt, um schlecht über einen Kunden zu reden: Der junge Mann sei nervös gewesen (welcher 27-Jährige ist das nicht, wenn plötzlich der eigene Chef und damit auch er selbst völlig ungeplant den Job verliert); und es sei noch nie dagewesen, dass jemand Festplatten gleich dreimal durch den Schredder laufen hat lassen. Lauter lächerliche Vorwürfe. Warum hat der Schredder-Mann das getan? Sucht er so Schleichwerbung für sein Unternehmen? Handelt er aus ideologischen Motiven? Das Vertrauen in diese Firma ist dadurch jedenfalls nicht gestiegen. Dabei bräuchte ein Unternehmen, das vom Misstrauen lebt, doppelt viel Vertrauen. Denn fast alle seine Kunden kommen ja nur wegen ihres Misstrauens, dass mit den Millionen Daten Missbrauch betrieben werden könnte, die in ihren Geräten stecken. Unzählige Male sind sie von den wichtigmacherischen Datenschützern gewarnt worden, wie gefährlich es sei, wenn man Computer oder Festplatten aus der Hand gibt. Da ist es ziemlich ungeheuerlich, wenn sich ein professioneller Datenvernichter nun über Kunden alteriert, die Daten vernichten lassen (während er sich offensichtlich über die Nichtbezahlung weniger aufgeregt hat).
  • Rätselhaft ist aber auch bis heute, wieso diese Firma einen Kunden, den sie nicht kennt, und von dem sie nicht einmal eine Adresse oder eine Ausweiskopie hat, ohne Bezahlung einfach gehen lässt.

Der Rest des Dramoletts besteht aus dem absurden Versuch, aus einem Nichts eine Wahlkampfaffäre zu machen. In Wahrheit gehört es seit Jahrzehnten zum grundlegenden Handwerkszeug jedes politischen Kabinetts, außer den formellen Akten bei Amtsübergabe alle Unterlagen zu entsorgen. Besonders grotesk ist der Verdacht, dass auf den Platten das Ibiza-Video gespeichert gewesen sein könnte, obwohl es sich nach allem, was man weiß, um Drucker-Festplatten gehandelt hat. Auf denen keine Videos gespeichert werden können.

Noch grotesker ist die Aufregung, weil es sich nicht – wie im ersten Zeitungsbericht dazu gestanden – um eine, sondern um fünf Drucker-Festplatten gehandelt habe. Armin Wolf, der oberste Links-Hetzer der Nation, gerät ob dieses Umstandes beim Verhör des ÖVP-Generalsekretärs so in Aufregung, dass man Angst haben muss, er werde jetzt auf offener Szene einen Herzinfarkt bekommen.

Die einzige nachweisbare Unwahrheit in diesem Zusammenhang stammt übrigens vom Wolf-Gesinnungsgenossen Klenk – von einer primär durch Gemeinde-Wien-Inserate und ständige ORF-Auftritte vor dem Nirwana geretteten Wochenzeitung –, der den jungen Mann im Fernsehen als "Beamten" bezeichnet. Was dieser nicht war und ist. Was jeder Jus-Student wissen müsste, der einmal öffentliches Recht gelernt hat. Aber das nur am Rande …

Ein langjähriger Leiter einer IT-Abteilung eines großen staatlichen Forschungsinstituts berichtet mir in einem Gespräch, dass es absolut empfehlenswert ist und von ihm meist gemacht worden ist, eine Festplatte gleich mehrmals durch den Schredder zu schicken, da sonst eine Chance besteht, dass ein sogenannter "Datenretter" die Daten weitgehend rekonstruieren kann. In seiner Anstalt würde vor allem der Betriebsrat intensiv darauf bestehen, dass alle Festplatten ordnungsgemäß entsorgt werden. 

Als die Aufregung – zum Glück ohne Herzinfarkte – wie ein Luftballon geplatzt ist, reitet der Wahlkampfleiter der SPÖ ein, um noch einen letzten Verzweiflungsangriff zu starten: Exkanzler Kurz sage nicht die Wahrheit, weil die Schredderung schon vier Tage vor dem Misstrauensantrag im Nationalrat passiert sei.

Noch lächerlicher geht’s freilich nicht mehr. Denn schon sieben(!) Tage vor dem Misstrauensvotum hat die Liste Pilz – oder wie sie gerade heißen mag – einen dementsprechenden Antrag gegen Sebastian Kurz angekündigt. Und nur einen(!) Tag später hat der – gerade gefeuerte – FPÖ-Innenminister Herbert Kickl verkündet, dass seine Partei dem Antrag zustimmen werde. Selbst politischen Analphabeten musste ab diesem Zeitpunkt das Ende der ersten Kanzlerschaft des Sebastian Kurz klar geworden sein. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wäre es daher grob fahrlässig gewesen, wenn das Kanzlerkabinett nicht ans Aufräumen gegangen wäre.

Mein Gott, wie lächerlich sind die Medien dieses Landes, die sich über ein solches Nichts tagelang erregen können! Damit können sie nicht einmal einen einzigen Wähler beeindrucken, so sehr sie sich auch bemühen. Sie können diese höchstens noch mehr von den Bildschirmen vertreiben.

Die Medien können sich nicht einmal darauf ausreden, dass Saure-Gurken-Zeit wäre und es außer der Johnson-Wahl und der erhöhten Kriegsgefahr im Golf nichts zu berichten gäbe, sodass sie halt tagelang – und vor allem in jeder ZiB – die Schredderei ins Zentrum rücken müssten. Jedoch ist das Gegenteil wahr, würde man mit offenen Augen in die Welt blicken. Es gäbe sogar sehr viel zu berichten.

Ein kleiner aktueller Überblick darüber:

  1. In den USA haben sich Republikaner und Demokraten gleich für zwei Jahre auf neue Budgetrichtlinien geeinigt. Das ist mehrfach sensationell: Erstens deshalb, weil diese Einigung die vielen Berichte über einen angeblich unüberbrückbaren Hass zwischen den US-Parteien widerlegt. Zweitens ist damit ein neuerlicher Stillstand der gesamten US-Verwaltung auf zwei Jahre abgewendet, der ja immer global großes Echo findet. Drittens aber ist dieser Beschluss ökonomisch sehr gefährlich: Denn damit unterstützen beide US-Parteien eine extreme Schuldenpolitik, die die Verschuldung des Landes in Regionen treibt, die wir in Europa nur bei Griechenland, Italien und Portugal kennen. Die US-Wirtschaft ist aber viel wichtiger als die dieser drei Länder. Weshalb die Einigung ein ganz gefährlicher Dammbruch ist.
  2. Das italienische Fernsehen hat in Videos Zeugenaussagen gezeigt, die endgültig die enge Zusammenarbeit zwischen der libyschen Schleppermafia und den "Rettungs"-NGOs beweisen dürften. Gleichzeitig zeigte das Italien-TV eine ganz andere Stimmung von Bord der NGO-Schiffe, als sie von ORF, ARD & Co berichtet wird: Jubelnd wird nach Hause gemeldet – also zu den afrikanischen Familien, die die teuren Schlepper-Kosten finanziert haben und die auf baldige Überweisungen aus Italien, Österreich oder Deutschland warten –, dass man bald in Europa sei. Aber im ORF werden immer nur verzweifelt darbende Schwarzafrikaner an Bord dieser Schiffe gezeigt, und – so auftreibbar – Frauen und Kinder, obwohl meist 90 Prozent der Ankommenden junge Männer sind.
  3. Zwischen Deutschland, dem wichtigsten Land Europas, und den USA, dem mächtigsten Land der Welt, verschärft sich derzeit von Stunde zu Stunde die Aggressivität. Der deutsche UN-Botschafter greift im Sicherheitsrat die Amerikaner massiv an (wegen ihrer israelfreundlichen Haltung!). Und der Chef von Siemens attackiert US-Präsident Trump sogar persönlich: "Es bedrückt mich, dass das wichtigste politische Amt der Welt das Gesicht von Rassismus und Ausgrenzung wird." Solche Äußerungen sind ein absoluter Wahnsinn für jeden Firmenchef, selbst wenn er damit von der katastrophalen Kurs-Entwicklung seines Konzerns ablenken will.
  4. Auch die aktuelle italienische Staatskrise wäre dringend berichtenswert. Geht es doch um die rapide gewachsene Wahrscheinlichkeit vorzeitiger Neuwahlen im zweitgrößten Nachbarland. Der Anlass: Die Lega von Innenminister Salvini besteht ultimativ auf einer Regionalisierung und mehr Autonomie für die Regionen. Dahinter steht der (in der Lega schon lange schwelende) Zorn der Norditaliener, dass ihre Steuergelder schon viele Generationen lang spurlos im reformunwilligen und korruptionsgeplagten Süden versickern.
  5. Mindestens ebenso wichtig wie die Schredder-Aufregung ist das neuerliche Auftauchen wilder Anti-Kurz-Fakes im Netz, mit denen der ÖVP-Chef so wie im letzten Wahlkampf persönlich und untergriffig angekleckert wird. Aber auch dazu habe ich bisher nirgendwo einen ORF-Bericht gefunden – außer dass der SPÖ-Vorsitzenden gleich die Gelegenheit gegeben wird, das empört zu dementieren.
  6. Ebensowenig habe ich im ORF einen Bericht über die scharfe Kritik von Kurz an den – neuerlichen – Plänen Deutschlands und Frankreichs gehört, die afrikanischen und islamischen "Flüchtlinge" auf die anderen EU-Länder umzuverteilen.
  7. Groß und empört wird im ORF zwar über den angeblichen Skandal berichtet, dass die Staatsanwaltschaft gegen zwei Innenministeriums-Sektionschefs Anklage erheben will, diese dennoch vom Ministerium nicht suspendiert worden seien. Dabei wird aber erstens falsch berichtet, dass sie "angeklagt" seien – jedoch ist die Anklage noch nicht rechtskräftig, daher ist auch niemand "angeklagt". Und zweitens wird das Wichtigste im ORF-Fernsehen überhaupt verschwiegen, das man im Radio-Frühjournal bei einem Gespräch mit dem neuen Innenminister Peschorn erfahren hat: dass es dabei um sechs Jahre alte und bekannte Vorwürfe geht. Und dass die Finanzprokuratur der Republik selber damals die Statutenänderung des Stadterweiterungsfonds abgesegnet hat, auf deren Grundlage die Sektionschefs dessen restliche Gelder an humanitäre Organisationen verteilt hat. Überdies hat die damalige Ministerin die inkriminierte Statutenänderung gewünscht.
  8. Und innenpolitisch noch wichtiger als all das ist zweifellos die Ankündigung des freiheitlichen Parteichefs Norbert Hofer. Er hat erstmals das oberste inhaltliche Ziel der FPÖ definiert: die Einführung der direkten Demokratie nach Schweizer Muster. Das ist ein eindeutiges Abgehen vom letzten Koalitionspakt mit seinem total verwaschenen Modell zu diesem Verlangen (das überdies nicht verwirklicht worden ist). Keinen Ton davon im ORF.

ORF & Co berichten uns nicht, was wichtig ist, sondern nur das, was in ihr Selbstverständnis als Speerspitze des grünroten Wahlkampfs passt. Darin dürfen ÖVP und FPÖ jetzt zwei Monate lang absolut nur negativ vorkommen. Das dafür täglich.

PS: Vielleicht lernt die ÖVP aus dieser Schredder-Absurdität endlich auch, wie leicht die rotgrüne Propagandamaschinerie in ORF, Falter und Co aus absolut Nichts einen "Einzelfall" machen kann. Und dann machen sie nächste Woche noch einen Einzelfall. Und dann noch einen. Und schon ist klar: Absolut unakteptabel diese Partei, dieser Politiker.

PPS: Besonders köstlich ist die leicht verspätet ausgebrochene Empörung der Gewerkschaft darüber, dass das Team von Sebastian Kurz den fast durchwegs roten Beamten des Kanzleramtes bei der Entsorgung heikler Daten misstraut hat. Solches Misstrauen von Ministern der eigenen Beamtenschaft gegenüber ist in all den Jahrzehnten, in denen ich mit Politik zu tun habe, absoluter Usus gewesen: "Da treffen wir uns lieber persönlich, nicht im Ministerium." "Das schicke ich Ihnen aber nicht über die Ministeriums-Adresse." "Aber bitte nicht am Telefon." "Das senden Sie mir an meine Privatadresse." Und wer das nicht glaubt, soll eine Sekunde an die Staatsanwaltschaft denken: Von dort landen seit vielen Jahren ständig einseitig ausgesuchte Aktenteile, die eigentlich unter das Amtsgeheimnis fallen, bei den immer gleichen (und immer linken) Medien, die sich dann ihrer Recherchen rühmen - nur weil sie ihre Briefkästen aufgemacht haben. Dabei ist theoretisch die Staatsanwaltschaft viel parteiunabhängiger als die Rekrutierung des Kanzleramtes.

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