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Parteispenden sind in allen Demokratien regelmäßiger Anlass zu Aufregung. Dafür sorgen schon jene Parteien, die sich benachteiligt fühlen. Zweifellos sind solche Spenden ein Problem, weil dadurch Käuflichkeit der Politik zumindest möglich erscheint. Ein viel größerer Skandal passiert aber dort, wo nicht Bürger mit ihrem privaten Geld machen, was sie wollen (spenden etwa), sondern wo Politiker selbst direkt, ungeniert und unkontrolliert im parteipolitischen Interesse in den Staatstopf greifen. Dieser Skandal übertrifft die Dimension aller Spenden zusammen um das Zig-fache. Das passiert in diesem Ausmaß in keiner anderen Demokratie so arg wie in Österreich. Es war ein kapitales Versäumnis der letzten Regierung, dagegen nicht durchzugreifen, obwohl vor allem die SPÖ ihre ideologische Arbeit extrem schmutzig finanziert. Die jetzige Spendenaufregung stellt aber auch zwei große Fehler des Sebastian Kurz bloß.
Beginnen wir bei diesen zwei Fehlern:
Erstens bekommt nun Kurz geradezu täglich zu spüren, wie groß die Probleme sind, wenn man monatelang ohne Regierungsmehrheit schutzlos dasteht. Da ist es völlig klar, dass in dieser Zeit die anderen Parteien den bisherigen Regierungschef und seine Partei ständig vorzuführen versuchen. Das zeigt neuerlich, welch schweren Fehler Kurz nicht nur Österreich, sondern auch sich selbst angetan hat, als er die FPÖ aus der Regierung geworfen hatte.
Und sein zweiter Fehler: Kurz hat in den letzten zwei Jahren sein wichtigstes politisches Fundament schrittweise total geändert. Er hat vor zwei Jahren gesiegt, weil er als "der" mutige Kämpfer gegen Migration, Islamisierung, großkoalitionären Stillstand und europäische Überregulierungen dagestanden ist, weil er endlich wieder jene konservative Politik vertreten hat, die seit Mock und Schüssel bei der ÖVP verpönt gewesen ist. Deswegen wurde er erfolgreich, und nicht, weil er halt türkis plakatieren ließ. Seit seiner Wahl gerieten jedoch seine Themen von früher langsam ins Hintertreffen, Kurz stilisierte sich statt dessen zum Saubermann um:
Wer sich so vorzugsschülerartig überkorrekt und überstreng präsentiert, sollte sich nicht wundern, wenn ihm dann eigene Unkorrektheiten mit voller Wucht um die Ohren geschlagen werden. Und es ist nun einmal eine eindeutige Unsauberkeit, wenn Großspender ihre Spenden in kleine Etappen stückeln, damit diese nicht meldepflichtig werden. Das zeugt zumindest von schlechtem Gewissen, auch wenn kein Gesetz direkt verletzt worden ist.
Damit hat die ÖVP auch die Diskussion voll auf dem Tisch, ob nicht Spenden aus der Wirtschaft auch Abhängigkeiten schaffen oder zumindest eine Beißhemmung gegenüber den Spendern auslösen. Das sind vollkommen legitime Fragen, die auch in allen anderen Demokratien immer wieder diskutiert werden, die aber nirgends wirklich befriedigend gelöst werden konnten. Sobald in einem Land Parteispenden verboten oder stark limitiert sind, machen halt Vereine oder Einzelpersonen unabhängig irgendwelche Aktivitäten, die sich "zufällig" stark mit den Interessen einzelner Parteien decken. Oder sie stückeln ihre Spenden.
Die Spendenfrage bleibt daher ein ewiges Problem der repräsentativen Demokratie, in der sich legitime und unsaubere Interessen immer irgendwie zu artikulieren versuchen (in der direkten Demokratie ist das weniger problematisch, aber das sei heute beiseite gelassen).
Im Vergleich zu einem viel größeren Skandal schrumpft die Spendenfrage hingegen zu einem fast marginalen Problem: Dieser wirklich große Skandal ist der direkte Griff der Parteien in die mit unserem Steuer- und Abgabengeld zwangsweise gefüllten Kassen von Bund, Ländern, Kammern und Gemeinden. Die Steuerzahler sind nämlich nie gefragt worden, ob sie die Interessen einer Partei – oder mehrerer – finanzieren wollen.
Was die Sache besonders schlimm macht: Dieses Problem gibt es in diesem Ausmaß nur in Österreich! Dieser kollektive Griff ist moralisch viel widerlicher, als wenn ein Privatmensch aus freien Stücken sein eigenes Geld spendet. Und auch dimensionsmäßig geht es dabei um Beträge, die um ein Vielfaches größer sind als alle Parteispenden. Hier geht es alljährlich um Summen, welche die Milliardengrenze eindeutig weit überschreiten.
Alle Regierungen haben völlig versagt, daran auch nur irgendwie die Axt anzulegen. Auch Schwarz-Blau: Dabei müssten eigentlich diese beiden Parteien aus parteipolitischer Perspektive zusätzliches Interesse an einer Einschränkung dieser Milliardenflüsse haben, verantwortet doch eindeutig die SPÖ weitaus am meisten von diesem organisierten Raub. Aber Schwarz, Blau und in Wien Grün haben lieber selber ein bisschen bei etlichen Sauereien mitgemacht, als dagegen etwas zu unternehmen. Obwohl das insbesonders via Strafgesetz mit flächendeckender Wirkung möglich gewesen wäre. Obwohl sich bei Behörden viel leichter Sauberkeit, Transparenz, Verpflichtung zur öffentlichen Ausschreibung und Verbot jedes Geldflusses aus durch gesetzlichen Zwang gefüllten Kassen im Interesse von parteipolitischer oder ideologischer Agitation erzwingen ließe.
Dabei ist ja völlig egal, ob das nun direkt über Parteikassen läuft oder buchhalterisch an diesen vorbei: Der Zweck ist völlig gleich.
Diese Sauereien passieren auf einer Vielzahl von Wegen:
Wem bei dieser demonstrativen Aufzählung noch nicht schlecht geworden ist, dem ist viel Spaß bei Lektüre der Abzüge auf seinem Lohnzettel (von der Steuer bis zu den Sozialversicherungszahlungen, von denen ein Teil heimlich auch an die Arbeiterkammer fließt) beziehungsweise seines Einkommensteuer-Bescheides zu wünschen.
Schwarz und Blau hätten die Möglichkeit gehabt, zumindest erste Ansätze zu einer anständigeren und sparsameren Politik zu setzen. Aber sie haben nichts gesetzt. Die ÖVP hat im Medien-, ORF- und Kultur-Bereich jedes Interesse an Veränderung verloren: Der dort zuständige Minister Blümel bastelt offensichtlich schon an Rot-Schwarz in Wien und wollte die Genossen in keiner Weise verärgern. Und auf der anderen Seite kassieren jetzt erstmals auch FPÖ-nahe Medien heftig Inseratengelder …