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Der große Mütter-Schmäh

Mein Gott, wie viel Süßholz wird da jetzt wieder zum Muttertag geraspelt, wie viele Restaurants sind ausgebucht, und wie viele Herzen sind in Kindergärten gebastelt worden. Eh alles lieb, gut und wunderbar. Nur: Dem heute weitaus wichtigsten Aspekt zum Stichwort Mutter weicht man allüberall in großem Bogen aus, die Bürger wie die Politik.

Dieser Satz lautet schlicht: Es gibt zuwenig Mütter.

Denn schon in der zweiten Generation hintereinander wird in Österreich, wird in so gut wie allen hochentwickelten Ländern ein rundes Drittel der Kinder nicht mehr geboren, die zum Erhalt der Bevölkerungsgröße, des zivilisatorischen Niveaus und der kulturellen Identität notwendig wären. Kinderkriegen und Kindererziehung sind zur überflüssigen Ablenkung von den Gaumenkitzeln des Lebens in einer Überflussgesellschaft geworden.

Die Folgen sind eine nicht mehr allzu schwierige mathematische Aufgabe: Die Zahl der Nachkommen der seit unzähligen Generationen in Europa lebenden Menschen geht gegen Null.

Natürlich werden jetzt ein paar Politisch-Korrekte die Nase rümpfen: Was will er denn, die Einwohnerzahl Österreichs steigt doch. Ja, das tut sie – in vielen anderen europäischen Ländern sinkt sie allerdings schon viele Jahre. Aber sie steigt auch in Österreich nicht als Folge der Geburtenfreudigkeit der Österreicher, sondern durch zwei externe Phänomene. Von denen freilich das eine bald aufhören wird.

Denn die Zuwanderung aus anderen europäischen Ländern nach Österreich schwächt sich schon deutlich ab. Dieses Phänomen war eindeutig ein Segen für das Land. Ungarn, Polen, Kroaten und Angehörige vieler anderer europäischer Nationen haben enorm zum österreichischen Wirtschaftswachstum beigetragen, haben es uns bisher erspart, die Folgen des schon vor 50 Jahren eingetretenen Geburtenknicks wirklich zu spüren. Abgesehen von jener Minderheit, die nach dem Zusammenbruch der Mangelwirtschaft des real existierenden Sozialismus bei den ersten Reisen nach Österreich den Ausdruck "Selbstbedienungsladen" allzu wörtlich genommen hat, waren und sind sie in jeder Hinsicht eine Bereicherung. Sie sind fleißig, gut erzogen, bildungsorientiert und bis auf den sprachlichen Akzent gegenüber autochthonen Österreichern nicht unterscheidbar. An der positiven Bewertung der europäischen Migration ändert die Tatsache nichts, dass sie natürlich nicht aus Liebe zu Österreich gekommen sind, sondern weil sie hier besser verdienen können als daheim.

Dieser Unterschied ist jedoch rapide im Schwinden. Daher reißt dieser mitteleuropäische Zustrom immer mehr ab. Aus den Ländern der einstigen Monarchie, die in den letzten 30 Jahren, genauso wie schon in den Jahrzehnten vor dem ersten Weltkrieg insbesondere den Wiener Raum so stark befruchtet haben, kommt kaum noch jemand nach. Immer öfter wollen Polen, Slowaken oder Ungarn wieder heimkehren, wollen sich an der in der Heimat ausgebrochenen Dynamik, am dortigen Wirtschaftswunder (mit für Österreich unerreichbaren hohen Wachstums- und niedrigen Arbeitslosenzahlen) erfreuen. Neue europäische Zuwanderer hingegen kommen nur noch aus dem Balkan.

Das zweite Phänomen, das das Schrumpfen Österreichs verhindert hat, ist der Zustrom von Menschen aus Afrika und Asien, die als legale Gastarbeiter oder als illegale Migranten gekommen sind, die sich als Flüchtling ausgeben. Die Mehrheit dieser Menschen ist für Österreich, für Europa ein gewaltiges Problem geworden, für das sich keine Lösung abzeichnet. Durch ihren überaus geringen Bildungshintergrund, durch ihr in Millionen Details unterschiedliches kulturelles und soziales Verhalten, durch die massiv gegen die europäischen Grundrechte verstoßende religiös-atavistische Prägung vieler Moslems, durch die ethnische Abkapselung vieler Migranten-Ethnien ohne Bereitschaft zu Integration und Assimilation (wie wir sie bei fast allen europäischen Migranten sehen konnten).

Bücherweise kann man all die bedrückenden Folgen dieser Problemlawine auflisten, denen die österreichische Gesellschaft lange mit unglaublicher Naivität gegenübergestanden ist und zum Teil noch immer steht. Manche dieser Phänomene scheinen sich sogar drastisch zu steigern, wie etwa in den letzten Tagen einige schockierende Blitzlichter von den Zuständen in Wiener Schulklassen gezeigt haben. Tatsache ist, dass Österreich und speziell die – am meisten von den Migranten angesteuerte – Gemeinde Wien total verabsäumt haben, diese Menschen zu einer echten Integration zu bringen.

Das hätte auch konsequenten und echten Druck in Richtung Integration erfordert, zu dem unsere Gesellschaft nicht mehr imstande oder aus ideologischer Dummheit nicht willens ist (den hingegen alle jene Länder jahrhundertelang durchaus erfolgreich ausgeübt haben, die von der Immigration profitieren und nicht zerstört werden wollen).

Aber selbst wenn das versucht worden wäre, ist mehr als fraglich, ob afrikanische oder arabische Immigranten aus ihrer so massiv unterschiedlichen Prägung heraus nicht dennoch auch noch in der dritten Generation total in ihrer Kultur, Sprache und Denkweise verhaftet geblieben wären, wie wir es heute schockiert bei einem großen Teil konstatieren müssen.

Jedenfalls war und ist es ein völliger Unsinn, ja Wahnsinn zu glauben, das Ausbleiben der eigenen Kinder einfach durch Afrikaner und Westasiaten ersetzen und dennoch ein modernes und reiches Industrie- und Kulturland bleiben zu können.

Ohne Kinder keine Zukunft

Damit sind wir wieder beim Ausgangspunkt: Wenn wir nicht sehr bald damit anfangen, wieder selbst ausreichend eigene Kinder in die Welt zu setzen, dann brauchen wir uns um die langfristige Zukunft Österreichs als wohlhabendes Industrie- und Kulturland keine Sorgen mehr zu machen. Die wird es dann einfach nicht mehr geben

Groteske Metastasen dieser Entwicklung sind die Argumentationen jener Menschen, die ihr Desinteresse an einem Überleben dieser Kultur respektive ihre Kinder-Unlust mit pseudorationalen Phrasen zuzudecken versuchen. Vor 40 Jahren etwa hieß die häufigste Phrase: "Es kommt eh bald der Atomkrieg, da zahlt sich das Kinderkriegen nicht mehr aus." Heute heißt sie: "Man kann doch kein Kind mehr in die Welt setzen, das ja zusätzlich CO2 produziert."

Der intelligentere und verantwortungsbewusste Teil der Europäer kommt hingegen nicht um die Frage herum: Kann man überhaupt noch das Ruder herumreißen?

Die Antwort lautet: Das Gelingen ist absolut ungewiss, aber das Ziel ist ganz eindeutig den Versuch und jede Anstrengung wert.

Freilich gibt es kein Universalrezept, wie man es erreicht. Ein Ansatz, ein Signal in die richtige Richtung war der österreichische Steuerbonus von 1500 Euro für jedes Kind pro Jahr. Ein noch viel größerer Ansatz ist das, was Ungarn jetzt macht. Das reicht von 31.000 Euro Kredit für jede Frau bei der Heirat, die ab dem dritten Kind nicht mehr zurückgezahlt werden müssen, bis hin zu Zuschüssen für siebensitzige Familienautos und vieles mehr.

Zweifellos lauter richtige und wichtige Maßnahmen. Immerhin hat Ungarn neuerdings eine ganz leicht – wenn auch (noch?) völlig unzureichend – steigende Geburtenrate, in Österreich stagniert sie.

Daher bleibt die Frage offen: Reichen solche Maßnahmen aus? Fehlt doch schon die Elterngeneration, wie sich etwa anschaulich bei der jetzigen EU-Wahl zeigt: Da ist die Gruppe der 30- bis 44-Jährigen um ein Viertel kleiner geworden. Aber genau diese Generation wäre fürs Kinderkriegen verantwortlich.

Die Ursachen des Drangs zum Untergang

Wer aber ist für diesen schlimmen Trend, für die möglicherweise größte Katastrophe in der Geschichte Europas verantwortlich? Niemand mag sich diese Frage stellen, weil man bei der Antwort nicht mit spitzen Fingern auf einen einzigen Bösewicht zeigen kann, weil wir alle mitschuld sind. Dabei wäre nicht nur der Muttertag ein geeigneter Anlass, über die wichtigsten Ursachen nachzusinnen. Auch die derzeit voll von Phrasen dahinplätschernden Europa-Debatten sollten das eigentlich sein, geht es hier doch wirklich um Europas Überleben. Die wichtigsten Ursachen:

  1. Der Geburtenknick hat ziemlich genau mit der Verbreitung der Anti-Baby-Pille eingesetzt. Ab diesem Zeitpunkt wurde es viel leichter, dem Kinderkriegen zu entgehen.
  2. Nicht nur Theologen und Philosophen sehen ein wachsendes Ausmaß des Egoismus in der Wohlstandsgesellschaft. Dieser Wandel ist nach den heroischen Jahren des Wiederaufbaus, Wirtschaftswunders und gleichzeitigen Babybooms eingetreten. Dieser Wertewandel wurde insbesondere von der 68er Bewegung verstärkt.
  3. Viele junge Frauen sind den verlockenden Weg in die Karriere gegangen, wo ihnen die Quotenpolitik auch viele Tore weit geöffnet hat. Da hat man dann das Kinderkriegen aufgeschoben – bis es zu spät war.
  4. Viele junge Frauen wollten nur unter absolut idealen Zuständen Kinder in die Welt setzen, also wenn der ideale Mann gefunden, der Traumberuf erreicht und die wirtschaftliche Situation erfreulich ist. Hätten Frauen früherer Generationen so gedacht und gehandelt, hätte etwa im 18. Jahrhundert außer Maria Theresia wohl überhaupt niemand Kinder in die Welt gesetzt.
  5. Aggressive Feministinnen hetzen seit Jahren massiv gegen Mütter, verhöhnen sie als dümmlich und zurückgeblieben. Das verschreckt einen Teil der jungen Frauen, Mütter zu werden.
  6. Der Kinderwunsch der meisten Männer ist – trotz all dieser Veränderung bei Frauen – noch viel niedriger als jener der Frauen. Offenbar wird biologisch für Männer das Vatersein erst wichtig, wenn sie es schon sind (und auch da nicht für alle).
  7. Dass ein sinnvolles und erfülltes Leben fast immer kausal mit Kindern und Familie zusammenhängt – und nicht mit Sport, Reisen, Konsum, Spaßhaben, wo man in der Jugend den Sinn des Lebens gesucht hat –, spüren die meisten Menschen erst dann, wenn es zu spät für Kinder und Familie ist.
  8. Vielfach übersehen wird die Mitschuld der Wirtschaft am Geburtenrückgang: Diese giert vor allem in Zeiten des Arbeitskräftemangels nach den autochthonen Frauen, weil diese gut gebildet sind, weil sie loyal sind, weil sie sich gut in Gruppen einordnen, weil immer weniger Arbeitsplätze die überlegenen Körperkräfte eines Mannes erfordern. Die politischen Exponenten der Wirtschaft kämpfen ständig gegen fast jede Form der Familienförderung. Sie reden zwar ständig von der Wichtigkeit des Investierens, aber begreifen überhaupt nicht, dass Kinderkriegen und hochwertige Kindererziehung die weitaus beste Zukunftsinvestition für das Land und insbesondere die Wirtschaft sind.
  9. Die zwei allerwichtigsten Ursachen für das von Generation zu Generation gewachsene Desinteresse an Kindern zum Schluss. Die erste: In bäuerlichen Lebensformen, in denen jahrtausendelang 80 bis 90 Prozent der Menschen gelebt haben, waren Kinder wichtige Hilfs- und Arbeitskräfte. Das ist durch das Schrumpfen der Bauernschaft auf weniger als drei Prozent heute völlig irrelevant geworden. Und selbst bei diesem Rest braucht man heute nur noch selten Kinder als Erntehelfer. Von deren einstiger Bedeutung zeugt heute nur noch der späte Schulbeginn im September.
  10. Sehr ähnlich ist die zweite Kausalitätenkette: Bis ins 20. Jahrhundert waren Kinder die wichtigste Altersversorgung. Bei Arbeitern und Gewerbetreibenden genauso wie bei Bauern. Sie alle haben aus Eigeninteresse eigene Kinder gebraucht, wollten sie nicht selbst nach dem Arbeitsleben im Armenhaus landen.

Ja, das sind zum Teil gar nicht sonderlich edle Kausalitäten, warum sich Völker vermehrt und dadurch überlebt haben (wenn sie nicht von Kriegen oder Eroberern ausgerottet worden sind). Wenn die Motive fürs Kinderkriegen wegfallen, fällt nach ein paar Generationen der Anpassung eben auch das dadurch geprägte Sozialverhalten weg. Da mögen die Religionen sagen, was sie wollen.

Jenseits aller Gefühlsduselei und allem Gutmensch-Gerede steht die Welt daher ganz nüchtern vor zwei durchaus widersprüchlichen Aufgaben:

  • Einerseits geht es in der dritten Welt, vor allem in Afrika darum, dort die Anreize zu reduzieren, zu viele Kinder in die Welt zu setzen, soll es nicht zu großen Explosionen kommen. (Dazu gehören Stichworte wie: Frauenbildung, staatliche Altersversorgung, Entwicklung weg von agrarischen Ökonomien durch Teilnahme an einem freien Welthandel, usw.)
  • Andererseits sollten sich Europäer dringend in die Gegenrichtung bewegen, also durchaus ökonomische Anreize zu schaffen, soll es nicht zu großen Implosionen kommen.

Birgit Kelle ("Muttertier"), die heute wohl brillanteste Autorin und Denkerin zu Frauenthemen, attackiert daher zu Recht die Politik, weil diese den Müttern gegenüber nur zu Lippenbekenntnissen imstande ist. Die Politik stelle es ständig als unmöglich dar, "dass wir (Mütter) eine Rente bekommen, von der wir leben können", während aber die Kinder "mit ihren Zahlungen an die Rentenkasse später erst einmal fremde Menschen finanzieren müssen, nicht ihre eigenen Eltern".

Es ist in der Tat auch in Österreich absurd: Wir leisten uns ein Pensionssystem mit extrem frühen Eintrittsdaten in den "Ruhegenuss" (etwa in Südkorea oder Japan geht man sage und schreibe zehn Jahre später in Pension), aber wir können es uns offenbar nicht leisten, die Mütter im staatlichen Pensionssystem mit jenen Frauen und Männern gleichzustellen, die ohne Kinderablenkung das eigene Leben genossen haben. Das ist ungerecht, das ist widerlich (wobei man objektiverweise festhalten muss, dass zumindest in der Regierung Schüssel erstmals eine teilweise Abgeltung der Kindererziehungszeiten beschlossen worden ist; aber eben nur eine teilweise, die vor allem Mehrkinderfamilien weiterhin diskriminiert).

Dabei sind in Österreich wie in allen anderen Ländern Mütter für die weitaus wichtigste Zukunftsinvestition dieses Landes verantwortlich. Aber wir bestrafen sie dafür.

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